Drei Kochmesser für jede Küche und jeden Geldbeutel liegen zum Praxistest bereit. Alle drei interpretieren die Grundform des Gyuto auf besondere Weise. Das Böker Black Chefmesser tritt mit Damastklinge klassisch und distinguiert auf, zeitlos modern mit fließenden Formen zeigt sich die „Meisterklinge“ aus der Böker Manufaktur und das MKM Prima Gyuto wurde vom dänischen Designer Jens Ansø gezeichnet. Alle drei Messer werden in Europa gefertigt und bieten sich als Universalwerkzeuge für den Küchenalltag an. Im Praxistest, sprich: Küchenalltag, müssen die drei Kandidaten bei Knife-Blog Zeugnis über ihre Qualitäten und Fähigkeiten ablegen.
Inhalt und Übersicht
Veröffentlicht: 30.09.2024
Werbung
Preiswerte Kochmesser, da mag mancher Messerfreund auf den zweistelligen Preisbereich spekulieren. Gibt es da nicht ständig tolle Angebote in der TV-Werbung oder beim Discounter an der Ecke? Gibt es, doch hinter den schrillen Slogans und vermeintlichen Kampfpreisen verbergen sich zumeist nur ergonomiebefreite Kombinationen aus Plastikgriffen und Karo-einfach-Stählen. Vom Alleskönner in der Küche sind diese Messer weiter entfernt als der Mond. Ungeachtet der günstigen Preise erweisen sich diese Messer zuverlässig als Fehlinvestitionen.
Preisgünstige Kochmesser 2024
Tatsächlich liegt die preisliche Einstiegsklasse für brauchbare Kochmesser ein wenig höher. Zwischen knapp 150,- und 230,- Euro sind für die Messer im heutigen Vergleichstest zu bezahlen. Unterhalb der 150-Euro-Grenze lassen sich natürlich zahlreiche Kochmesser aller Größen und Formen finden, hochwertige Klingenstähle sucht man in diesem Bereich allerdings ebenso vergeblich wie Exemplare aus der Feder eines namhaften Designers.
Ein bekannter Name auf der Klinge mag dem Renommee des Messerbesitzers zuträglich sein, aber viel wichtiger ist, dass hinter der Formgebung des Messers ein stimmiges ergonomisches Konzept steht. Erfahrene Designer, die durch ihren Namen auf der Klinge für die Qualität eines Messers bürgen, bieten allen Nichtprofis unter den Messerkäufern einen Anhaltspunkt für ein hochwertiges Produkt, während ein optisch attraktives Küchenmesser aus China möglicherweise Eigenschaften aufweist, die in der chinesischen Küche wichtiger sein können als in der europäischen.
Das Augenmerk im Vergleichstest 2024 für Kochmesser liegt nicht einseitig auf dem Preis, sondern auf der Praxistauglichkeit des Konzepts, der Qualität der Materialien und dem sich daraus ergebenden Preis-Leistungs-Verhältnis.
Böker Meisterklinge Damast
Mit dem Prädikat „Meisterklinge“ zeichnet Böker eine Serie von Kochmessern aus, die in Solingen hergestellt werden. Ja, es gibt sie noch, die Reste der einst wegweisenden deutschen Schneidwarenindustrie. Der Begriff „Meisterklinge“ könnte den Eindruck erwecken, man habe es mit der Top-Serie des Herstellers oder gar mit einer von Meisterhand geschmiedeten Klinge zu tun. Natürlich ist dem nicht so, denn mit knapp 150,- Euro ist dieses Gyuto nicht nur das preiswerteste Messer in diesem Vergleichstest, sondern es markiert auch den Einstiegspreis für große Kochmesser in ansprechender Qualität.
