Olamic Cutler Busker

Busker von Olamic Cutlery

Nach dem Ärger der letzten Wochen rund um Gesetzesverschärfungen, Politiker-Statements, Facebook-Zensur und Hacker-Attacken kommt es einer Erholung gleich, mal wieder einfach nur über ein Messer zu schreiben. Und dafür habe ich mir ein ganz besonderes Schmuckstück bereitgelegt: ein Busker von Olamic Cutlery mit M390 Klinge und einem höchst außergewöhnlich gestalteten Griff.

OC Busker: Timascus oder was?

Die Griffschalen ziehen Blicke fast magisch an. Titan-Damast werden viele Messerfans denken, wenn sie dieses Busker von Olamic Cutlery zum ersten Mal sehen. Ja, die Optik ist täuschend ähnlich, aber von Titan-Damast keine Spur! In Wirklichkeit besitzt das Busker normale Titan-Griffschalen, deren spezielle Bearbeitung samt Hochglanz-Finish sofort Assoziationen mit Titan-Damast wecken.

Umgangssprachlich ist der Begriff “Timascus” weit verbreitet, aber dabei handelt es sich nicht um eine reine Materialbezeichnung, sondern um eine Handelsmarke.

Timascus wurde im August 2017 von Alpha Knife Supply LLC unter der Registriernummer 5418102 in den USA als Trademark eingetragen (links↑) . Kein Hersteller darf den Begriff “Timascus” ohne Lizenz verwenden. Die besondere Herstellungstechnik, Titan so zu bearbeiten, dass es optisch von Titan-Damast auf den ersten Blick kaum zu unterscheiden ist, hat Olamic Cutlery selbst entwickelt.

Natürlich ist das Herstellungsverfahren ein Betriebsgeheimnis und wird gehütet wie der sprichwörtliche Augapfel. Kein einziges Wort, kein Nicken und kein Kopfschütteln lässt sich Firmenchef Ilya Solomonik auf der IWA Outdoor Classics 2019 beim Versuch entlocken, ein klein wenig über die Herstellung dieses Griffes zu erfahren.

Während der knapp zwei Stunden, in der ich mit Ilya an seinem Stand spreche, drücken sich Messebesucher aus aller Herren Länder an der Vitrine von Olamic Cutlery die Nasen platt. Jeder ist von diesem Finish fasziniert und viele stellen Fragen nach dem Griff, der vermeintlich aus “Timascus”. besteht.

Der Griff dieses Busker wirkt, als bestünde er vollständig aus Titandamast.

Olamic Cutlery Busker, Griff

Alle Fragesteller bekommen die gleiche Antwort wie ich: „Yeah, it looks like Timascus, but it isn’t. We developed a special treatment for the titanium surfaces. Thats all I can say!“ (“Ja, es sieht aus wie Timascus, aber es ist Titan. Wir haben eine spezielle Oberflächenbehandlung für Titan entwickelt. Das ist alles, was ich dazu sagen kann.”)

Die Zurückhaltung ist mehr als verständlich, denn mit diesem Titan-Finish besitzt die kleine Firma aus dem kalifornischen Mountain View ein Alleinstellungsmerkmal in der Messerwelt.

Die Firma Olamic Cutlery

Hinter der 2010 gegründeten Firma stehen Eugene Solomonik und sein Vater Ilya. Während Ilya der Handwerker und technische Kopf hinter Olamic Cutlery ist, repräsentiert Eugene das Familienunternehmen nach außen. Eugene ist das Gesicht der Firmen in den sozialen Medien und auf Messen. Daher war es spannend und sehr interessant, in diesem Jahr seinen Vater Ilya kennenzulernen und ein wenig über seine russischen Wurzeln, seine Philosophie des Messermachens und geplante Messermodelle zu erfahren.

Olamic Cutlery gehört zu den wenigen Messerherstellern, die man in einem Atemzug mit Chris Reeve Knives nennen darf. Zwar sind letztgenannte – vor allem in Europa – um ein Vielfaches prominenter und haben auch deutlich höhere Produktionszahlen, hinsichtlich Modellpolitik und Produktqualität dominieren jedoch die Gemeinsamkeiten.

Olamic Cutlery Busker, open
Selbst als Silhouette ließe sich die markante Form des Busker problemlos identifizieren.

