Raffle - Verlosungen in der Messerszene
pixabay:GregMontani

Raffle – Verlosungen in der Messerszene

Der Begriff „Raffle“ geistert durch die Messerszene im Internet und durch die sozialen Medien. „Raffle“ oder eingedeutscht „Raffel“ bedeutet im Englischen „Verlosung“. Diese Sonderform des Glücksspiels hat es aus US-amerikanischen Foren in den letzten Jahren in viele deutschsprachige Messerforen und Facebook-Gruppen geschafft. Teilnehmer am „Raffle“ kaufen virtuelle Lose, um ein Messer oder einen anderen Gegenstand zu gewinnen. Die Tricks beim „Raffle“ sind vielfältig und reichen bis zum Betrug. Das ist allerdings nichts gegen die möglichen Rechtsfolgen, denn der „Raffle“ kollidiert in Deutschland frontal mit dem Strafgesetzbuch.

Ein „Raffle“ funktioniert nach einem einfachen Prinzip. Ein Verkäufer bietet einen Artikel an, in der Messerszene meistens ein hochwertiger Folder oder ein teures Fixed Blade. Dann splittet er den erwünschten Verkaufspreis auf eine beliebige Anzahl virtueller Lose. In einem Internet-Forum oder einer Facebook-Gruppe bietet er seine Lose zum Kauf an. Wenn alle Lose verkauft sind, wird eine Losnummer gezogen und so der Gewinner des Messers ermittelt.

Bei der Ziehung des Gewinners gibt es verschiedene Methoden: ein öffentlicher Zufallsgenerator im Internet, eine App zur Gewinnermittlung auf dem Smartphone oder eine vor laufender Video-Kamera stattfindende elektronische oder manuelle Ziehung. Keine der drei Varianten gewährleistet gleiche Gewinnchancen für alle Teilnehmer, jede der Ziehungsvarianten beinhaltet unzählige Möglichkeiten zur Manipulation.

Ziehungen vor laufender Kamera können mehrfach gedreht werden, schließlich wird die Ziehung mit dem gewünschten Ergebnis veröffentlicht. Selbst Ziehungen über vermeintlich unbestechliche Zufallsgeneratoren beinhalten keine Garantie auf eine faire Gewinnchance, denn auch hier gibt es für den Veranstalter dutzende Möglichkeiten, das Ergebnis der Ziehung zu manipulieren.

Pro-Tech / Strider PT-Collab

Nachdem die Betrügereien beim Raffle im Internet explosionsartig zugenommen hatten, verschwand das Phänomen aus amerikanischen Foren so schnell, wie es entstanden war. Trends aus den USA tauchen gern zehn Jahre später in Deutschland auf, wie Fast Food, Aerobic, Arschgeweih und schließlich auch der Raffle zeigen. Mittlerweile gibt es nicht nur Messergruppen in denen „geraffelt“ werden darf, es gibt inzwischen sogar spezielle „Raffle-Gruppen“.

Dabei hat sich in Deutschland eine Variante der Gewinnermittlung etabliert, die einige der bekanntesten Manipulationen beim „Raffle“ ausschließt. Sehr häufig wird der Verkaufspreis auf 49 Lose verteilt und das Gewinnerlos ist die erste gezogene Zahl der nächsten Lottoziehung. Auf diesem Weg kann der Veranstalter des „Raffle“ die Gewinnzahl nicht manipulieren aber das heißt noch lange nicht, dass damit jede Art von Abzocke oder Betrug gebannt ist.

Ein Messer per Raffle zu verkaufen, kann tatsächlich nichts weiter sein als ein harmloses Spiel unter Freunden. Es kann auch eine ausgefeilte Masche sein, anderen Messerfans sehr geschickt das Geld aus der Tasche zu ziehen oder gar Mitspieler zu betrügen. Die beiden gängigsten Tricks sind genauso simpel wie wirkungsvoll.

Raffle: Der Preis-Trick

Wenn man sich einen Querschnitt aktueller „Raffles“ auf Facebook ansieht, fällt auf, dass sich die Preise für die angebotenen Messer in den allermeisten Fällen am oberen Preisrand bewegen. Dies ist möglich, weil nach dem Verteilen des Verkaufspreises auf 49 Lose, der Einzelpreis für ein Los den angesetzten Wert verschleiert und das Messer auf den ersten Blick günstig erscheint.