An einem in Deutschland gefertigten Messer dieser Preisklasse würde eine Klinge aus Schmiededamast sofort dem Rotstift des Controllers zum Opfer fallen. Bei hochwertigem Schmiededamast wäre der Klingenrohling mindestens halb so teuer wie das fertige Messer im Verkauf. Also hat der Meister seiner Klinge noch ein paar andere Gene mitgegeben.
Die Klinge dieses Kochmessers besteht aus einem 3-Lagen-Stahl, der im Kern aus einer breiten Mittellage VG-10 Stahl besteht. Beidseits ist die Mittellage mit dünnen Lagen aus Damaststahl verschmiedet. Eine Sandwichbauweise, die Messerfans oft despektierlich als „Tapetendamast“ bezeichnen. Ein Synonym für 3-Lagen-Stähle mit Damast-Optik lautet „San Mai Damast“. Doch diesen Begriff hat sich ein US-Hersteller weltweit als Marke eintragen lassen, sodass er im Zusammenhang mit anderen Produkten nicht erwähnt werden darf.
VG-10 ist ein Messerstahl-Urgestein, das in den 1970er Jahren vom japanischen Stahlhersteller Takefu in den Markt gebracht wurde. Der Stahl hat sich bei Kochmessern bereits tausendfach bewährt. Der Sweetspot beim Härten von VG-10 liegt bei 61 HRC (+/- 1). Böker gibt die Härte der Meisterklinge nicht explizit an, aber bei VG-10 aus gutem Hause kann man immer 61 HRC unterstellen. Die Härte sorgt für gute Schnitthaltigkeit, zudem lässt sich VG-10 fein ausschleifen, punktet also mit hoher Schärfe.
Die theoretischen Werte bestätigt Bökers Meisterklinge Damast im Küchenalltag: Die Schneide besitzt einen ordentlichen Anschliff und ist im Wortsinn rasiermesserscharf. Im täglichen Gebrauch erweist sich die Schneidkante als standhaft und muss nur gelegentlich abgezogen werden. Das alles sind Verdienste der breiten Mittellage aus VG-10, der Damast spielt bei den technischen Eigenschaften keine Rolle. Es gibt 3-Lagen-Stähle, bei denen sich eine schmale, harte Mittellage zwischen zwei breiten Lagen aus Damast befindet. Dabei sind die äußeren Lagen aus weicherem, elastischem Stahl und üblicherweise auch weitgehend korrosionsfest. Bei der Böker Meisterklinge sind die Damastlagen aber so dünn, dass sie neben dem Korrosionsschutz vor allem der optischen Aufwertung dienen.
Daran ist nichts Verwerfliches, die ansprechende Damast-Optik muss man sich nicht mit Nachteilen erkaufen. Im Gegenteil ist die Meisterklinge mit 2,20 Millimetern erfreulich schmal. Durch die geringe Breite neigt die Klinge nicht dazu, hartes oder sprödes Schnittgut (Sellerie, Karotten) auseinanderzubrechen. Zudem wirkt eine schmale Klinge schärfer, erlaubt feinere Schnitte und schneidet gefühlt besser als eine breitere Klinge. Böker erwähnt die Klingenbreite auf seiner Webseite nicht, obwohl es eine positive Eigenschaft des Messers ist.