Wie Reeve stellt auch Olamic Cutlery nur eine überschaubare Anzahl von Modellen her, die dafür aber viele Jahre im Programm bleiben und deshalb ähnlich wertbeständig sind. Das bekannteste Messermodell von Olamic Cutlery ist das Wayfarer 247, das bereits ausführlich auf Knife-Blog vorgestellt wurde. Zur Qualität des Busker von Olamic Cutlery später mehr …

Olamic Cutlery Busker

Busker. Im Namen verbirgt sich ein kleines Wortspiel. In den USA bezeichnet man Straßenkünstler als „Busker“. Wo sie auftreten, sind sie bald von Zuschauern umgeben und dominieren die Szenerie. So soll es auch dem Busker von Olamic Cutlery gehen: Es ist straßentauglich – also ein EDC – und wo es auftaucht, zieht es viele Blicke an. Stimmt!

Viele Folder von Olamic Cutlery, vor allem das aufgrund seiner gut zehn Zentimeter langen Klinge etwas martialisch wirkende Modell Rainmaker, gehören zu den mittelgroßen bis großen Foldern. Das Busker ist mit einer Gesamtlänge von sechs Zoll oder 15,24 Zentimetern das kleinste Taschenmesser im Portfolio von Olamic Cutlery (Klingenlänge: 6,0 Zentimeter).

Busker von Olamic Cutlery - geschlossen

Das Busker von Olamic Cutlery ist ein typisches Drei-Finger-Messer, bringt aber eine potente Klinge mit.

Der Zeigefinger liegt in der großen Fingermulde hinter der Klingenwurzel, während Mittel- und Ringfinger Platz am hinteren Bogen des Griffs finden. Der kleine Finger liegt bequem hinter dem Griff und verhindert, dass das Busker beim Schneiden nach hinten in die Faust rutscht.

Beim Handling überrascht das Busker positiv. Mit Handschuhgröße 9.5 bin ich natürlich für die Handhabung kleiner Folder nicht gerade prädestiniert, aber mit dem Busker komme ich im EDC-Alltag ausgezeichnet zurecht. Dazu tragen sowohl die ergonomisch gelungene Form des Griffs wie auch die auf allen Seiten deutlich abgerundeten Griffkanten bei. Das Handgefühl ist angenehm. Als Preis für die feine Titan-Damast-Optik und seine polierte Oberfläche muss man allerdings eine reduzierte Rutschhemmung in Kauf nehmen.

Das Busker – Design und Technik

Endlich mal kein Flipper, wird der eine oder andere Leser wohl erleichtert feststellen. Flipper stellen gefühlt inzwischen die absolute Mehrheit bei Titan-Framelock Foldern und nicht jeder Messerfan kann sich mit dem charakteristischen Kicker an der Klingenwurzel anfreunden.

Das Busker ist auch kein lupenreiner Front-Flipper, obwohl ein vorn am Griff überstehendes Jimping diesen Verdacht nahelegt. Natürlich lässt sich die Klinge durch einen Druck auf dieses Jimping anheben, mit etwas Übung lässt sie sich auch flippen, aber nach meinem Gefühl bevorzugt das Busker eher die gemütliche Variante des Öffnens. Dabei übt man wenig Druck aus und schiebt das Jimping lässig über den Griffansatz, wobei die Klinge geschmeidig ins Lock gleitet.

Das funktioniert mit einer fließenden Bewegung, ist durchaus sozialverträglich und macht dazu noch richtig Spaß. Alternativ kann man auch die Klingenbohrung als Anker für eine Fingerkuppe nutzen und das Busker wie ein normales Einhandmesser öffnen.

Busker von Olamic Cutlery
Das Busker von Olamic Cutlery gibt ein brauchbares EDC ab

Der Detent des Busker von Olamic Cutlery ist nicht überdurchschnittlich straff, hält aber die Klinge sicher und es benötigt ein klein wenig Übung, um die Klinge mit einem Finger elegant anzuheben. Der Spielfaktor dieses kleinen Messers ist beachtlich und nach kurzer Zeit findet man auch die Variante, die Klinge höchst elegant mit dem Daumengrundgelenk zu öffnen.

Beim Design haben die Jungs von Olamic Cutlery nichts liegengelassen. Die Form des kleinen Folders wird durch den s-förmigen Bogen des geöffneten Messers und die wie eine Raubvogelnase abfallende Swedge dominiert. Der Bogen des Klingenrückens geht beim geöffneten Messer exakt in den Bogen des Griffs über. Auch die Proportionen von Klinge und Griff stimmen, was man nicht von jedem kleinen Folder sagen kann.

