Extrema Ratio HF2 Praxistest

Extrema Ratio HF2 Praxistest

Es gibt Namen in der Messerwelt, die sind mehr als jeder andere mit einer bestimmten Assoziation verbunden. Extrema Ratio gehört ohne Zweifel in diese Gruppe, steht die italienische Firma doch wie keine andere für taktische Messer für den militärischen und zivilen Einsatz. Das Extrema Ratio HF2 verkörpert die Philosophie seiner Macher perfekt, ist ein potentes Werkzeug, alles andere als ein Leisetreter und überwindet die Grenzen zwischen Folder und Fixed Blade.

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Es gibt große Messer, schöne Messer, taktische Messer, wertvolle Messer, Klappmesser und Messer mit feststehender Klinge. Das Extrema Ratio HF2 passt in jede dieser Kategorien. Es ist ein mächtiger Folder mit einer 12,5 Zentimeter langen Klinge. Geöffnet misst das Extrema Ratio HF2 exakt einen ganzen Fuß.

Dreißigeinhalb Zentimeter rabenschwarzes, taktisches Messer! Das ist der Stoff, der die Herzen vieler Messerfans höher schlagen lässt. Die Abkürzung „HF2“ steht für „Heavy Folder“, was sich am besten mit großes, stabiles Klappmesser übersetzen lässt. In diese Kategorie fallen bei Extrema Ratio alle Messer, die für schwere Einsatzlagen gedacht und entsprechend solide gebaut sind. Größe und Stabilität konkurrieren dabei mit Messern, die eine feststehende Klinge besitzen.

Extrema Ratio HF2

Klappmesser beanspruchen beim Transport zwar deutlich weniger Platz als ein Messer mit feststehender Klinge, haben durch die Klingenverriegelung jedoch bauartbedingt eine strukturelle Schwachstelle. Diesem Manko begegnet Extrema Ratio beim HF2 mit einer pfiffigen Lösung: Der Folder verriegelt die Klinge mit einem Liner Lock, zusätzlich kann jedoch ein massiver Stahleinsatz durch Griff und Klinge geschoben werden. Der sechs Millimeter starke Pin verhindert das Einklappen der Klinge, selbst wenn das Lock dem Druck nicht standhalten könnte. Durch den Pin wird das Extrema Ratio HF2 vom Folder (fast) zu einem Fixed Blade.

Der Pin besteht aus gehärtetem Stahl und kann an der elastischen Handschlaufe des Messers befestigt werden, damit er nicht verlorengeht. Fans der Marke tragen den Pin allerdings lieber an einem Karabiner um den Hals. Dort ist er besser aufgehoben als an der Handschlaufe und dient zudem als gegenseitiges Erkennungszeichen.

Der Sicherungs-Pin wird auf der linken Messerseite eingesetzt. Der Pin ist mit einem elastischen Kordelzug am Messer befestigt, damit er nicht verloren geht.

Extrema Ratio HF2 Lock Pin
Extrema Ratio HF2 Locked

Schiebt man den roten Hebel auf der gegenüberliegenden Seite nach vorn, ist der Pin gegen Herausrutschen gesichert. Unterhalb des Hebels erscheint nun das Wort „Lock“ und zeigt, dass das Messer verriegelt und gesichert ist.

Das Extrema HF2 gibt es in mehreren Ausführungen. Das Kürzel hinter der Modellbezeichnung verrät, um welche Variante es sich handelt. Ein „D“ steht für „Drop Point“ Klinge, ein „T“ für „Tanto“.

Das reguläre HF2 ist komplett in Schwarz gehalten, aber Extrema Ratio hat eine „Desert Warfare“ genannte Variante im Programm. Diese Messer besitzen ein beige-schwarzes Camouflage Muster auf der Klinge und einen sandfarbenen Griff. Abmessungen und Gewicht des Extrema Ratio HF2 sind beachtlich und in beiden Disziplinen finden sich im Bereich Folder kaum ähnlich massive Einsatzmesser.