Sehr oft werden Messer im Rahmen eines „Raffle“ angeboten, die zuvor erfolglos in Verkaufsgruppen angeboten wurden. Lockt auch die letzte, mit theatralischer Dramatik formulierte Preisreduzierung keinen Käufer an, wird gern versucht, den teuren Ladenhüter per „Raffle“ zu entsorgen und dabei – Achtung Mehrwert – sogar einen höheren Preis als beim regulären Verkauf zu erzielen.

Ein Beispiel aus der kürzeren Vergangenheit. Ein Strider SnG wird für 380,- Euro in einer Facebook-Gruppe zum Verkauf angeboten. Das Messer ist ein alter Bekannter, es ist bereits durch mehrere Hände gegangen und hat sogar über diese Gruppe schon einige Male den Besitzer gewechselt. Manche Messerfans bezeichnen solche Schneidwerkzeuge despektierlich als „Facebook-Huren“. Obwohl das Messer eine unbekannte Zahl von Vorbesitzern hat und bereits vor einem guten Jahr als „benutzt und nachgeschliffen“ angeboten wurde, steht es diesmal mit der Aussage „kaum getragen, nichts geschnitten“ zum Verkauf.

Der Preis von 380,- Euro ist zwar nicht völlig überzogen, gemessen an Historie und Allgemeinzustand allerdings alles andere als günstig. Dementsprechend ist das Interesse gering, selbst die Preissenkung auf 360,- Euro lässt die Strider-Fans kalt. Zwei Wochen später taucht das Messer in einer anderen Facebook-Gruppe als Raffle auf. 49 Lose à 8,80 € werden angeboten und den versicherten Versand trägt der Verkäufer großzügig selbst. Keine Überraschung: Innerhalb weniger Tage finden alle Lose einen Abnehmer.

Wenn Gewinne locken, bleibt der Verstand manchmal auf der Strecke und darauf setzt nicht nur die Dame auf dem Bild.

Raffle oder die Lust am Spielen

Der Messerverkäufer darf sich freuen: 431,20 € hat er mit dem Verkauf der Lose eingenommen. Abzüglich der 4,99 € Versandkosten wurde sein letzter Verkaufspreis um 66,21 € oder rund 20 Prozent übertroffen. Ein gutes Geschäft und abgesehen vom überhöhten Preis, ist an der ganzen Sache nicht viel auszusetzen.

Raffle: Der Blind-Lot-Trick

Das ist nicht nur der gängigste, sondern auch ein nahezu risikoloser Trick beim „Rafflen“. Gehen wir davon aus, dass der Verkäufer, der vor ein paar Monaten 325 € für das Strider SnG bezahlt hatte, heute 360 € für sein Messer erwirtschaften möchte. Oft ist es schwer, wirklich alle 49 Lose an den Mann oder die Frau zu bringen und in diesen Fällen ist der Blind-Lot-Trick umso wirkungsvoller.

Das Prinzip ist simpel: Statt der 49 Lose werden nur 42 Lose verkauft. Die restlichen sieben Lose „erwerben“ Freunde oder der Verkäufer behält sie selbst, freilich ohne dass irgendjemand einen Cent dafür bezahlt. Sieben Lose kosten 61,60 € und der Wert entspricht – nicht zufällig – fast genau der Überhöhung des Kaufpreises. Der Verkäufer erzielt mit seinem „Raffle“ also 364,61 € und damit etwas mehr, als den ursprünglich geplanten Erlös. Zusätzlich besitzt er eine Chance von über 14 Prozent, sein Messer trotz Losverkauf behalten zu dürfen. Auch wenn es nicht funktioniert und das Messer den Besitzer wechselt, lohnt sich die Masche. Statistisch gesehen hat der Verkäufer spätestens nach dem siebten „Raffle“ ein Messer übrig.

Der „Blind-Lot-Trick“ wird gerne von kleinen verschworenen Gruppen gespielt, die wechselseitig an den „Raffles“ ihrer Kumpane teilnehmen. Für sie ist die Teilnahme am „Raffle“ natürlich kostenlos, denn der Preis für ihre Lose wurde ja bereits im Vorfeld auf die anderen Mitspieler verteilt. Mit dem „Blind-Lot-Trick“ springt für jeden der Betrüger früher oder später ein Messer zum Nulltarif heraus.

