Auch Jahre nach dem ersten Artikel auf Knife-Blog über gefälschte Messer ist das Thema unvermindert heiß. Die Aktivitäten der Fälscher haben sich verlagert. Waren vor einigen Jahren noch die „Brot & Butter“ Modelle von Spyderco, Benchmade oder Böker im Fokus der Fälscher, sind es heute Modelle von Shirogorov, Strider oder Chris Reeve. Gefälschte Messer sind aktueller denn je, denn Plagiate von Mick Strider Customs und Messer im Stil von Greg Medford tauchen immer häufiger in Foren und Facebook-Gruppen auf. Der Artikel listet Messermodelle auf, bei denen man auf dem Gebrauchtmarkt extrem vorsichtig sein sollte.
Inhalt und Übersicht
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Gefühlt hat die Zahl der gefälschten Messer in den letzten Jahren eher zu- als abgenommen. Auch wenn einige Medien und Hersteller das Problem totschweigen oder herunterspielen, vielen Messerfans brennt das Thema gewaltig unter den Fingernägeln. Viele der Plagiate sind in den letzten Jahren in die Messerszene eingesickert, wurden nicht bei dubiosen Internet-Händler bestellt, sondern von privat über Foren und Facebook-Gruppen gekauft. Heute liegen sie als vermeintliche Originale in Schubladen und Vitrinen.
Heute kommt einem die Zeit, in der man Fälschungen mit einer einfachen Briefwaage entlarven konnte, wie das Paradies vor. Inzwischen haben die Kriminellen technisch massiv aufgerüstet. Perfekt gefräste Titan-Oberflächen gehören mittlerweile genauso zum Fälscherhandwerk wie Black-Wash Finish oder fein satinierte Klingen. Mit zigtausend Euro teuren 35 Watt Lasern ahmen Fälscher die Lasergravuren der Originale täuschend echt nach. Ein Großteil der minderwertigen Klingenstähle aus chinesischer Produktion (9Cr13MoV etc.) wurde inzwischen durch D2 und in manchen Fällen sogar durch S35VN ersetzt.
Selbst ausgiebige Schnitttests, Härtemessungen der Klinge und Materialanalysen können aktuelle Fälschungen nicht in allen Fällen sicher entlarven. Beim Anodisieren schwächeln die Fälscher heute kaum mehr und produzieren aufwendig colorierte Titan-Griffschalen, wie sie zum Beispiel für Messer von Mick Strider, Shirogorov oder Greg Medford typisch sind. Customs im Stil berühmter Messermacher zu fälschen ist für Kriminelle einfacher und lukrativer als Serienmesser exakt zu kopieren. Durch die weitgehende Annäherung an einen Stil, das Aufbringen der richtigen Lasergravuren und einen perfekt gefälschten Taschenclip als Zugabe lassen sich viele Messerfreunde von der angeblichen Echtheit eines Messers überzeugen.
Bereits seit 20017 zeichnet sich die Tendenz ab, dass Plagiate von Spyderco oder Zero Tolerance Messern nur noch von fachkundigen Augen durch kleine Abweichungen im Schriftschnitt oder dem Farbton der Lasergravuren entlarvt werden konnten. Heute ist das kaum noch möglich. Die aktuellen Fälschungen von Messern mit dem „ZT“ Logo imitieren die Lasergravuren perfekt. Als im vergangenen Jahr Listen mit von Fälschern verwendeten Seriennummern im Internet veröffentlicht wurden, zogen die Fälscher innerhalb weniger Wochen nach und statteten ihre Fakes mit neuen, teilweise fortlaufenden Seriennummern aus.
Im Gegensatz zu früheren Artikeln gebe ich keine Anhaltspunkte mehr, wie man Original und Fälschung unterscheiden kann. Der Grund ist einfach: Die Kriminellen justieren ihre Fälschungen mittlerweile so schnell nach, dass ich ihnen ungewollt in die Hand spielen würde. Wenn eine Modifikation erfolgt, die bei Knife-Blog noch nicht erwähnt ist, könnte der Unterschied dazu beitragen, dass ein Leser die Fälschung genau deshalb nicht erkennt. Abgesehen davon ergibt es keinen Sinn, die letzten Unterscheidungsmerkmale offen ins Netz zu stellen.
Wer ausschließen möchte, auf eine Fälschung hereinzufallen, kann sich im Knife-Blog Artikel „Messerhandel im Internet“ über gängige Praktiken und Risiken informieren.