Als Klingenstahl verwendet Extrema Ratio Böhler N690. Man könnte diesen Stahl fast als Hausmarke des italienischen Herstellers bezeichnen, denn seit Jahren verwendet Extrema Ratio beinahe ausschließlich diesen Stahl für seine Folder und Fixed Blades. Das hat neben betriebswirtschaftlichen Gründen auch den Vorteil, dass man diesen Stahl aus dem Effeff kennt und ihn per Wärmebehandlung exakt dahin steuern kann, wo man ihn haben möchte.

Klingenstahl Böhler M690Co – Legierungselemente und ihre prozentualen Anteile
Klingenstahl Böhler M690Co – Legierungselemente und ihre prozentualen Anteile
C Cr Co Mo Mn Si V
1,05 % 17,30 % 1,60% 0,90 % 0,40 % 0,40 % 0,10 %

Böhler N690 ist kein pulvermetallurgischer Stahl, aber ein guter und zuverlässiger Allrounder. Bei fast allen Messermodellen, so auch beim HF2, härtet Extrema Ratio den Klingenstahl auf 58 HRC. Bewusst reizt man die maximal erreichbare Härte zugunsten hoher Zähigkeit nicht aus. Bei den vielen Messern mit Klingenlängen oberhalb von 5 Zoll, die Extrema Ratio im Programm hat, ist die Fokussierung auf Zähigkeit absolut sinnvoll.

Auch Klingenbeschichtungen sind ein Markenzeichen von Extrema Ratio und alle Modellvarianten des HF2 sind mit einer beschichteten Klinge ausgestattet. Die Beschichtungen sind entweder schwarz oder schwarz-beige. Beide erfüllen die Spezifikation MIL-C-13924 (s. Links↑). Technisch gesehen handelt es sich um eine „Black Oxyd“ Beschichtung, praktisch dient sie nicht dem Korrosionsschutz, sondern der Verhinderung von Lichtreflexen. Beschichtungen nach MIL-C-13924 gelten als abriebfest und sehen durch ihre gleichmäßige, glatte Oberfläche auch gut aus.

Extrema Ratio ist nicht in der italienischen Messermetropole Maniago beheimatet, sondern hat seinen Sitz in einem modernen Gebäude in der toskanischen Kleinstadt Prato, rund 20 Kilometer nord-westlich von Florenz. Die anthrazitgraue Fassade und die dicken Gitter an allen Fenstern zeigen eine ähnliche Design-Sprache wie die Messer der Firma. Gradlinig auf Funktion optimiert, schnörkellos und immer auch ein klein wenig martialisch.

Extrema Ratio HF2 open
Sachlich, nüchtern, schwarz: Das Extrema Ratio HF2

Extrema Ratio HF2 – Design und Handlage

Zurück zum Heavy Folder aus Italien. An der Klingenwurzel beträgt die Stärke der Klinge 5,6 Millimeter. Ein ordentliches Pfund für einen Folder und damit Gewicht und Handling des Messers im Rahmen bleiben, lässt Extrema Ratio nur in der Klingenmitte, im Bereich der Gratlinie, die volle Materialstärke stehen. Eine breite Swedge (nicht geschärfte Rückenschneide) erstreckt sich von der Spitze bis etwa zur Klingenmitte. Dahinter befindet sich eine rechteckige Aussparung, die ebenfalls Gewicht reduziert und beim geschlossenen Messer optisch mit der breiten Fingermulde des Griffs verschmilzt.

Das Design des Extrema Ratio HF2 ist militärisch nüchtern und verzichtet auf jedwede Dekoration. Das Messer ist einerseits auf Funktion getrimmt, andererseits soll sein Aufbau so einfach sein, dass es auch unter Einsatzbedingungen zerlegt und gereinigt werden kann. Der passende Torx-Schlüssel wird mitgeliefert, Schlitz- und Kreuzschlitzschraubendreher dürften ohnehin bei jedem Messerbesitzer in Reichweite sein.

Obwohl das Auge zahlreiche Kanten wahrnimmt, liegt das Extrema Ratio HF2 ausgezeichnet in der Hand.

