Der elsässische Messermacher Sacha Thiel hat sich in der Messergemeinde mit sehr gelungenen Entwürfen und hoher handwerklicher Qualität einen guten Namen erworben. Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern, deren Maxime ganz offensichtlich teuer, teurer am teuersten lautet, achtet Sacha Thiel bei seinen Messern auf ein stimmiges Preis-Leistungs-Verhältnis. Ob sein neuestes Fixed Blade, das Axiom, ein verlockendes Angebot ist, wird sich im Review zeigen.
Inhalt und Übersicht
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Mit dem Axiom hat Sacha Thiel ein mittelgroßes Fixed mit einer frischen, modernen Optik präsentiert. Form, Größe und Technik weisen auf ein Messer mit weitem Einsatzspektrum hin, durch seine Klingenlänge von 115 mm darf es – Stand September 2019 – in Deutschland (noch) legal getragen werden.
Das Axiom wird in zwei Varianten hergestellt, mit schwarzen G-10 Griffschalen und Kydex-Scheide spricht es eher den Liebhaber taktischer Messer an. Freunde des klassischen Messer-Designs werden eher am Modell mit einem Griff aus Pao Santo Holz und Lederscheide Gefallen finden.
Die Klinge besitzt ausgewogene Proportionen und zeigt die typischen Merkmale zeitgemäßen Designs. Die Gratlinie ist sehr hoch angesetzt und geht nahtlos in eine Fehlschärfe über, die sich von der Klingenspitze über zwei Drittel der Klingenlänge erstreckt. Der schräge Übergang von Choil zum flach geschliffenen Klingenblatt verleiht dem Design Dynamik, die tief gezogene Abstützung für den Zeigefinger erinnert an ein Parierelement und lässt auf eine gute Handlage hoffen.
Als vor einigen Wochen die ersten Fotos eines Axiom Prototypen auftauchten, sprang mir zuerst die tiefe Einbuchtung am Ricasso ins Auge. Mein erster Verdacht war ein hinter der Schneide platzierter „Rope Cutter“, den man unter anderem an Customs von Jay Fisher findet. Tatsächlich handelt es sich jedoch um ein Ricasso in voller Klingenbreite. Entweder ein Design-Element ohne technische Funktion oder eine unsinnig große Schleifkerbe.
Axiom von Sacha Thiel
Der Griff des Axiom ist voluminös und füllt eine Hand mit Handschuhgröße 10 gut aus. Alle Kanten des Griffs aus schwarzen G-10 sind weich gerundet, der Griff selbst ist ergonomisch geformt und ausreichend lang, um allen Fingern bequemen Halt zu geben. Der Zeigefinger kann sich am Ricasso gut abstützen, das Jimping auf dem Klingenrücken ist gut platziert und ausreichend strukturiert um dem Daumen eine sichere Auflage zu bieten. Zur Reinigung des Messers lassen sich beide Griffschalen demontieren.
Custom, Mid-Tech oder Serienmesser? Sacha Thiel hat einen eigenen Weg im Dschungel arbeitsteiliger Produktionsschritte und Begrifflichkeiten gefunden. Bei seinen Customs werden alle Bearbeitungsschritte von ihm selbst durchgeführt; Messer bei denen ein Teil der Herstellung außer Haus erfolgt, nennt Sacha Thiel Mid-Tech Knives.
Das Axiom gibt hinsichtlich Verarbeitungsqualität und Finish keinen Anlass zu Kritik. Die Metallbearbeitung entspricht dem hohen Standard von Sacha Thiel, beim Abstand der Rillen des Jimpings lässt sich bei einer Messgenauigkeit von ein paar hundertstel Millimeter keine Abweichung feststellen. Das wirkt sich zwar in der Praxis nicht aus, zeigt aber den hohen Anspruch des Messermachers in sein Produkt.
Der Begriff „Mid-Tech“ ist durch sehr unterschiedliche Interpretation mittlerweile stark verwässert und oft wird er für qualitativ hochwertige Serienmesser verwendet. Bei Sacha Thiel bedeutet Mid-Tech, dass er Rohlinge extern herstellen lässt, aber alle weiteren Bearbeitungsschritte mit eigenen Händen durchführt. Man könnte also fast von einem „Semi-Custom“ sprechen.
Das Stonewash-Finish der Metalloberfläche ist gleichmäßig, die Oberfläche des G-10 Griffs ist leicht rau und rundum von gleicher Struktur. An der Form der Griffschalen ist ersichtlich, dass die Formgebung nicht (oder nicht ausschließlich) maschinell erfolgt. An mehreren Stellen, unter anderem den Rundungen der Kanten, wird ersichtlich, dass Handarbeit einen hohen Anteil bei der Fertigung besitzt.
