Das ESEE Junglas 2 ist ein Messer ohne Kompromisse. Es ist ein Nachfahre des legendären RTAK und wurde von den erfahrenen Survival-Ausbildern Jeff Randall und Mike Perrin entwickelt. Dieses Messer ist nicht nur groß, es besitzt auch eine klar umrissene Aufgabe: Das ESEE Junglas 2 soll in Extremsituationen seinem Besitzer als Werkzeug zum Überleben dienen. Knife-Blog geht der Frage nach, ob man dem Survival-Messer von ESEE sein Leben anvertrauen kann.
Inhalt und Übersicht
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ESEE Knives gehört zu den amerikanischen Herstellern, deren Bekanntheitsgrad im deutschsprachigen Raum eher gering ist. Dabei kann der Hersteller aus der kleinen Gemeinde Gallant in Alabama bereits auf eine über 20-jährige Geschichte zurückblicken.
Angefangen hat es nicht mit Messern, angefangen hat es mit Überlebenstraining und Ausbildungskursen für Bushcraft und Survival. 1997 gründeten Jeff Randall und Mike Perrin die Firma „RAT“ (Randall Adventure & Training), die zunächst hauptsächlich Survival-Training und geführte Ausbildungstouren in die Wildnis anboten. Randall und Perrin wollten einen Kontrapunkt zum damaligen „Survival-Hype“ setzen, der materialorientiert war und nur wenig praktisches Wissen vermittelte.
Der Grundgedanke von Jeff Randall ist schlüssig: Wenn man unversehens in die Lage kommt, sich in der Wildnis durchschlagen zu müssen, hat man keinen Rucksack mit zeitaufwendig zusammengestellter Komplettausrüstung dabei.
Man hat, wie im Alltag, ein (hoffentlich) brauchbares Messer und sein Wissen dabei, wie man weit entfernt von der Zivilisation überleben kann. Randall und Perrin ging es um die Vermittlung der grundsätzlichen Fähigkeiten zum Überleben: Wie gewinne ich trinkbares Wasser? Wie komme ich an Nahrung? Wie gestalte ich einen sicheren Schlafplatz und wie orientiere ich mich in der Wildnis?
Viele Survival-Kurse fanden im Dschungel des peruanischen Amazonasgebiets statt. Gemeinsam mit der Schule für Überlebenstraining der peruanischen Luftwaffe (Escuela de Supervivencia en la Selva, „Überlebensschule im Dschungel“) wurden den Teilnehmern alle grundlegenden Kenntnisse vermittelt. Das Survival-Training von Jeff Randall war hart, praxisorientiert und verzichtete auf teure „Bling-Bling“ Ausrüstung. Seine Kurse wurden in kürzester Zeit legendär.
Der Weg vom Überlebenstraining bis zur Entwicklung eines eigenen Survival- Messers ist kurz. Natürlich hatten sich Jeff und Mike bereits zahlreiche Messer für den Eigenbedarf gebaut. Als sie nach einigen Jahren von Peru in die USA zurückkehrten, begann die Entwicklung für ein potentes und bezahlbares Survival-Messer. Einer ihrer ersten Entwürfe war das Modell RTAK, das von der nahe Buffalo im Bundesstaat New York beheimateten Ontario Knife Company in Serie gefertigt wurde.
Der Firmenname „ESEE“ steht für „Escuela de Supervivencia – Evasion and Escape“ (Schule für Überleben, Ausweichen und Entkommen). Gegründet wurde die Firma von Jeff Randall und Mike Perrin unter dem Namen „SERE“, doch dieser Name war damals bereits ein geschütztes Markenzeichen von Al-Mar Knives (siehe: Al-Mar – Eine Legende kehrt zurück ).
Kurz nach der Firmengründung bemerkten Jeff und Mike voller Schreck, dass sie den Namen „SERE“ nicht hätten verwenden dürfen und setzen sich mit Al-Mar Boss Gary Fadden in Verbindung. Gary verzichtete auf rechtliche Maßnahmen und man einigte sich mit einem Handschlag. Jeff und Mike mussten ihre unter dem Namen „SERE“ angebotenen Produkte nicht vom Markt nehmen, benannten ihre Firma aber sofort in ESEE Knives um.
Der Irrtum hinsichtlich der Verfügbarkeit des Namens „SERE“ hat dazu geführt, dass auch heute noch Messer und Firestarter mit dem Branding „SERE“ im Umlauf sind, die nicht auf die Firma Al-Mar zurückgehen.