Der eckigen Fingermulde habe ich anfangs misstraut. Zu Unrecht, denn die Handlage des HF2 ist mit bloßen Händen und mit Einsatzhandschuhen ausgesprochen komfortabel.

Zeige- und Mittelfinger liegen in der Fingermulde an der Unterseite des Griffs, während der Daumen auf dem 18 Millimeter (!) breiten Jimping liegt, das von Griff und Klinge gebildet wird.

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Da alle Finger rutschfest Platz finden, lässt sich das Extrema Ratio HF2 in der Faust wie in einem Schraubstock verkeilen. Dabei spielt keine Rolle, ob man Einsatzhandschuhe trägt oder nicht. Beides funktioniert. Ein besonderes Schmankerl ist die schräg verlaufende Fingermulde am Ende des langen Griffes. Zunächst wirkt sie wie ein Design-Element, aber nur, bis man das Messer im Reverse Grip packt. Nun liegt der Daumen hinter dem Griff und der Zeigefinger in eben dieser Mulde. Im Reverse Grip ist die Handlage perfekt und unterstreicht die universellen Einsatzmöglichkeiten des Messers.

Der Rahmen des Extrema Ratio HF2 besteht aus schwarz anodisiertem Aluminium. Ebenso der voluminöse Backspacer, der beide Griffschalen verbindet und dreifach mit ihnen verschraubt ist. Am Griffende überragt der Backspacer die Griffschalen etwa um vier Millimeter. Das Griffende kann als Glasbrecher dienen und ist so massiv, dass man bedenkenlos auch auf andere Objekte einschlagen kann. Im Überstand des Backspacers befindet sich außerdem ein Lanyardhole.

Erwähnenswert ist auch, dass das HF2 durch seinen symmetrischen Aufbau gleichermaßen für Rechts- und Linkshänder geeignet ist. Da der Taschenclip aufgrund seiner Form nicht umsetzbar ist, liegt ein zweiter Clip für die linke Messerseite bei. Jeder kann also entscheiden, ob er einen Clip links, rechts oder sogar auf beiden Seiten einen Clip montiert.

Extrema Ratio HF2 – Qualität und Preis

Die wichtigste Frage bei einem Messer lautet: Wie gut schneidet es? Die Antwort ist einfach, denn das HF2 schneidet ausgezeichnet. Der Klingenschliff ist für ein Serienmesser sogar überdurchschnittlich gut. Er ist seitensymmetrisch und winkelstabil, die Spitze ist symmetrisch ausgeschliffen und die Schneide auf ist auf ihrer gesamten Länge gleichmäßig scharf. Mit 9 von 10 Punkten heimst das HF2 eine Topwertung ein.

Auch ansonsten gibt es wenig zu beanstanden. Die Klinge steht im geschlossenen Zustand zentriert; das Liner Lock steht bei etwa 25 Prozent und verriegelt sicher. Das Entriegeln geht mühelos und der Daumen findet ausreichend Platz, um den Liner zurück in die Ruheposition zu schieben.

Die Verarbeitung ist in allen Punkten sehr gut. Die Beschichtung der Klinge ist gleichmäßig und frei von Flecken oder Schatten, was bei Black Oxyd keine Selbstverständlichkeit ist. Auch auf der technischen Seite ergeben sich keine Kritikpunkte. Das technische Konzept funktioniert und der zusätzliche Verriegelungsmechanismus ist definitiv mehr als nur ein nettes Feature.

Extrema Ratio HF2 Lock Side
Die doppelte Klingenverriegelung sorgt für maximale Sicherheit

Auch die Justage des Messers ist in allen Details perfekt. Das gilt nicht nur für Klingengang und Zentrierung, sondern auch für das Verriegelungssystem. Auch ohne eingesetzten Stahl-Pin erfüllt der rote Sicherungshebel eine Funktion: Steht er in „Lock“ Position, lässt sich das Liner Lock nicht entriegeln.