Technische Daten
Hersteller / Modell | Böker Meisterklinge Damast |
Gesamtlänge | 342 mm |
Klingenlänge | 198 mm |
Klingenhöhe | 44 mm |
Klingenstärke | 2,2 mm |
Klingenstahl | 3-Lagen-Stahl, Damast |
Gewicht | 177 Gramm |
Griffmaterial | Räuchereiche |
Preis | 149,95 € |
Bewertung
Fleisch | 95 von 100 Punkten |
Fisch | 85 von 100 Punkten |
Gemüse | 75 von 100 Punkten |
Beilagen | 75 von 100 Punkten |
Arbeitsgeschwindigkeit | 70 von 100 Punkten |
Ergonomie | 90 von 100 Punkten |
Materialqualität | 75 von 100 Punkten |
Verarbeitungsqualität | 90 von 100 Punkten |
Gesamtnote | 82,50 von 100 Punkten |
Die Form der Klingen entspricht einem typischen Chefmesser, also einer westlichen Interpretation des japanischen Gyuto, dessen Einsatzschwerpunkt das Portionieren von Fleisch und Fisch ist. Diese Aufgabe nimmt in der Küchenordnung der (Sous Chef) vor, weshalb sich der Name Chefmesser für diesen Messertyp eingebürgert hat. Bökers Meisterklinge fällt exakt in diese Kategorie und ist bei der Vorbereitung und Portionierung von Fleisch und Fisch das effizienteste Messer im Test. Egal, ob feines Carpaccio vom Rind, ultradünne Scheiben Mailänder Salami oder zartes Vitello Tonnato: Das Böker Meisterklinge Damast bewerkstelligt alle gestellten Aufgaben mit Leichtigkeit. Auch für Grillfreunde dürfte dieses Messer hervorragend geeignet sein.
Beim Design spielt Böker mit Design-Elementen aus den 1980er-Jahren wie dem schrägen Griffende mit Metallkappe oder dem weichen Übergang von der Klinge zum Heft durch eine breite Griffbacke (Bolster). Der Hauch von Retro-Look schadet dem Messer nicht. Im Gegenteil: Durch die Gestaltung von Griffende und Bolster wandert etwas Gewicht nach hinten und optimiert den Schwerpunkt, der exakt am Übergang von der Klinge zum Griff liegt. Aus ergonomischer Sicht gibt es an der Meisterklinge von Böker nichts zu bemängeln.
Fazit Böker Meisterklinge Damast
Die Damast-Tapete ist kein Mangel und daher kein Abwertungsgrund, denn die leicht polierte Oberfläche macht das Messer unempfindlicher gegen Korrosion, Kratzer und lässt sich leichter durch das Schnittgut gleiten. Balance und Ergonomie des Messers sind besser, als das Design vermuten lässt. Bei der Verarbeitungsqualität gibt sich Böker keine Blöße und lässt die Solinger Tradition des Messermachens weiterleben.
MKM Prima Gyuto
Gefertigt wird das Messer von dem italienischen Konsortium MKM (Maniago Knife Makers), das aus einer Vielzahl unterschiedlicher Betriebe und Gewerke rund um das Thema Messer besteht. So kann etwa eine Firma die Klingenrohlinge produzieren, die nächste Firma ist für das Härten verantwortlich, die dritte stellt Griffe aus verschiedenen Hölzern her, während irgendjemand die Klingen schärft und wieder andere Zusammenbau und Finish übernehmen.
Das Konsortium kann durch die arbeitsteilige Herstellung einen Teil der Kosten reduzieren, für den Messerkäufer bleibt jedoch im Unklaren, wer welche Arbeitsschritte vorgenommen hat. Die Produktionsdetails interessieren nicht jeden Messerkäufer, in einigen Fällen wäre es aber durchaus spannend zu erfahren, welches Konsortiumsmitglied eine bestimmte Aufgabe wahrgenommen hat. Im Fall des Prima Gyuto wäre der Anschliff der Klinge ein solcher Fall.
Kurz und knapp: Der werksseitige Klingenschliff des MKM Prima Gyuto ist katastrophal. Die Klinge ist nicht stumpf, aber lieblos und ohne jeden Qualitätsanspruch geschliffen. Der Schleifwinkel ist im vorderen Klingendrittel völlig anders als im griffseitigen Drittel und ändert sich dazwischen alle paar Zentimeter. Mal ist der Schleifwinkel steil, gelegentlich flach, manchmal ballig. Auch zwischen linker und rechter Klingenseite scheinen etwaige Ähnlichkeiten eher zufällig denn absichtlich entstanden zu sein.