Fake Knives – Strider
Die US-Firma Strider ist seit Jahren überdurchschnittlich von Fälschungen betroffen. Gründe sind der hohe Bekanntheitsgrad der Marke, der einfache Aufbau der Messer sowie das hohe Preisniveau bei neuen und gebrauchten Messern. Dadurch ist eine „Schnäppchenjägerszene“ entstanden, die – hauptsächlich bei Online-Auktionen – gierig auf günstige Strider Messer lauert. Genau diese Klientel bildet die Zielgruppe der Fälscher. Um die Sparfüchse noch mehr zu locken, legen die freundlichen Verkäufer dem gefälschten Messer manchmal noch ein – natürlich genauso falsches – Strider Tool bei.
Hinsichtlich gefälschter Strider Messer ließen sich in den letzten zwei Jahren zwei Entwicklungen beobachten. Während früher hauptsächlich die Basismodelle von SnG und SMF mit G-10 Griffschalen gefälscht wurden, tauchen heute vermehrt Messer mit aufwendiger Oberflächenbearbeitung und Titangriffschalen auf.
Der zweite Trend betrifft Fantasiemodelle. Die Fälscher setzen darauf, dass sich nur wenige Messerfans in der komplexen Modellhierarchie von Strider auskennen und Fälschungen kaufen, denen sich überhaupt kein Original zuordnen lässt. Die optische Nähe zum typischen Strider Stil sowie der Firmenname auf dem Ricasso reichen offenbar aus, eine erkleckliche Zahl gutgläubiger Käufer zu finden.
Fakes 2.0! Nach den Standardmodellen haben sich die Fälscher die Performance Reihe vorgenommen. Beim Griffmaterial handelt es sich wie beim Original um 6Al4V Titan. Auch an der Frästechnik ist der Fake nicht erkennbar. Bei den Klingenstählen der gefälschten Performance Modelle gibt es eine große Bandbreite, die von chinesischen Billigstählen über 440C bis zu D2 reicht.
Seit Kurzem kursiert eine Variante des SnG Performance, dessen Klingen angeblich aus S35VN hergestellt werden. Zweifel sind angebracht: Warum sollte jemand, der Messer fälscht, korrekte Angaben zum verwendeten Klingenstahl machen?
Fake Knives – Spyderco
Beim Spyderco Dragonfly 2 wird klar, dass sich Plagiate auch bei Messern mit Ladenpeisen deutlich unter 100 Euro immer noch lohnen. Die Lasergravur am Ricasso haben die Fälscher auf diesem Foto selbst unkenntlich gemacht, da sich dort ein Unterscheidungsmerkmal zum Original verbirgt. Das in die Klingenmitte gelastere „H1” (Klingenstahl) ist hingegen gut gelungen. Eine Überraschung wird freilich erleben, wer den vorgeblichen H1-Stahl mit Salzwasser in Kontakt bringt. Der beim Plagiat verwendete Stahl ist alles andere als rostträge.
Während der IWA Outdoor Classics 2017 hatte ich verschiedene Hersteller auf das brisante Thema Fälschungen angesprochen. Auch auf der Messe bestätigte sich der Eindruck, dass einige Hersteller aggressiv gegen Fälscher vorgehen, während andere Produzenten auf die Vogel-Strauß-Politik setzen. Statements vor laufendem Aufnahmegerät waren selten, nur Spyderco Boss Eric Glesser fand am Sonntagmorgen auf der IWA deutliche Worte.
„Wir tracken die Fälschungen, versuchen sie zu einer Person oder einer Firma zurückzuverfolgen. Spyderco beschäftigt mittlerweile in vielen Ländern Detektive und Anwälte, die unsere Interessen wahrnehmen”, gibt Eric unbefangen Auskunft. „Mein Goal ist nicht, eine Handvoll Fälschungen beim Zoll beschlagnahmen zu lassen, mein Goal ist, diese Typen am Kragen zu packen.” Man merkt Eric den Ärger an als er fortfährt: „Glaub mir“, sagt er mit leiser Stimme, „jeder, den wir aus dem Verkehr ziehen, und wir ziehen viele aus dem Verkehr, ist für mich ein persönlicher Triumph.“
Während sich das Gespräch mit Eric Glesser auf andere Themen verlagert kommt ein IWA Besucher an den Spyderco Stand und lässt eine Bemerkung über gefälschte Spyderco Messer im nächsten Gang fallen. Eric Glesser und Michael Janich stürmen los und tatsächlich, ein Hersteller aus China hat drei „Varianten“ des Spyderco Military im Angebot. Anschaulicher kann man die Problematik wohl nicht darstellen.