ESEE Junglas 2
Allmählich wurde aus dem RTAK ganze Messerserie. Gefertigt wurden die Messer ausschließlich bei der Ontario Knife Company. Bald zeigten weitere Hersteller Interesse. Tops Knives produzierte das „Laser Strike“ und die steigende Nachfrage führte schließlich zur Gründung der Firma ESEE Knives.
Das ursprüngliche RTAK wird in einer überarbeiteten Version (RTAK 2) heute noch von der Ontario Knife Company gefertigt; bei ESEE Knives ist es nicht im Programm. An seine Stelle ist das Modell „Junglas“ (sprich: Hoonglas) getreten. Es ist eine Weiterentwicklung des RTAK und in den Entwurf flossen Erfahrungen von Jeff und Mike bei der kolumbianischen Spezialeinheit für Anti-Drogen-Kampf ein. Diese Einheit trägt den Namen „Compañía Jungla Antinarcóticos“ (Colombian Jungla Special Operations Forces) und ist Pate für den Namen des Messers.
Das große Junglas ist mit einer Gesamtlänge von fast 42 Zentimetern und eine Klingenlänge von rund 270 Millimetern ein mächtiges Messer. Ihm steht mit dem Junglas 2 ein zwei Zoll kleinerer Bruder zur Seite, der nicht weniger potent ist, aber als Survival- und Outdoor-Messer für europäische Messerfans perfekt geeignet erscheint.
Technische Daten des ESEE Junglas 2
- Gesamtlänge: 369 mm (14,5″)
- Klingenlänge: 213 mm (14.5″)
- Klingenhöhe: 495 mm (~2“)
- Klingenstärke: 4;8 mm (0.188“)
- Klingenstahl / Härte: AISI 1095, 56 +/-1 HRC
- Beschichtung: Pulverbeschichtung, schwarz
- Gewicht: 561 g (19,8 ounces)
- Griff: Micarta
- Zubehör: Kydex-Scheide
Das Junglas 2 von ESEE Knives
Siebenunddreißig Zentimeter Messer mit mehr als zwanzig Zentimetern Klingenlänge ergeben ein mächtiges Schneidwerkzeug. Schon vom Konzept her durchbricht das Junglas 2 die Grenze zur Machete. Es ist dafür gedacht, sich notfalls eine Schneise durch dichte Vegetation zu schlagen oder -was in Europa eher selten vorkommt – eine Koka-Plantage zu zerstören. Dabei ist es stabiler als viele Macheten und im Gegensatz zu diesen auch für alle „normalen“ Schneidaufgaben bestens geeignet.
Der Klinge besteht aus dem Kohlenstoffstahl AISI 1095. Dieser Stahl enthält neben Eisen etwa ein Prozent Kohlenstoff, etwas Mangan sowie Spuren von Schwefel und Phosphor. Im Zeitalter pulvermetallurgischer Wunderstähle scheint der Einsatz von AISI 1095 ein Anachronismus zu sein, doch bei einem großen Survival-Messer sprechen gute Gründe für diesen Stahl.
C | Mn | Si | S | P |
---|---|---|---|---|
1,0 % | 0,45 % | 0,20 % | 0,025 % | 0,05 % |
Bei der Wahl eines Klingenstahls für ein großes Messer mit feststehender Klinge muss man für jeden Vorteil auch einen Nachteil in Kauf nehmen. Die meisten pulvermetallurgischen Stähle scheiden aus, weil die Klinge eines Survival-Messers bei brauchbarer Härte nicht mehr ausreichend bruchsicher wäre, wenn die lange Klinge als Machete oder Axt eingesetzt wird.
CPM-M4 könnte in Sachen Zähigkeit mit dem „guten, alten“ AISI 1095 locker mithalten, wäre aber unter Survival- oder Einsatzbedingungen kaum nachschleifbar. Die Vorteile von AISI 1095 sind Stabilität und Zähigkeit, seine gute Nachschärfbarkeit und die Möglichkeit, die Schneide auch mit einfachen Hilfsmitteln auf extreme Schärfe zu bringen. Dafür muss man Abstriche bei der Schnitthaltigkeit machen und eine geringe Korrosionsträgheit in Kauf nehmen.