Natürlich kann man mit einer derart geschliffenen Klinge ein paar Zwiebeln vierteln, aber zu viel mehr taugt dieses Exemplar des MKM Prima Gyuto nicht. Bei filigranen Schnitten, etwa bei der Vorbereitung von Carpaccio oder dem Filetieren eines Saiblings, manövriert der unregelmäßige Schleifwinkel die Schneide permanent aus der gewünschten Richtung. Das ist alles andere als „Prima“.
An dieser Stelle hätte man den Praxistest des MKM Prima Gyuto mit einer vernichtenden Wertung abbrechen können. Doch das Messer ist spannend, das Design von Jens Ansø ist ansprechend und lässt grundsätzlich auf ein brauchbares Küchenmesser hoffen. Daher erhält das MKM Prima Gyuto bei Knife-Blog vor dem Test einen Grundschliff mit dem HORL Rollschleifer, den wir ohnehin dieser Tage an einem Gyuto testen wollten. Das Ergebnis fällt besser aus als erwartet. Mit dem kleinen Tool lässt sich der werksseitige Murks in kurzer Zeit in einen ansehnlichen Grundschliff verwandeln und das MKM Prima Gyuto kann nun am Vergleichstest teilnehmen.
Wirklich gelungen ist das Design von Jens Ansø, der viele Flächen, Facetten und Winkel in seinen Entwurf integriert. Auf den ersten Blick mag die Gestaltung auf optische Effekthascherei ausgelegt erscheinen, doch schon bei den ersten Schnitten werden die ergonomischen Qualitäten des Messers erkennbar. Trotz der langen Klinge ist das MKM Prima Gyuto gut ausbalanciert, denn durch die Clip-Point-Form der Klinge reduziert Ansø geschickt die Kopflastigkeit der Klinge. Die Handhaltung des Messers ist entspannt und der eckig gestaltete Griff schmiegt sich bequemer in die Hand als vermutet.
Entlang der gesamten Klinge verläuft die Schneide des Prima Gyuto in einem Bogen. Griffseitig lässt ein großer Radius den Verlauf der Schneide gerade wirken, tatsächlich beschreibt sie einen sanften Bogen, der in Richtung Klingenspitze immer deutlicher sichtbar wird. Dadurch liegt beim Schneiden immer nur ein kurzer Abschnitt der Schneide am Schnittgut an, wodurch die Schneidleistung steigt und die Tendenz zum Festfressen der Klinge im Schnittgut vermindert wird. Positiv ist die hohe Elastizität der Klinge zu erwähnen, sie lässt sich ohne Kraftaufwand einen guten Zentimeter zur Seite biegen. Das ermöglicht mit leicht verkanteter Klinge zu arbeiten, etwa bei Schnittführungen entlang eines Knochens oder beim Schneiden von rohem Schinken.
Der von MKM verwendete Klingenstahl X50CrMoV15 ist eine Überraschung. Früher wurde der Stahl von Thyssen-Krupp häufig für deutsche Kochmesser in „Consumer-Qualität“ eingesetzt, anno 2024 muss dieser Stahl aber als technisch überholte Billiglösung gelten. X50CrMoV15 trägt in Deutschland auch die Werkstoffnummer 1.4116, in Frankreich heißt er AFNOR-Z50CD15 und in den USA kennt man ihn unter AISI 420MoV. Der Stahl ist trotz seines hohen Chromanteils von 15 Prozent nur bedingt korrosionsträge. Bei Kontakt mit Fruchtsäuren oder wenn Wassertröpfchen nicht abgewischt werden, neigt X50CrMoV15 zur Oberflächenkorrosion, die sich durch bräunliche Rostflecken zeigt. Messer aus diesem Stahl erwarten also zumindest ein Minimum an täglicher Pflege.