Fake Knives – Shirogorov
Die russische Nobelmarke darf den zweifelhaften Ruhm für sich in Anspruch nehmen, in Rekordzeit zur Lieblingsmarke der Fälscher aufgestiegen zu sein. Es gibt kaum ein Messermodell von Shirogorov, von dem nicht mindestens eine Fälschung im Umlauf ist. Vom bekannten Modell „T95” kursieren mittlerweile gut ein halbes Dutzend mehr oder weniger ernst zunehmender Fälschungen.
Auch beim Shirogorov Neon agieren die Fälscher clever und umgehen die aufwendige Frästechnik der Originale. Stattdessen greifen sie auf gleichmäßig anodisierte Titan-Griffschalen zurück, die sich preiswert in großer Stückzahl produzieren lassen. Immerhin darf der geprellte Kunde seine Lieblingsfarbe wählen.
Manche Shirogorov Fake Knives kann man nur als plump bezeichnen, andere orientieren sich, wie bei Strider, nur am Stil des Herstellers und werden durch das Aufbringen des Firmenlogos zur Fälschung. Wirklich gefährlich ist die dritte Gruppe. Diese Messer sehen dem Original täuschend ähnlich und die Bearbeitungsqualität der Komponenten liegt auf dem Niveau namhafter Hersteller.
Ich kann es hinter der Stirn einiger Leser emsig knirschen hören. Mit wenig Kapitaleinsatz mal vor den Messerkollegen den großen Zampano geben – dieser Gedanke scheint für manche Zeitgenossen unwiderstehlich zu sein. „Warum noch ein Original von Shirogorov, Reeve oder Strider kaufen, wenn man die Kopie für einen Bruchteil des Preises bekommt, die Klinge aus ordentlichem Stahl besteht und vor allem kaum ein Risiko besteht, mit der Fälschung aufzufliegen?“
Zu kurz gedacht, mein Freund! Innovation, Weiterentwicklung, technischer Fortschritt, Arbeitsplätze, Steuereinnahmen und damit auch Sozialleistungen, Rente und am Ende das eigene Gehalt werden nicht von Fälschern finanziert. Finanziert wird es von den Leuten, die Messer entwickeln, sie nach hohen Qualitätsansprüchen herstellen, einen Schleif- und Reparaturservice anbieten, ihren Mitarbeitern faire Löhne bezahlen und am Ende ihren Kunden vielleicht sogar noch lebenslange Garantie für das Produkt gewähren.
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Fälscher hängen sich nur an den Erfolg, den sich andere Leute mühevoll erarbeitet haben. Markenpiraterie in Sachen Messer ist nicht nur eine kriminelle Handlung, es ist darüber hinaus im höchsten Maße ehrlos. Wer sich selbst clever fühlt, weil das gefälschte Reeve, Zero Tolerance oder Schanz nur einen Bruchteil des Originals gekostet hat, bleibt trotz des gesparten Geldes unendlich arm.
Fake Knives – Chris Reeve
Das Sebenza 21 ist seit vielen Jahren einer der begehrtesten Framelock Folder weltweit. Ebenso lange gibt es Plagiate dieses Klassikers. In früheren Jahren waren sie zumeist auf den allerersten Blick erkennbar, heute müssen selbst ausgewiesene Fachleute oft zweimal hinsehen. Die „besten” Fälschungen kommen mit farblich identischen Titan-Griffschalen und angeblichen S30V Klingen daher. Selbst der für Reeve typische Lanyard fehlt nicht und ist sogar korrekt gebunden.
Andere Sebenza Fake Knives sind auf den ersten Blick erkennbar. Manche besitzen CGG ähnliche Verzierungen, zu denen es kein entsprechendes Original gibt. Eine augenscheinlich korrekte „Birth Card” ist übrigens kein Hinweis auf ein Original. Echtheitszertifikate werden mittlerweile mindestens genauso gut imitiert wie die Messer selbst.
Fake Knives – Zero Tolerance
Wie Spyderco gehört auch Zero Tolerance zu den Herstellern von Serienmessern, die überdurchschnittlich stark unter den Fakes zu leiden haben. Die hohe Wertschätzung beider Marken hinsichtlich Qualität und Praxistauglichkeit durch Kunden in aller Welt macht sie zu einem Eldorado für Fälscher.
