Die Verschärfung des Waffengesetzes nebst neuer Messerverbote liegt im Moment durch die parlamentarische Sommerpause auf Eis. Doch die Ruhe ist trügerisch, denn spätestens im September 2024 geht das Ringen um die Verschärfung des Waffengesetzes in die nächste Runde. Im wahrscheinlichsten Szenario werden Grüne und SPD versuchen, einen Kabinettsbeschluss zur Verschärfung des Waffengesetzes zu erwirken um anschließend eine Novellierung des Waffengesetzes durchs Parlament zu schleusen. Dabei wird übersehen, dass das deutsche Waffengesetz bereits heute ein perfektes Werkzeug beinhaltet, um Straftätern das Führen von Messern im öffentlichen Raum wirkungsvoll zu untersagen und gleichzeitig mehr Rechtssicherheit für alle zu schaffen – den kleinen Waffenschein.
Inhalt und Übersicht
Veröffentlicht: 02.08.24,
Letzte Aktualisierung: 11.08.24
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Die Sorge um die Sicherheit im öffentlichen Raum beherrscht die Diskussionen im Sommer 2024. Messerattacken, totgeprügelte Passanten und die steigende Gewaltkriminalität durch Migranten haben ein beängstigendes Ausmaß angenommen. Viele Politiker reagieren reflexhaft mit Forderungen nach Verboten vieler Bauformen von Messern, noch schärferer Beschränkung von Klingenlängen und der Einrichtung dauerhafter, flächendeckender Waffenverbotszonen. Dass keine dieser Maßnahmen geeignet ist, entschlossene Täter von Gewaltstraftaten abzuhalten, ist seit Jahren bekannt. Trotzdem sollen Millionen rechtstreue Bürger als potenzielle Täter unter Generalverdacht gestellt und mit neuen Besitz- und Führverboten für Messer belegt werden, die weder Terroristen noch Migranten jemals eingesetzt haben.
Messer sind Werkzeuge
Man kann es nicht oft genug aussprechen: Messer sind Werkzeuge!
Wie Schraubendreher, Äxte, Stemmeisen oder Fahrzeuge lassen sich auch Messer als Waffe missbrauchen, aber sie sind keine Waffen, da sie primär für allgemein anerkannte handwerkliche Tätigkeiten entwickelt, hergestellt und eingesetzt werden. Waffen besitzen diese Eigenschaften nicht und werden – abgesehen von der Verwendung im Schießsport – nur produziert, um die Unversehrtheit von Lebewesen herabzusetzen.
Unser Mantra, dass Messer Werkzeuge und keine Waffen sind, haben einige Akteure in der Messerszene inzwischen ohne Not preisgegeben. Wer sich vom Verband der deutschen Waffenindustrie gegenüber der Politik vertreten lässt, hat die Gleichstellung von Messern mit Schusswaffen öffentlich unterschrieben und ermuntert die Politik zu noch schärferen Messerverboten.
Die Folgen werden alle Messerbesitzer, vom Handwerker bis zum Sammler hochwertiger Custom Knives, aber vor allem die zahlreichen kleinen Online-Händler für Schneidwaren zu tragen haben. Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Verkaufszahlen von Messern, die dem Führverbot unterliegen, stark zurückgehen, um schließlich gen Null zu tendieren. Sollte es eine weitere Verkürzung der erlaubten Klingenlänge geben, werden die Umsatzeinbußen der kleinen Händler existenzbedrohend werden, während die großen Produzenten ihre Aktivitäten ins Ausland umleiten und mit einem blauen Auge davonkommen.
Nachdem die unsinnige Gleichsetzung von Messern mit der Waffeneigenschaft von Schusswaffen kaum noch Widerspruch aus der Messerszene erzeugt, werden unsere Schneidwaren dieses Stigma wohl nie wieder loswerden. Die Preisgabe der Grundposition „Messer sind Werkzeuge“ könnte über kurz oder lang bewirken, dass das Führen aller Messer im öffentlichen Raum generell verboten wird, denn außerhalb umfriedeten Eigentums ist für das Mitführen von Waffen grundsätzlich eine behördliche Genehmigung erforderlich.
Kein Kuhhandel um Klingenlängen
Die aktuelle Bundesratsinitiative wird (vermutlich noch) kein Totalverbot zum Führen von Messern in der Öffentlichkeit bewirken, aber die Klingenlänge bislang nicht verbotener Bauformen von Messern soll weiter reduziert werden. Ob zukünftig drei, vier, sechs oder acht Zentimeter Klingenlänge erlaubt werden sollen, kann derzeit niemand vorhersagen.