Manipulierte Ziehungen

Hat sich eine Gruppe erst einmal im „Blind-Lot-Trick“ erprobt, ist der Schritt zum richtig lukrativen Betrug nur noch klein. Dabei wird üblicherweise das Ziehungssystem manipuliert. Damit keine Fragen nach Lotto & Co gestellt werden, kommt der Trick verzugsweise in internationalen Facebook-Gruppen zur Aufführung.

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Es gibt zahlreiche Apps, die aus allen Kommentaren unter einem Facebook-Post per Zufallsgenerator einen Kommentar (eine Losnummer) als Gewinner ermitteln. Die Ziehung wird dabei per Video dokumentiert, um den Teilnehmern Transparenz und Rechtmäßigkeit vorzugaukeln. Natürlich wird so oft gezogen, bis die Gewinnzahl auf einen der Betrüger fällt. Ganz dreiste Zeitgenossen stellen im Film sogar einen ihrer eingeweihten Kumpane als „Ziehungsaufsicht“ vor.

Eine kurze Geschichte der Zeit

Begrenzt kreativ aber wirkungsvoll ist der „Time-Shift“ Trick. Auch er dient dazu, eine getürkte Ziehung für Beobachter legitim erscheinen zu lassen. Zunächst wird im Internet lautstark eine genaue Ziehungszeit bekannt gegeben, vielleicht Samstagabend um 20:00 Uhr. Manchmal wird sogar eine Liveübertragung angekündigt!

Im Video sieht man dann Start und Ergebnis des Zufallsgenerators neben einer deutlich erkennbaren Computeruhr oder dem laufenden Fernseher. Dadurch soll der Eindruck erweckt werden, der Zeitpunkt der Ziehung sei zweifelsfrei dokumentiert. Tatsächlich kann jeder Fünftklässler dieses Szenario mit Videorekorder oder Bildschirmvideo ausreichend glaubwürdig inszenieren. Profis nutzen dafür ausgefeilte Videotechnik. Auf jeden Fall wird solange gezogen, bis die Gewinnzahl auf einen der eingeweihten Mitspieler fällt.

Raffle - Der Zeitpunkt der Ziehung ist variabel

Astrophysik und Raffle haben etwas gemeinsam: Die Uhren gehen nicht an allen Orten im Universum gleich.

Egal ob Ziehungsautomatik im Internet oder das Roulette Spiel aus dem Kinderzimmer, die Betrugsmöglichkeiten sind immer gleich hoch! Vorteil für den Veranstalter: 100 Prozent Gewinn ohne jedes Risiko! Bei dieser Variante muss noch nicht einmal das angebotene Messer tatsächlich vorhanden sein, ein paar Fotos genügen den Betrügern bereits, um einen glaubwürdigen „Raffle“ aufziehen zu können.

Raffle: Erlaubter Spaß oder illegales Glücksspiel?

Glücksspiele sind illegal, wenn der Veranstalter keine Lizenz für den ausgeübten Spielvariante besitzt oder anders gesagt: Niemand darf Glücksspiele ohne Genehmigung anbieten. Auf der anderen Seite veranstalten viele Firmen Gewinnspiele per Teilnahmekarte oder im Internet. Wo liegt der Unterschied zum verbotenen Glücksspiel?

Die Begriffe „Gewinnspiel“ und „Glücksspiel“ scheinen das Gleiche zu meinen und werden umgangssprachlich oft synonym verwendet. Im rechtlichen Sinn werden sie unterschieden und beide Begriffe sind eindeutig definiert.

Glücksspiele erkennt man daran, dass die Teilnahme gegen Entgelt erfolgt und der Zufall über den Gewinn entscheidet. Dabei muss „Entgelt“ nicht zwangsläufig als Bargeld entrichtet werden. Auch ein verdeckter Einsatz ist ein Entgelt. Verdeckte Einsätze können die Teilnahmebedingung sein, eine bestimmte Ware zu erwerben oder in einem bestimmten Shop einzukaufen. Ist dagegen kein Entgelt erforderlich, um an einer Verlosung teilzunehmen, handelt es sich um ein genehmigungsfreies Gewinnspiel. Ebenfalls liegt kein Glücksspiel vor, wenn zwar eine Teilnahmegebühr gefordert wird, aber der Ausgang nicht vom Zufall, sondern vom Geschick des Mitspielers abhängt.