Die italienische Firma gehört zur kleinen Riege exklusiver Hersteller, die vom Preisdruck aus China weitgehend verschont bleiben und sich seit Jahren über eine feste Fangemeinde unter den Messerfans freuen können. Wer ein Extrema Ratio HF2 erwerben möchte, muss rund 380 Euro aus dem Portemonnaie nehmen. Dafür bekommt man einen taktischen Folder, der nicht nur riesengroß, sondern auch rundum gut gemacht ist. Der Gegenwert stimmt zumal die Einzigartigkeit des Messers Preisvergleiche unmöglich macht.

Messer von Extrema Ratio sollte man nur im Fachhandel erwerben, da auf Ebay und in Handelsplattformen mehr Fälschungen als echte Messer angeboten werden. Vor allem bei wortreich beworbenen Schnäppchen sollte man dem Angebot den Rücken kehren, denn Messer von Extrema Ratio gibt es nicht zu Ausverkaufspreisen.

Das Extrema Ratio HF2 in der Praxis

Im Alltag kann man das Extrema Ratio HF2 wie jeden anderen Folder verwenden. Aufklappen, schneiden, entriegeln, zuklappen. Nur bei härteren Szenarien tritt der Sicherungs-Pin in Aktion. Das HF2 ist ein Flipper, lässt sich aber auch zweihändig öffnen. Das Flippen der schweren Klinge benötigt neben einem kernigen Impuls auf den Kicker auch eine unterstützende Bewegung aus dem Handgelenk, um die Klinge ins Lock zu befördern. Das Öffnen geht anfangs ein wenig straff und das HF2 braucht etwas Zeit, um sich einzulaufen.

Zum Messer gehört eine solide Gürteltasche aus Cordura, die sich mittels einer Klettschlaufe am Gürtel oder der Ausrüstung befestigen lässt.

Das Extrema Ratio HF2 ist nicht als Show-Flipper, sondern als taktisches Einsatzmesser konzipiert. Es ist kein „tacticooler“ Blender und nervt nicht mit faulen, verkaufsfördernden Kompromissen. Extrema Ratio hat ein reinrassiges, puristisches und ehrliches Werkzeug auf die Beine gestellt.

Seinem Konzept bleibt das Messer von der Farbgebung bis zur letzten Schraube treu. Vergleiche mit hübschen Titan-Foldern verbieten sich von selbst. Und was gibt es Vergleichbares? Wenig! Einige Hersteller verfolgen ähnliche Philosophien, andere bringen taktisch angehauchte Varianten in Schwarz als Ergänzung ihrer Standardmodelle auf den Markt. In der Summe kommt man jedoch zu dem Schluss: Extrema Ratio ist in seiner Ecke der Messerwelt nahezu allein.

Wie schon im Intro erwähnt, dass HF2 ist konzeptionell und optisch alles andere als ein Leisetreter und daher gerade in der heutigen Zeit nur begrenzt sozial verträglich. Das Extrema Ratio HF2 ist groß, schwarz, böse und alles andere als politisch korrekt. Manche Messerfans werden ihm genau das vorwerfen, doch wer Messer im taktischen Stil bevorzugt, wird dieses Messer lieben.

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Extrema Ratio HF2Daten und Ausstattung
Messertyp Klappmesser mit doppelter Klingenarretierung
Klingenlänge / Schneide125 mm / 126 mm
Klingenstärke5,5 mm
Klingenform Drop Point
Klingenhöhemm
KlingenstahlBöhler N690 auf 58 HRC gehärtet
Gesamtlänge offen / geschlossen315 mm / 180 mm
GriffmaterialForprene
Gewicht ohne / mit Scheide319 g /
Extrema Ratio HF 2
In einem Satz:
Einsatzmesser können sie bei Extrema Ratio und der HF-2 tritt den Beweis überzeugend an.
Klingenstahl
Anschliff
Design, Praxistauglichkeit, Sicherheit
Material- und Verarbeitungsqualität
Ergonomie und Justage
Preis-Leistungs-Verhältnis
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