Die Forderung nach vier Zentimetern Klingenlänge ist völlig kontraproduktiv und nicht geeignet, die Sicherheit im öffentlichen Raum zu erhöhen, denn danach dürften nur noch Kartonschneider und Teppichmesser legal geführt werden. Dabei handelt es sich um genau jene Messertypen, die 9/11 zur Entführung der Verkehrsflugzeuge verwendet wurden und die im Alltag auf der Straße kaum jemand sinnvoll nutzen kann.
Der Einstieg in die Begrenzung erlaubter Klingenlängen geht auf die Novellierung des Waffengesetzes 2003 zurück. Damals wurde seitens der Politik erklärt, man möchte nur „gefährliche“ Messer mit Klingenlängen über 12 Zentimetern verbieten, Messer mit kürzeren Klingen hingegen blieben vom Führverbot ausgenommen.
Nun soll die erlaubte Klingenlänge ein weiteres Mal reduziert werden und es spielt keine Rolle, ob dabei am Ende zehn, acht, sechs oder vier Zentimeter übrig bleiben, denn auch die nächste Obergrenze wird nur von kurzer Dauer sein. Zukünftige Gewalttaten werden zur Begründung neuer Verbote dienen und von Gesetzesinitiative zu Gesetzesinitiative werden die Klingen immer kürzer werden, bis sie völlig verschwunden sind.
Wer sich mit dem Gesetzgeber aufs Feilschen über Klingenlängen und Bauformen einlässt, um während der Übergangszeit bis zum Totalverbot wenigstens noch EDC-untaugliche „Mini-Messer“ führen zu dürfen, zieht seine Lose aus einem Topf, in dem es nur Nieten gibt.
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Letzter Ausweg: Der kleine Waffenschein
Nach der riskanten Gleichstellung von Messern und Waffen kann man nur noch überlegen, wie sich der Schaden begrenzen lässt. Wenn man schon akzeptieren muss, dass Messer neuerdings Waffen sind, kann die Forderung nur lauten, dass das Führen von Messern mit einer waffenrechtlichen Erlaubnis möglich bleiben muss. Jäger, Sportschützen und Waffenscheininhaber genehmigt der Gesetzgeber den Besitz und den Transport bzw. das Führen der Schusswaffen im öffentlichen Raum. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, dieser mehrfach sicherheitsüberprüften Personengruppe das Tragen von Messern zu untersagen.
Wer keiner der genannten Gruppen angehört und als unbescholtener Bürger in Deutschland lebt, könnte die Erlaubnis zum Führen von Messern über den „kleinen Waffenschein“ erhalten. Der „Kleine Waffenschein“ wurde in Deutschland am 1. April 2003 eingeführt. Er ist eine Erlaubnis zum Führen von bestimmten Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen in der Öffentlichkeit. Um den kleinen Waffenschein auf Messer aller Art zu erweitern, wären nur minimale Ergänzungen im Gesetzestext notwendig.
Details zum Kleinen Waffenschein:
- Das Mindestalter für Antragsteller beträgt 18 Jahre.
- Die Gültigkeitsdauer ist unbegrenzt.
- Die Kosten variieren je nach Bundesland, meist zwischen 50 und 100 Euro.
- Voraussetzungen: Persönliche Eignung, Zuverlässigkeit, keine Vorstrafen.
- Im Gegensatz zur WBK ist kein Nachweis der Waffensachkunde oder regelmäßigem Training erforderlich.
- Der kleine Waffenschein gilt nur in Deutschland.
Fünf Fakten: Der kleine Waffenschein
- erlaubt nur das verdeckte Tragen von Schreckschuss- oder Signalwaffen sowie Reizstoffsprühgeräten in der Öffentlichkeit.
- berechtigt nur zum Führen, nicht zum Schießen in der Öffentlichkeit.
- erlaubt das Schießen nur in Notwehr oder auf befriedetem Besitztum mit Einwilligung des Grundstückseigentümers.
- muss bei polizeilichen Kontrollen zusammen mit dem Personalausweis vorgezeigt werden.
- In Schleswig-Holstein und Niedersachsen ist zusätzlich zum kleinen Waffenschein eine Sachkundeprüfung (Recht, Notwehr, Technik) notwendig, wenn man eine Schreckschusswaffe erwerben möchte.