Schwerwiegender ist die geringe Härte des Stahls von nur 56 HRC (+/- 1). Das Nachschleifen mit dem HORL Rollschleifer ging flott von der Hand, weil der weiche Stahl dessen Diamantscheiben kaum Gegenwehr bietet. Entsprechend gering ist die Schnitthaltigkeit der Klinge im Küchenalltag. Wer auf harten Schneidunterlagen (Hartholz, Kunststoff) arbeitet, wird schnelleres Nachlassen der Schärfe bemerken als bei Klingen aus Niolox, Sandvik 14C28 oder dem „geheimnisumwitterten“ Nitro-B.
Die Wahl dieses Stahls für ein Gyuto im mittleren Preissegment, das von Jens Ansø entworfen wurde, hat bei uns ein paar Fragezeichen hinterlassen. Jens Ansø ist aufgrund seiner hohen Reputation kein preisgünstiger Designer; seine Royalty (Tantiemen pro verkauftes Messer) wirkt sich selbstverständlich auf den Verkaufspreis aus. Gleichzeitig versucht man am Klingenstahl ein paar Cent einzusparen, denn Niolox, Nitro-B und die Sandvik-Stähle sind nicht teuer, gut verfügbar und würden dem fertigen Messer bessere Eigenschaften verleihen. Eine Katastrophe ist X50CrMoV15 nicht, wer das prima Gyuto nur gelegentlich nutzt und gut pflegt, braucht sich um den Klingenstahl nicht zu sorgen.
Technische Daten
Hersteller / Modell | MKM Prima Gyuto |
Gesamtlänge | 337 mm |
Klingenlänge | 203 mm |
Klingenhöhe | 48 mm |
Klingenstärke | 2,5 mm |
Klingenstahl | X50CrMoV15 |
Gewicht | 153 Gramm |
Griffmaterial | vers. Hölzer zur Auswahl |
Preis | 159,90 € |
Bewertung
Fleisch | 90 von 100 Punkten |
Fisch | 85 von 100 Punkten |
Gemüse | 90 von 100 Punkten |
Beilagen | 90 von 100 Punkten |
Arbeitsgeschwindigkeit | 80 von 100 Punkten |
Ergonomie | 90 von 100 Punkten |
Materialqualität | 70 von 100 Punkten |
Verarbeitungsqualität | 60 von 100 Punkten |
Gesamtnote | 81,88 von 100 Punkten |
25 Punkte Abzug bei Verarbeitungsqualität (Klingenschliff)
Fazit MKM Prima Gyuto
Mit einem Preis von knapp 160,- Euro ist das MKM Prima Gyuto nicht zu teuer. Die Stärken des Messers liegen in seiner ausgezeichneten Ergonomie und angenehmen Handhabung. Die Verarbeitung ist gut, der zweitklassige Anschliff deutet auf Exemplarstreuung in der Produktion und möglicherweise auch auf eine etwas zu lässige Qualitätskontrolle hin. Trotzdem führt dieser Fehler nicht zum Knock-Out, denn ein gutes Messer mit schlechtem Anschliff ist allemal besser als ein schlechtes Messer mit gutem Anschliff. Gegebenenfalls kann man den Händler bitten, das Prima Gyuto mit einem „Prima Anschliff“ zu versehen oder es zurücksenden. Da wir kein zweites Prima Gyuto zum Vergleich vorliegen hatten, ist nicht auszuschließen, dass wir den berühmten „Rausreißer-nach-unten“ auf dem Tisch hatten. Deshalb fallen die Abzüge etwas moderater als gewöhnlich aus.
Das MKM Prima Gyuto ist der beste Allrounder in diesem Test, das Messer eignet sich gleichermaßen für Fleisch, Fisch und Beilagen. Es taugt zum portionieren von Schnitzeln ebenso wie für handgeschnittenes Tatar oder filigran zubereitetes Gemüse. Dabei geht die Arbeit flott von der Hand und man nimmt das Prima Gyuto gern zur Hand. Mit einem zeitgemäßen Klingenstahl und perfekt geschliffener Klinge hätte das MKM Prima Gyuto ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis erzielt und hätte sich darüber hinaus die Empfehlung der Redaktion verdient.