Diese Aspekte sind vor allem für gewerbliche Anbieter wichtig, die ein Gewinnspiel als Marketing-Instrument einsetzen wollen. Selbst wenn das Gewinnspiel so aufgebaut ist, dass es das Glücksspielrecht nicht verletzt, kann es einen abmahnungsfähigen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht zum Beispiel nach § 4 Nr.6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) enthalten.

Da beim „Raffle“ ganz offen eine Teilnahmegebühr über den Loskauf entrichtet wird und der Zufall über den Gewinn entscheidet, handelt es sich in jedem Fall um verbotenes Glücksspiel.

An dieser Stelle kann ich das Stöhnen einiger Leser schon beim Schreiben hören. Warum will uns dieser Knife-Blog-Miesepeter jetzt auch noch den Spaß am „Raffle“ nehmen? Will er nicht, aber da der Gesetzgeber in diesem Punkt keinen Spaß versteht, sollte man sich zumindest über die möglichen Konsequenzen im Klaren sein.

Der Raffle im Strafgesetzbuch

Der § 284 StGB definiert den Tatbestand und enthält auch eine klare Strafandrohung. Erfreulicherweise hat der Gesetzgeber – im Gegensatz zum Waffengesetz – diesmal präzise und klar verständliche Sachverhalte formuliert:

§ 284 StGB
Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels
(1) Wer ohne behördliche Erlaubnis öffentlich ein Glücksspiel veranstaltet oder hält oder die Einrichtungen hierzu bereitstellt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Als öffentlich veranstaltet gelten auch Glücksspiele in Vereinen oder geschlossenen Gesellschaften, in denen Glücksspiele gewohnheitsmäßig veranstaltet werden.
(3) Wer in den Fällen des Absatzes 1
gewerbsmäßig oder
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(4) Wer für ein öffentliches Glücksspiel (Absätze 1 und 2) wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Viele Messerfans werden an diesem Punkt denken, dass sie als Teilnehmer an einem „Raffle“ nichts zu befürchten haben, doch sie haben die Rechnung ohne § 285 StGB gemacht! Nicht nur der Veranstalter eines verbotenen Glücksspiels, sondern auch jeder Teilnehmer macht sich strafbar.

§ 285 StGB
Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel

Wer sich an einem öffentlichen Glücksspiel (§ 284) beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.

Gesetzgeber und Gerichte legen die Bestimmungen der §§ 284 und 285 StGB sehr eng aus, wie eine Reihe von Urteilen aus den letzten Jahren zeigt. Sogar das Samstagnachmittags-Bingo in einem Kölner Seniorenheim wurde als illegales Glücksspiel gewertet und verboten (die ganze Geschichte unter „Links“ ).

Macht “rafflen” glücklich?

Diese Frage muss sich jeder Messerfan selbst beantworten und sich darüber im Klaren sein, dass ihm im ungünstigsten Fall eine Geldstrafe droht. Es macht also Sinn, den möglichen Gewinn gegen das Risiko abzuwägen, denn es ist nur eine Frage der Zeit, bis die erste Messerlotterie auf dem Tisch eines Staatsanwalts landet.

Echte Schnäppchen habe ich übrigens bei einem „Raffle“ noch nie gesehen. Fast jeder Verkäufer, der ein Messer preiswert anbietet, kann es schnell, legal und ohne Aufwand in einer Verkaufsgruppe an den Mann bringen.

Obwohl es eine große Zahl seriöser Veranstalter von „Raffles“ im Internet gibt, ist die Gefahr betrogen zu werden, nicht eben gering. Wer trotzdem auf § 285 StGB pfeift und weiter auf einen Gewinn hofft, sollte an einem „Raffle“ nur teilnehmen, wenn

  • Der Anbieter bekannt und vertrauenswürdig ist.
  • Der Verkäufer nicht häufig oder regelmäßig „Raffles“ veranstaltet.
  • Die Summe der Lospreise tatsächlich dem Zeitwert des Messers entspricht.
  • Das Messer keine der angesprochenen „Facebook-Huren“ ist, und
  • das Messer für diesen Preis nicht bereits erfolglos in Verkaufsgruppen angeboten wurde.
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