Jedem Messerfan widerstrebt, eine behördliche Genehmigung kaufen zu müssen, um weiterhin sein Taschen- oder Obstmesser mitführen zu dürfen. Auf lange Sicht ist der kleine Waffenschein aber der einzige Ausweg, um der sich immer schneller drehenden Verbotsspirale zu entkommen. Möglicherweise werden die in Kürze wieder aufflackernden Diskussionen um eine Verschärfung des Waffenrechts für Messer die letzte Chance sein, das Kulturgut Taschenmesser für die jetzige und alle zukünftigen Generationen zu erhalten. Lassen wir uns stattdessen bei der Klingenlänge erlaubter Messer weiter herunterhandeln oder geben wir leichtfertig Bauformen von Messern auf, wird die Debatte um noch härtere Verbote spätestens nach der nächsten spektakulären Gewalttat erneut aufflammen.
Argumentativ lässt sich die Genehmigung zum Führen von Messern in der Öffentlichkeit über den kleinen Waffenschein gut vertreten. Genaugenommen gibt es kein stichhaltiges Argument gegen diese Lösung. Dass Migranten und Menschen, die sich illegal in Deutschland aufhalten oder nur eine Duldung besitzen, keinen kleinen Waffenschein beantragen können, ist vor dem Hintergrund der Kriminalitätsentwicklung als Vorteil für die Gesellschaft und nicht als unzumutbare Härte für die betroffene Personengruppe zu werten. EU-Bürger werden nicht benachteiligt und können, wenn sie in Deutschland leben, den kleinen Waffenschein unter den gleichen Bedingungen wie deutsche Staatsbürger beantragen. Der Einwand aus Teilen der Politik, das Führen von Messern von der Erteilung eines kleinen Waffenscheins abhängig zu machen würde gegen EU-Recht verstoßen, ist unzutreffend.
Keinen kleinen Waffenschein erhalten hingegen Straftäter und erheblich vorbestrafte Personen, sodass auch eine sehr kleine Gruppe innerhalb der Messerfans nicht von Führ- oder Besitzverboten befreit wäre. Das ist allerdings kein Argument gegen den kleinen Waffenschein für Messer und bei korrigierter Lebensführung können auch diese Personen einen kleinen Waffenschein beantragen, wenn Verjährung eingetreten ist oder sich die Behörde von der persönlichen Zuverlässigkeit des Antragstellers überzeugen konnte.
Insbesondere bei Polizeikontrollen wird sich die Situation für Polizisten und Messerbesitzer deutlich entspannen, denn der kleine Waffenschein sorgt für mehr Rechtssicherheit für alle Beteiligten. In einer Kontrolle wären nur das mitgeführte Messer und der kleine Waffenschein vorzuzeigen und der kontrollierte Bürger könnte unbehelligt passieren. Ist das Führen von Messern über den kleinen Waffenschein geregelt, müssen die Beamten keine Klingen mehr nachmessen oder Bauformen von Messern unterscheiden lernen. Als positiver Nebeneffekt wird die Zahl unberechtigter Sicherstellungen von Messern abnehmen, wodurch Polizei und Justiz entlastet werden und die eingesparte Zeit der Ermittlung von Straftätern widmen könnten.
Ein weiteres gutes Argument zur Ausnahme vom Führverbot für Personen mit einer waffenrechtlichen Erlaubnis wäre, dass viele technische Eigenschaften des Messers nicht mehr relevant für die Frage wären, ob das Messer geführt werden darf oder nicht. Wie sich eine Klinge öffnen lässt oder ob und wie ein Messer die Klinge verriegelt, wäre dann kein Entscheidungskriterium mehr. Weniger Bürokratie bei verbesserter Rechtssicherheit wäre ein echter Fortschritt.
Es macht also Sinn, bei Schreiben an die Politik konkret auf den kleinen Waffenschein als Lösungsmöglichkeit hinzuweisen. Das ist auf jeden Fall erfolgversprechender, als sich alle paar Jahre ein paar Zentimeter Klingenlänge abnehmen zu lassen.
Links zum weiterlesen
- Knife-Blog Artikel: Das Waffenrecht für Messer einfach erklärt
- Knife-Blog Rubrik: Waffenrecht für Messer in Deutschland
- BMI: Waffenrechtliche Regelungen in Deutschland
- Knife-Blog: Lexikon zu Fachbegriffen bei Messern
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