Werbung
Böker Damast Black Chefmesser
Mit klassisch japanischer Formgebung betritt das Böker Black Damast Chefmesser (groß) die Bühne. Obwohl das Messer alle Eigenschaften eines Gyuto im japanischen Stil besitzt, trägt es ebenfalls die Bezeichnung Chefmesser. Vermutlich vermeidet Bökers Marketingabteilung den Begriff „Gyuto“, da er oft nur erfahrenen Anwendern geläufig ist.
Auch das Messer selbst richtet sich eher ans Fachpublikum, denn an Gelegenheitsköche. Die Handhabung eines Kochmessers mit klassisch-japanischer Formgebung erfordert eine spezielle Arm- und Handhaltung, die sich aus der parallelen Anordnung von Grifflinie und Schneide ergibt. Unterschiedlich ist auch die Klingenführung beim Schneiden. Während Kochmesser mit bogenförmiger Schneide gerade Schnittbewegungen erlauben, (vgl. MKM Prima Gyuto), muss die Schneidbewegung beim Böker Black Damast darauf ausgelegt sein, das Schnittgut immer nur mit einem Teil der Schneide zu berühren.
Die Unterschiede zwischen einem traditionellem japanischen Gyuto und einer europäisierten Version beinhalten keine Unterscheidung in Gut oder Schlecht, sondern nur in gewohnt und ungewohnt. Wer das Arbeiten mit einem Gyuto im japanischen Stil gewohnt ist, kann den hinteren, geraden Abschnitt der Klinge zum Hacken verwenden, wohingegen die meisten Schnitte bei der Vorbereitung und Portionierung von Fleisch oder Fisch mit dem vorderen Klingendrittel erfolgen. Das „Hacken“ bezieht sich dabei auf die Herstellung von Tatar (Fleisch, Fisch) und schließt allenfalls ein paar feine Zwiebelwürfel ein. Für die Bearbeitung von Gemüse und Beilagen würden Freunde japanischer Messer lieber zu einem Santoku greifen.
Das Böker Black Damast Chefmesser hat seine Einsatzschwerpunkte bei Fleisch und Fisch und brilliert immer dann, wenn es bei der Schnittführung auf Präzision ankommt. Deshalb haben wir bei der Arbeitsgeschwindigkeit keine Bewertung vorgenommen, den Fleisch und Fisch schneidet man, im Gegensatz zu Gemüsen, langsam und mit viel Bedacht. Die Klinge des Black Damast Chefmesser besitzt nur sehr geringe Elastizität, denn für Präzisionsschnitte ist eine stabile Klinge notwendig, die beim Schneiden gerade geführt wird und keinesfalls verkantet werden soll.
Beim Klingenstahl hat sich Böker erneut für einen Drei-Lagen-Stahl mit einem Kern aus VG-10 entschieden. So gelten für dieses Messer die gleichen Hinweise und Einordnungen wie bei der am Anfang beschriebenen Meisterklinge. Auch bei diesem Messer wird das Stahlsandwich aus einer breiten Mittellage aus VG-10 und schmalen Lagen aus Damaststahl gebildet. Das Damastmuster ist gleichmäßiger, besitzt weniger Kontrast und wirkt mit seinem längs ausgerichteten Muster nobel.