Wie schnell Fälscher auf neue Trends reagieren, zeigt sich an dieser Version des ZT 0560. Als Zero Tolerance von verschiedenen Modellen „Black Edtions” mit schwarzer Klinge und einer schwarzen G-10 Griffschalen an der Vorderseite herausbrachte, zogen die Fälscher unverzüglich nach. Dieses gefälschte Messer wird außer mit der sofort als Fälschung erkennbaren grünen G-10 Griffschale auch in Orange und Schwarz angeboten.
Kurz nachdem Zero Tolerance die Produktionseinstellung der Modellreihe 03xx bekannt gegeben hatte, stieg die Nachfrage in den einschlägigen Foren und Auktionshäusern nach diesem Messermodell spürbar an. Kaum vier Wochen später tauchten Fälschungen des Modells ZT0350 an allen Ecken und Enden auf. Teilweise mit höchst farbenfrohen Griffschalen und Klingenvariationen, die es in dieser Kombination beim Original nie gegeben hat.
Der Chef einer amerikanischen Messerfirma bringt es am Rand der IWA Outdoor Classics mit klaren Worten aber natürlich „Strictly off the Record“ auf den Punkt: „Messer in China fertigen zu lassen heißt, schon vor der Marktpräsentation Know-how zu transferieren. Viele meiner Landsleute sind nach China gegangen, um Lohnkosten zu sparen, und jammern heute rum, wenn ihre Designs plötzlich zum halben Preis auftauchen. ”
Fake Knives – Medford Knife and Tool
Dass auch die Firmen von Plagiaten betroffen sind, die einen weiten Bogen um chinesische Partner machen, zeigt sich am Beispiel von Medford Knife & Tool. Lustig und fast nicht ernst zunehmen sind die angeblichen Infraction Customs mit abenteuerlich gestalteten Aluminium oder Titan Griffschalen. Gekauft werden sie trotzdem.
Kein anderes Bild bei gefälschten Medford Praetorian und Praetorian T. Nicht alle sind durch die fehlende Blutrinne so leicht als Plagiat zu erkennen wie die Messer auf den Fotos. Tatsächlich wurden die Bilder seitens der Fälscher manipuliert. Sieht man eine dieser Fälschungen in natura, ist die Blutrinne vorhanden und auch die Breite der vier Fingermulden stimmt mit dem Original überein.
Achtung Binsenweisheit! Wer Messer fälscht, fälscht auch Fotos. Bei vielen Angeboten aus Fernost fällt auf, dass Details der Fake Knives retuschiert werden. Dadurch soll einerseits die Rückverfolgung bestimmter Modelle zur Quelle erschwert werden und andererseits versuchen die Fälscher, den Grad der Übereinstimmung mit dem Original kleiner erscheinen zu lassen, als er tatsächlich ist.
Außerdem bewirken die Fälscher, dass keine Bilder ihrer Plagiate bei der Internet-Recherche durch misstrauische Interessenten auffindbar sind. Wenn man das Messer aus der Anzeige oben bestellt, erhält man die Fälschung auf dem Bild rechts.
Fake Knives – Customs von Mick Strider
Ein SnG mit 3/4 Grind, ein Dagger oder ein SMF mit Nightmare Grind stehen bei vielen Messerfreunden weit oben auf der Wunschliste. Seltenheit und Preis der Messer lassen diese Träume jedoch für viele Messerfans Träume bleiben. Manch einer greift dann gerne zu, wenn das Messer ein Fantasieprodukt ist und nur der Stil des Herstellers kopiert wurde.
Obwohl beide Fake Knives in Sachen Verarbeitungsqualität zugegebenermaßen auf sehr hohem Niveau liegen – vorzeigen kann man sie nicht. Jeder Strider-Dummie wird die Messer, unter anderem wegen des Steel-Inserts an der Lockbar, bereits aus zehn Meter Entfernung als Plagiate erkennen.
Inzwischen fällt auf, dass die Geschäfte offenbar blenden laufen und die Fälschern ihre Preise deutlich angehoben haben. Die Zeit der Billig-Schnäppchen im Asia-Laden ist vorbei! Viele Plagiate sind längst in die mittlere Preisklasse aufgerückt – manche kosten deutlich über 100 Euro. Für Fake Knives wie das Strider mit den blau anodisierten Titan-Griffschalen werden stolze 168,- Euro verlangt. Dafür könnte man sich problemlos ein gutes Messer zulegen, das nicht vorgibt etwas zu sein, was es nicht ist.
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Links
- Knife-Blog Thema: Gefälschte Messer
- Knife-Blog Artikel: Strider Knives