Fake Knives

Fake Knives – Medford, Reeve, Zero Tolerance

Das Tauschen von Messern mit Gleichgesinnten, der Erwerb von Sammlermessern und die Komplettierung von Sammlungen über Jahre hinweg sind untrennbar mit der Leidenschaft für Messer verbunden. Diese drei spannenden Bereiche des Hobbys geraten durch Fake Knives mehr und mehr in Gefahr. Da Aufklärung die einzige Waffe gegen Fälscher und windige Geschäftemacher ist, stehen diesmal sieben Messer im Fokus, die sogar Profis nicht unbedingt als Plagiat erkennen können. Von Medford Knives & Tools über Zero Tolerance und Chris Reeve reicht die Palette der Fakes diesmal bis zum AXD von Darrel Ralph. Gefälschte Messer – der aktuelle Stand.

Gefälscht wird mittlerweile alles, Messer von Shirogorov oder Darrel Ralph mit Preisen weit im vierstelligen Bereich werden genauso imitiert wie einfache Serienmesser, deren Originale kaum mehr als 50 Dollar kosten. Ein ungewöhnlich niedriger Preis ist ein guter Hinweis auf eine mögliche Fälschung, aber auch eine normale Preisforderung ist noch lange kein Beweis für die Echtheit eines Messers. Viele Betrüger bieten ihre Plagiate zu Preisen an, die nur 10 oder 15 Prozent unter den marktüblichen Preisen liegen und suggerieren so ein günstiges aber seriöses Angebot.

Der Unterschied liegt weniger im Preis, sondern eher in der Qualität der Fälschungen: Imitate von Messern der Oberklasse werden oft mit großem Aufwand hergestellt und können dem Original zum Verwechseln ähnlich sehen. Fälschungen von Messern aus billiger Massenproduktion sind oft nur schlampig zusammen geschustert und können häufig auf den ersten Blick als Fake ausgemacht werden.

Fake Knives: Medford Knife & Tool

Wohl das bekannteste Messer der kleinen amerikanischen Firma Medford Knife and Tool ist das Praetorian, ein ultra-massiver Folder mit einem Einstiegspreis von 700 Dollar. Mit einiger Sonderausstattung – davon gibt es bei Greg Medford reichlich – kann ein MKT Praetorian auch deutlich über 1.000 Dollar kosten. Der Preis für diese Messer und die Tatsache, dass die Firma Medford Knife and Tool noch relativ jung ist, sorgen dafür, dass viele Messerfreunde noch nie ein Praetorian in die Hand nehmen konnten. Kein Wunder also, dass genau dieses Messer ein lukratives Objekt für Fälscher ist.

Fake Knives - Medford

Das Medford Praetorian Genesis T gehört zu den Fake Knives, die von vielen Messerfans im guten Glauben als echt gekauft wurden und sich später als Fälschung herausstellen.

Die Unterschiede hinsichtlich der Oberflächenbearbeitung von Griff und Klinge auf den Fotos spielen hinsichtlich der Erkennung von Fakes keine Rolle, denn Medford bietet eine größere Zahl von Varianten an. Die meisten aktuellen Fälschungen zielen auf das Modell “Praetorian Genesis T” (SKU: MKTPRAEGT), ein für Medford Knives eher kleines Messer mit American Tanto Klinge.

Die Achsschraube entlarvt dieses Medford Praetorian Genesis T auf den ersten Blick als Fälschung. Andere Plagiate sind in diesem Punkt näher am Original.

Fake Knives Medford, Detail

Alle Fälschungen scheinen aus der gleichen Werkstatt zu kommen und unterscheiden sich in Größe und Gewicht deutlich, ahmen aber sowohl die Oberflächenbearbeitung des Herstellers und die Details des Originalmessers optisch relativ gut nach. Trotzdem gibt es bei bisherigen Fälschungen des Medford Praetorian Genesis T ein klares Unterscheidungsmerkmal: Die Fälscher verwenden völlig andere Achsschrauben und auch die Schrauben der Spacer unterscheiden sich deutlich.