Technische Daten
Hersteller / Modell | Böker Manufaktur |
Gesamtlänge | 338 mm |
Klingenlänge | 212 mm |
Klingenhöhe | 48 mm |
Klingenstärke | 2,6 mm |
Klingenstahl | Damast |
Gewicht | 140 Gramm |
Griffmaterial | Schichtholz |
Preis | 231,- € |
Bewertung
Fleisch | 95 von 100 Punkten |
Fisch | 95 von 100 Punkten |
Gemüse | 70 von 100 Punkten |
Beilagen | 0 von 100 Punkten |
Arbeitsgeschwindigkeit | nicht bewertet |
Ergonomie | 80 von 100 Punkten |
Materialqualität | 90 von 100 Punkten |
Verarbeitungsqualität | 90 von 100 Punkten |
Gesamtnote | 85 von 100 Punkten |
Anschliff und Schneidleistung liegen beim Böker Damast Black Chefmesser auf demselben hohen Niveau wie bei Bökers Meisterklinge. Trotzdem merkt man der Klinge an, dass sie mit einem höheren Anteil an Handarbeit gefertigt wird. Streicht man mit dem Fingernagel über den Klingenrücken, kann man unterschiedliche Rauheit spüren. So etwas erzeugt keine Maschine, hier wurde die Klingenform offensichtlich händisch bearbeitet oder korrigiert. Insgesamt erfreut das Böker Black Damast rundum mit hoher Material- und Verarbeitungsqualität.
Mit rund 230 Euro ist das Black Damast Chefmesser das teuerste der drei Kandidaten, ohne sich auf der Materialseite absetzen zu können. Der Unterschied dürfte sich im Wesentlichen aus der Fertigung in der Böker Manufaktur ergeben, wobei die in Deutschland geleistete Handarbeit als Kostenfaktor zu Buche schlägt. Wenn man den Preis gegenüber einem Kochmesser aus chinesischer Fertigung einordnet, darf man nicht vergessen, dass Böker eine lebenslange Garantie auf Material und Verarbeitung gewährt und für Messer aus der Böker Manufaktur sogar einen kostenlosen Nachschärfservice anbietet.
Auch bei diesem Messer wird die Verwendung von 3-Lagen-Stahl nicht negativ bewertet, denn in dieser Preisklasse kann man keine geschmiedete Damastklinge erwarten. Positiv ist das geringe Gewicht von nur 140 Gramm anzumerken, der Klingenrücken des Böker Damast Black Chefmessers ist mit 2,6 Millimetern für unseren Geschmack eine Spur zu breit.
Gyuto Vergleichstest 2024: Fazit
Mit allen drei Kochmessern kann man glücklich werden. Ein Ausreißer nach unten ist nicht dabei, wenn man vom Anschliff des MKM Prima Gyuto absieht. Die engen Abstände in der Punktewertung zeigen, dass es keinen eindeutigen Testsieger gibt. Das MKM Prima Gyuto ist aus konzeptioneller Sicht das beste Messer, leidet aber unter einem zu weichen Klingenstahl und lässt beim Anschliff wichtige Punkte liegen. Das Böker Black Damast Gyuto entspricht der traditionellen japanischen Machart, punktet bei der Qualität von Material und Verarbeitung, ist aber eher für erfahrene Anwender als für Hobby-Köche geeignet.
Wer den Schwerpunkt seiner Küchenarbeit auf Fleisch und Fisch legt, ist mit einem der beiden Chefmesser von Böker bestens ausgestattet. Für welches man sich entscheidet, ist Geschmacks- und Erfahrungssache. Wer ein universelles Küchenwerkzeug sucht und gewillt ist, die Klinge des nagelneuen Messers mit einem Grundschliff zu versehen, erwirbt mit dem Prima Gyuto von MKM einen wirkungsvollen Küchenhelfer mit dänischem Design und italienischer Note. Grillfreunden raten wir zur Meisterklinge und Vegetariern zu einem Santoku.
Werbung
Links zum weiterlesen
- Knife-Blog Rubrik: Küchenmesser
- Bezugsquellen Böker Damast Black Chefmesser: Böker + Messerworld
- Bezugsquellen Böker Meisterklinge Damast: Böker + Messerworld
- Bezugsquellen MKM Prima Gyuto: Böker
- Knife-Blog Thema: Damast als Klingenstahl
Bildnachweis Titelbild: depositphotos.com