Trotzdem werden viele Schwerter, Macheten, Tomahawks und Survival-Messer auch heute noch aus AISI 1095 gefertigt, da für deren Einsatzzwecke die Vorteile überwiegen. Auch Ka-Bar verwendet bei seinem Klassiker, dem Modell USMC, bis heute AISI 1095. ESEE Knives schwört auf diesen Stahl und fertigt von Neckie bis zum Tomahawk alle Klingen aus AISI 1095. Bewusst reizt ESEE Knives die bei 1095 maximal erreichbare Härte von 67 HRC nicht aus und härtet den Stahl „nur“ auf 55-57 HRC, um die Klinge absolut bruchsicher zu machen.
Klingen aus Stählen mit geringer Korrosionsträgheit verlangen nach einer Beschichtung. Beim ESEE Junglas 2 erhält die Klinge eine Pulverbeschichtung.
Dabei wird per Sprühverfahren ein elektrostatisch aufgeladenes Pulver auf die vorbehandelte Klinge aufgebracht und anschließend im Einbrennofen bei rund 200 °C fixiert.
Unter der Hitzeinwirkung vernetzt sich die Pulverschicht mit dem Klingenstahl, was eine gute Abriebfestigkeit zur Folge hat.
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Je nach Körnung des Pulvers kann entweder eine glatte oder eine raue Oberfläche erzeugt werden. Die Beschichtung des ESEE Junglas 2 ist rau. Man spürt die Textur der Pulverbeschichtung deutlich, wenn man mit einem Finger über das Klingenblatt fährt. Die Wahl einer groben Textur dient nicht der optischen Schönheit der Klinge, sondern hat zwei praktische Gründe: Einerseits reflektiert die strukturierte Oberfläche weniger Licht als eine glatte Oberfläche und andererseits gleitet die Klinge geschmeidiger durch das Schnittgut.
Zwei Griffschalen aus Micarta sind mit dem Erl verschraubt und lassen sich zur Reinigung demontieren oder bei Beschädigung ersetzen. Der Griff des ESEE Junglas 2 ist nicht minder voluminös wie die Klinge. Die Länge der Griffschalen beträgt 143 Millimeter und mehr als zehn Zentimeter stehen als Platz für die Finger zwischen Guard und Rear Bolster zur Verfügung. Damit ist der Griff für mittelgroße bis große Hände geeignet und mit dicken Winter- oder Einsatzhandschuhen finden die Finger ausreichend Platz.
Der lange Griff mit seiner leicht gebogenen Oberseite ermöglicht, das Messer zum Schneiden weiter vorn oder zum Hacken etwas weiter hinten zu greifen. In beiden Fällen ist die Handlage bequem und das Messer kann sicher gehalten werden.
Der lange Griff und der am hinteren Ende herausragende Erl wirken sich positiv auf die Balance des Messers aus. Trotz der langen, hohen Klinge ist das Junglas 2 bei Weitem nicht so kopflastig, wie es aussieht. Obwohl die Fingermulde für den Zeigefinger nur angedeutet ist, lässt sich der Griff fest in der Faust verkeilen, wenn man den Daumen auf den Klingenrücken legt. Ein Jimping ist nicht vorhanden und wird durch die raue Pulverbeschichtung auch nicht vermisst.
ESEE Knives Junglas 2 – Qualität
In puncto Verarbeitungsqualität gibt sich das Junglas 2 keine Blöße. Die Pulverbeschichtung ist sehr gleichmäßig und erweist sich in der Praxis als überdurchschnittlich abriebfest. Der Klingenschliff kann sich sehen lassen. Die Schneide ist 212 Millimeter lang und sowohl seitensymmetrisch wie auch winkelstabil geschliffen. Die Schärfe liegt mit 9,5/10 im Bereich der Topklasse.
Das Micarta der Griffe wirkt sehr dicht und stabil. Innerhalb des hell-olivfarbenen Materials lassen sich schwarze Strukturen erkennen. Die Oberfläche verfügt über eine feine Riffelung und gewährt gute Rutschhemmung. Die Griffkanten sind gleichmäßig abgerundet und die Griffschalen perfekt an den Erl angepasst.
Das Junglas 2 wird in einer Kydex-Scheide getragen. Nicht selten sind die Kydex-Scheiden großer Outdoor-Messer von zweifelhafter Qualität, doch die Kydex von ESEE Knives gehört in die absolute Topklasse. Sie ist nicht nur aufwendig hergestellt und sehr gut verarbeitet, sondern bietet auch zahlreiche Befestigungsmöglichkeiten am Körper oder an der Ausrüstung.