Plagiat: Zero Tolerance 801

Das Medford Praetorian war leicht als Fake zu erkennen aber jetzt wird es richtig übel. Bestimmte Imitate des Zero Tolerance 801 sind so detailgetreu, dass selbst Fachleute Original und Fälschung optisch nicht mehr unterscheiden können.

Fake Knives - Zero Tolerance

Die fortlaufende Nummerierung der Messer von Zero Tolerance stellt die Fälscher zwar vor Probleme, gänzlich verhindern lässt sich der Betrug dadurch allerdings nicht.

Natürlich nummerieren die Fälscher ihre Erzeugnisse nicht fortlaufend oder sollte man lieber sagen: noch nicht? So erscheinen derzeit ganze Serien von Fälschungen mit identischen Seriennummern, beim Modell 801 sind vor allem die Nummern 0381, 0546 und 0569 als Aufdruck bei gefälschten Messer bekannt. Weitere werden sicherlich folgen…

Fake Knives: Manche Plagiate lassen sich selbst bei einer Demontage auf den ersten Blick als Fälschung erkennen.

Fake Knives: ZT 801 demontiert

Normalerweise entscheidet sich die Frage, ob ein Messer ein Fake ist oder nicht wenn man es vollständig demontiert. Nur selten sind nicht sichtbare Bereiche, z. B. die Innenseiten von Griffschalen, ähnlich präzise bearbeitet wie bei einem Original. Selbst komplett zerlegt lässt sich ein gefälschtes  ZT 801 nicht direkt erkennen, wenn man keine langjährige Erfahrung besitzt oder ein Vergleichsmodell auf dem Tisch hat. Vom Kauf dieses Messers auf Handelsplattformen im Internet kann man daher nur warnen.

Fachhändler als Betrugsopfer

Wenn sich die Diskussion in Foren oder Facebook um den Punkt drehen, wie man vermeiden kann, Opfer eines Kriminellen zu werden, hört man früher oder später immer den Ratschlag: “Kauf bei einem Fachhändler, da hast du nichts zu befürchten”. Dabei sind es gerade Fachhändler, die ganz besonders unter der zunehmenden Zahl von gefälschten Messern auf dem Markt zu leiden haben. Die Inzahlungnahme von Sammlermessern wird für sie ebenso zum Risiko wie der Verkauf über das Internet.

Der folgende Fall zeigt anhand einer tatsächlichen Begebenheit, wie gefälschte Messer auch rechtschaffene, sachkundige und vernünftige Fachleute in Gefahr bringen können.

Über das Internet geht bei einem bekannten deutschen Fachhändler eine Bestellung aus dem EU-Ausland für ein Messer eines hochpreisigen amerikanischen Herstellers ein. Die Bezahlung erfolgt umgehend via PayPal und die Ware wird dem Logistikunternehmen übergeben.

Einige Tage später erhält der Händler einen form- und fristgerechten Widerruf per E-Mail und umgehend einen Beleg mit Trackingnummer über die Rücksendung der Ware. Kurze Zeit später trifft die Rücksendung beim Händler ein; das Paket ist ordentlich verpackt und befindet sich augenscheinlich im gleichen Zustand wie beim Versand einige Tage zuvor.

Ein Mitarbeiter prüft die Ware, das Messer liegt in seiner Plastikhülle nebst allem Zubehör in der Schachtel, der EAN-Code auf der Verpackung stimmt mit den Einträgen in der Datenbank des Händlers überein.

Das Messer wird bei der Rücksendung inspiziert. Es ist sauber und unbeschädigt. Der Mitarbeiter legt die Ware zurück in eine Vitrine und erstattet den Kaufpreis. Einige Wochen später erscheint ein Kunde im Verkaufsraum, lässt sich das Messer vorlegen und erklärt nach kurzer Prüfung, dass dieses Messer eine Fälschung ist. Schock nonstop!