Messer und Kydex
Was dem geneigten Messerfreund sogar im oberen Preissegment an Kydex-Scheiden zugemutet wird, spottet oft jeder Beschreibung. Sacha Thiel verdient sich auch in diesem Punkt uneingeschränktes Lob, die Kydex-Scheide des Axiom gehört in die Topklasse. So klein wie möglich, leicht, stabil, sehr gut verarbeitet und extrem passgenau – sogar die Bohrungen passen auf den Zehntelmillimeter zu einem TekLok.
Das Messer gleitet ohne Kraftaufwand in die Scheide und rastet mit einem sanften „Klick“ ein. Der Kraftaufwand beim Ziehen ist gering, trotzdem sitzt das Axiom fest in der Scheide und lässt sich auch mit energischen Bewegungen nicht herausschütteln.
Die Scheide umschließt den Ansatz des Griffes und diese Bauform besitzt Vorteile in der Praxis gegenüber einer Scheide, die am Griffansatz endet. Trägt man das Axiom revers (also am Gürtel mit dem Griff nach unten) oder auf dem Rücken quer am Gürtel, lässt sich die Klinge ohne lange Fummelei in die Scheide einführen. Klingt nicht nur nach Sex, macht auch ähnlich viel Spaß. Schluss mit Knife-Porn und Lobhudelei: Die Kydex-Scheide ist perfekt, da gibt es selbst für kritische Geister nichts zu meckern.
Wie viele andere Arbeitsschritte erfolgt auch der Klingenschliff per Handarbeit. Sacha Thiel schleift beide Seiten sehr symmetrisch und winkelstabil aber minimale Abweichungen zeigen auch hier die Handarbeit ohne sich negativ bemerkbar zu machen. Über den Böhler N690Co Stahl muss man kein Wort mehr verlieren, Der Stahl gehört zur Mittelklasse und hat sich vielfach bewährt.
Obwohl der Klingenrücken mit ca. 4,5 mm massiv ist, macht der hoch angesetzte Flachschliff das Messer leichtführig und schneidfreudig. Während eines Outdoor-Wochenendes hat mich das Axiom begleitet und keine Schwächen gezeigt. Vom Zubereiten einer Mahlzeit über das Zuschneiden von starken Ästen bis zum Durchtrennen von Seilen – das Axiom hat bei allen Aufgaben überzeugt. Schneidleistung und Handlage des Messers lassen es größer wirken als es tatsächlich ist.
Sicherlich ist das Axiom kein Messer für den Hardcore Einsatz. Zum Baumfällen, für Batoning und andere Heavy-Use-Aktionen ist das Messer einfach zu klein. Sacha Thiels neuestes Fixed ist ein Messer mit überzeugenden Allround-Eigenschaften bei relativ geringer Größe und einem im Alltag nicht zu hohen Gewicht.
Am Ende des Reviews steht wie immer die Frage: Was kostet der Spaß? In der Version mit G-10 Griffschalen und Kydex-Scheide muss man rund 190 Euro ausgeben. Ein Axiom mit Holzgriffen und Lederscheide kostet fünf Euro mehr, liegt aber immer noch locker im angemessenen Bereich.
Sacha Thiel Axiom – Fazit
Bisher habe ich noch kein schlechtes Fixed Blade von Sacha Thiel gesehen und auch das Axiom kann überzeugen. Da passt alles: das harmonische Design, die Verarbeitungsqualität, die Passgenauigkeit der Scheide und eine gute Praxistauglichkeit. Das Axiom zeigt keine Schwächen und räumt gute Noten ab. Neben seiner Allround-Eigenschaften hat das Messer einen spürbaren Sucht- und Spielfaktor. Ein beinahe Semi-Custom in dieser Qualität für schlappe 200 Euro ist eine faire Offerte. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.
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Links
- Knife-Blog Thema: Fixed Blades im Review
- Messerstahl: Das kleine Kompendium
- Knife-Blog Rubrik: Messer aus Frankreich
Axiom von Sacha Thiel | Daten und Ausstattung |
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Messertyp | Fixed Blade |
Klingenlänge / Schneide | 116 mm / 106mm |
Klingenstärke | 4,45 mm |
Klingenform | Drop Point mit Flachschliff |
Klingenhöhe | 31 mm |
Klingenstahl | N690Co |
Gesamtlänge | 228 mm |
Griffmaterial | G-10 oder Edelholz (Pao Santo) |
Gewicht ohne / mit Scheide | 204 / 323 Gramm |