Die Kydex-Scheide ist mit einer stabilen Basis aus Cordura verschraubt. Das mehrlagige Cordura ist sehr steif und verfügt am oberen Ende über eine 85 Millimeter breite Lasche, mit der sich das Messer am Gürtel befestigen lässt. Die Lasche schließt per Klettverschluss und kann durch einen Kordelzug zusätzlich gegen unbeabsichtigtes Öffnen gesichert werden.
Die Anpassung der Kydex-Scheide ist perfekt. Das Junglas 2 sitzt spielfrei und lässt sich mit geringem Kraftaufwand ziehen.
Der Griff des Junglas 2 wird durch eine Cordura Schlaufe mit Druckknopf gesichert. Die Schlaufe ist in der Länge verstellbar und lässt sich so perfekt an den Griff anpassen. Umständliches Gefummel beim Öffnen und Schließen des Druckknopfes ist ein Ärgernis, dass mir schon viele Fixed Blades verleidet hat. ESEE Knives umgeht das Problem elegant durch eine simple Schlaufe mit Verstellung per Klettband. Eine genauso einfache wie gute Lösung!
Die Lochabstände der Hohlnieten passen für die Montage eines Teklok, aber kaum jemand wird das Junglas 2 so hoch am Gürtel tragen wollen. Die Hohlnieten dienen eher als Befestigung für einen Kordelzug, wenn man das Messer an der Ausrüstung befestigen möchte. Auf der Rückseite der Cordura Basis befindet sich eine 260 Millimeter langer Gurt, der Molle-kompatibel ist und sich an einem PALS Webbing befestigen lässt.
ESEE Junglas 2 – Praxis, Preis und Bewertung
Der Listenpreis für das ESEE Junglas-2 beträgt 309,- US-Dollar, doch der Straßenpreis liegt deutlich darunter. Im deutschsprachigen Online-Handel ist das Messer einschließlich Kydex-Scheide schon für wenig mehr als 200 Euro erhältlich.
Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist stimmig und man erhält ein nahezu unverwüstliches Messer, auf das man sich in jeder Lebenslage verlassen kann. Die Kydex-Scheide mit der Cordura Basis ist ein echtes Highlight und diese Konstruktion darf sich mit Fug und Recht Referenzklasse nennen. Unter dem Blickwinkel der Praxistauglichkeit habe ich bisher noch nichts Gleichwertiges gesehen.
ESEE Knives gehört zu den wenigen Messerherstellern, die ihren Kunden unbeschränkte Garantie auf Lebenszeit gewähren. Die Garantie umfasst alle Komponenten und gilt auch dann, wenn das Messer über den Gebrauchtmarkt erstanden wurde.
In der Praxis löst das ESEE Junglas 2 jede denkbare Aufgabe aus den Bereichen Schneiden, Hacken, Spalten mit Bravour. Vom Batoning bis zum Schnitzen einer Kerbe (am Auslöser einer Kleintierfalle) lässt sich das Messer problemlos einsetzen. Dabei überrascht immer wieder, dass das Junglas 2 trotz seiner beachtlichen Größe über gute Handling-Eigenschaften verfügt und dass die Schnittführung gut kontrollierbar ist.
Die Klingenbeschichtung hat einige Wochen der Benutzung ohne nennenswerte Spuren überstanden und auch alle anderen Komponenten haben sich als widerstandsfähig erwiesen.
Das Junglas 2 ist ein perfektes Survival-Messer für alle Outdoor-Fans, die große Klingen mögen. Es ist gleichzeitig simpel und gut durchdacht, verzichtet optisch wie technisch auf unnötigen Schnickschnack und lässt bei Qualität und Verarbeitung keine Wünsche offen. Wenn ich auf Expedition, Wanderurlaub oder gar in ein Survival-Training gehen würde und nur ein Messer mitnehmen dürfte, würde ich ohne zu zögern das ESEE Junglas 2 wählen.
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Links und Bewertung
- Hersteller: ESEE Knives
- Outdoor und Training: Randall’s Adventure & Training
- Knife-Blog Thema: Outdoor-Messer
- Im Dschungel: The white powder war (in Englisch)
- Pro & Contra: Wie Knife-Blog wertet