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Wie stellt sich die Situation für den Händler dar? Hätte sein Mitarbeiter bei Bearbeitung der Rücksendung die Fälschung erkannt, hätte der Käufer logischerweise behauptet, Widerspruch und Rücksendung seien erfolgt, weil er seinerseits das Messer als Fälschung erkannt habe. Sowohl in diesem Fall wie auch bei der Entdeckung der Fälschung im Ladengeschäft ist der Händler in der Beweispflicht und muss neben dem finanziellen Verlust vor allem um seinen Ruf fürchten.

Sollte ein solcher Vorfall öffentlich werden, stünde der Händler als Trottel mit angekratztem Renommee da. Was tun? Den Käufer zu verklagen hätte keine Aussicht auf Erfolg und würde womöglich zu einer Gegenoffensive nach dem Muster führen: “Händler XY verkauft gefälschte Messer, ich habe es gemerkt und deshalb hetzt er mir jetzt seine Anwälte auf den Hals”. Man stelle sich das Getöse in den sozialen Netzwerken vor…

Diese Begebenheit hat sich wie geschildert zugetragen und ich bezweifle, dass es sich um einen Einzelfall handelt. Der Fall zeigt exemplarisch, dass die Problematik mit gefälschten Messern betrogen zu werden keineswegs auf naive Schnäppchenjäger bei Online-Auktionen beschränkt ist. Heute muss jeder Händler, jeder Sammler und jeder andere rechtschaffene Messerfreund damit rechnen, von einem Gauner auf die eine oder andere Art aufs Kreuz gelegt zu werden.

Schön aber falsch: Chris Reeve Mnandi

Das Mnandi ist ein Klassiker – leider auch bei den Fälschern. Wenn ich mich richtig erinnere, war das Mnandi die erste Fälschung eines Messers von Chris Reeve. Heute werden Fälschungen aller Modelle von Chris Reeve angeboten und Reeve selbst sagt auf seiner Homepage, er habe Fotos von einer Ti-Lock Imitation gesehen, die auch für ihn täuschend echt aussah. Die bekannten Fälschungen des Mnandi sind leichter zu erkennen; es gibt mehrere Punkte, auf die man sein Augenmerk richten kann.

Fake Knives - CRK Mnandi

Von Edelholz natürlich keine Spur! Die gefälschten Mnandi sind mit Inlays aus umgefärbten Billigholz ausgestattet.

Erster Prüfschritt und meistens schon der KO für Mnandi Fakes ist das Holz. Chris Reeve verwendet ausschließlich hochwertige Edelhölzer wie Bocote, Cocobolo, Ebenholz, Snakewood und das helle Manitoba Maple. Im Artikel “Edelhölzer als Material für Messergriffe” sind diese Holzarten ausführlich beschrieben. Bei den Fälschungen werden entweder Hölzer ohne ansprechende Maserung, gebeizte oder primitiv bemalte und lackierte Imitate eingesetzt.

Ist man sich nach Begutachtung des Holzes noch nicht sicher, kann man die Form des Inlays genauer in Augenschein nehmen.

Fake Knives - Mnandi Original und Fälschung

Der Unterschied ist nicht unbedingt augenfällig, ist aber, wenn man ihn kennt, sehr hilfreich beim Bestimmen einer Fälschung. Beim Original läuft das Inlay in einem geschwungenen Bogen aus, der bei dieser Fälschung fehlt.

Ein weiteres probates Mittel einem möglicherweise gefälschten Mnandi auf den Zahn zu fühlen ist eine möglichst genaue Briefwaage. Vor dem Wiegen des Messers sollte die Waage überprüft werden. Zunächst kalibriert man die Waage auf null und legt dann zehn 1-Euro Münzen auf. Eine korrekt funktionierende Waage wird nun genau 75 Gramm anzeigen.

Ein echtes Mnandi wiegt 1,5 amerikanische Unzen oder 42,5 Gramm. Es gibt mehrere Serien gefälschter Mnandi und alle haben eines gemeinsam: Sie sind schwerer als das Original. Der Spitzenreiter bringt es dank Edelstahl statt Titan auf satte 79 Gramm, andere Fakes kommen auf Werte zwischen 47 und 58 Gramm.

Für das Mnandi gilt nicht Anderes wie für viele Spyderco Messer: Egal wie gut der optische Eindruck des Messers ist, Fälschungen können oft am schnellsten über ihr Gewicht  identifiziert werden. Eine Gewichtsabweichung von mehr als einem Gramm ist ein starker Hinweis auf eine Fälschung, eine Abweichung von mehr als zwei Prozent kann bereits als Beweis gelten. Kein Hersteller von Serienmessern der Oberklasse hat eine dermaßen große Exemplarstreuung.

Fake Knives: Darrel Ralph AXD 5.5

Endlich mal wieder eine Fälschung, die sich auf den ersten Blick entlarven lässt. Normalerweise ist das Modell AXD ein Semi-Custom von Darrel Ralph, die Fälschung bezieht sich aber auf eine wesentlich preisgünstigere Variante aus der Zusammenarbeit von Darrel Ralph mit der Firma HTM. An der aufwendigen Gestaltung und Oberflächenbearbeitung eines Originals von Darrel Ralph hätten sich die Herren in Guangdong wohl ohnehin die Zähne ausgebissen aber auch zum Messer von HTM gibt es eindeutige Unterschiede.

Berühmt und daher interessant für die Fälscher wurde das Darrel Ralph AXD 5.5 durch eine Filmszene im Blockbuster “The Expandables” (YT Video). Obwohl das Messer nur Sekundenbruchteile im Bild ist, erzeugte seine Darstellung einen ungeheuren Hype. Natürlich wollten auch die Fälscher von dem gelungenen Product-Placement profitieren – kaum vier Wochen nach Filmstart tauchten schon die ersten gefälschten AXD 5.5 bei eBay auf.

Darrel Ralph AXD als Midtech von HTM
Darrel Ralph AXD als Midtech von HTM (Echt)

Bei diesem Fake gibt es zahlreiche Unterscheidungsmerkmale zum Original. Der Taschenclip unterscheidet sich durch die fehlende Bohrung und die breitere Platzierung der Schrauben. Die Optik der Achsschraube haben die Fälscher anderen Modellen von Darrel Ralph entliehen, die Lasergravuren auf der Klinge stimmen genauso wenig überein wie die Riffelung der Daumenrampe. Deutlichster Unterscheidungspunkt ist die fehlende Rundung des Griffs und die deutlich schlechtere Qualität der Fräsarbeiten.

Fake Knives: Darrel Ralph AXD

Erstaunlicherweise sind trotz der auffälligen Unterschiede bei der Gestaltung des Griffs viele Messerfreunde auf diese Fälschung hereingefallen. Im Internet und auf sozialen Medien taucht dieses Plagiat bis heute regelmäßig auf.

Vor einigen Monaten hat Darrel Ralph die Zusammenarbeit mit HTM aufgekündigt aber HTM produziert das Messer im Juli 2015 immer noch. Solange es sich bei den Online-Händlern für rund 350 Dollar im Angebot befindet, werden auch die Fake Knives Hochkonjunktur haben.

Sicherlich wird der eine oder andere Messerfreund den Käufern eines Fake Knives mit einer gewissen Häme und Schadenfreude gegenübertreten. Von “Selbst schuld” über “… wie kann man nur so blöd sein …” bis zum hämischen “… geschieht dir Recht” reichen die Kommentare in vielen Foren, wenn ein Käufer auf ein unseriöses Angebot hereinfällt.

Unbestritten lassen einige Messerfreunde alle Vernunft fahren, wenn ein vermeintlich günstiges Schnäppchen lockt. Trotzdem ist es im Interesse aller Messerfreunde auch die Leichtfertigen, Gierigen und Dummen zu warnen, denn jedes verkaufte Imitat stärkt Geldbeutel und Durchhaltewillen der Fälscher.

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