Die technische Ausstattung ist lückenlos und hochwertig. Der Detent-Ball an der Innenseite des Lock-Arm besteht nicht aus Stahl, stattdessen kommt eine weiße, ultraharte Keramikkugel zum Einsatz. Verschleiß oder ein nachlassender Detent ist also auch nach jahrelangem Gebrauch nicht zu befürchten. Eine Überdehnsperre schützt den Lock-Arm. Beides ist auf einer mit zwei Schrauben fixierten, auswechselbaren Grundplatte verbaut.

Die Klinge läuft in einem gekapselten Kugellager. Die Abstände zwischen beiden Griffschalen und der Klinge betragen kaum einen Millimeter und das Lager ist selbst mit einer Lupe im Gegenlicht kaum zu erkennen. Entsprechend überzeugend ist der Klingengang: sanftes Gleiten ohne das geringste axiale Spiel.

Das Busker mag aufgrund seiner Größe filigran wirken, aber es ist alles andere als instabil oder zerbrechlich. Mit einer Stärke von 3,5 Millimetern ist die Klinge für ein Messer dieser Größe solide dimensioniert. Die beiden Titan-Griffschalen sind 3,3 Millimeter stark und über die Klingenachse sowie dreifach am Backspacer miteinander verbunden. Das Busker verfügt über einen sehr stabilen Rahmen, eine belastbare Klinge und fürchtet sich vor keiner Alltagsaufgabe.

Böhler M390
C Cr V Mo Mn Si W
1,90 % 20,0 % 4,0 % 1,0 % 0,30 % 0,7 % 0,60 %

Mit dem pulvermetallurgischen M390 Stahl von Böhler-Uddeholm verfügt das Busker über einen der besten Klingenstähle unserer Zeit. Der Anschliff der Klinge ist seitensymmetrisch und winkelstabil. Das kleine EDC ist sehr scharf und bringt es beim Anschliff auf respektable 9,5 von 10 möglichen Punkten.

Modellvarianten des Busker von Olamic Cutlery

Den bereits angesprochenen Gemeinsamkeiten von CRK und Olamic Cutlery bei Modellpolitik und Qualität steht ein großer Unterschied hingegen. Während jedes Small Sebenza, abgesehen von Sondermodellen mit Inlays, identisch aussieht, gleicht kaum ein Busker dem anderen.

Olamic Cutlery hat einen „Messerbaukasten“ (links↑) entwickelt, der die weitgehende Individualisierung jedes Messermodells ermöglicht. Bereits bei der Klingenform stehen für das Busker sechs Varianten zur Auswahl (Semper, Largo, Gusto, Vampo, Damast Semper und Damast Largo). Die Klingenlänge bleibt dabei unverändert und abgesehen von den Damast-Modellen kommt immer M390 zum Einsatz.

Busker, Klingenformen

Die Klingenformen des Busker: Vampo, Gusto, Largo und Semper (v.l.n.r.)

Die vier Klingenformen und zwei Damastversionen können mit fünf Finish-Varianten kombiniert werden (Satin, Light Stonewash, Dark Stonewash, 2-Tone Light, 2-Tone-Dark). Auch Pocket Clip und Backspacer können auf unterschiedlichste Arten variiert werden. Dafür stellt Olamic Cutlery einen Konfigurator auf seiner Webseite zur Verfügung, über den sich jeder Kunde sein Wunschmodell zusammenstellen kann.

Doch damit nicht genug. Olamic Cutlery produziert neben Messern nach Kundenwunsch von jedem Messermodell auch Standardausführungen und Unikate. Letztere sind mit besonders aufwändigen gestalteten Griffvarianten ausgestattet und werden über den eigenen Shop, über Händler oder auf Messen verkauft.

Busker von Olamic Cutlery – Qualität

Wie in der Einleitung erwähnt, spielt Olamic Cutlery in Sachen Qualität ganz oben mit. Neben der Passion fürs Messermachen, die Vater und Sohn teilen, ist auch der überschaubare Mitarbeiterstamm dafür mitverantwortlich. Das kalifornische Unternehmen besitzt nur fünf Angestellte, die alle seit Jahren bei Olamic arbeiten.

Obwohl jeder Mitarbeiter alle Schritte in der Herstellung eines Messers beherrscht, ist jeder auf eine bestimmte Aufgabe spezialisiert.

Auf der IWA fällt mir der ungewöhnlich präzise Anschliff der Klingen aller Messer von Olamic Cutlery auf und ich frage welche Maschinen zur Klingenfertigung verwendet werden.

Ich denke an computergesteuerte Hochtechnologie und werde überrascht: Die Klingen erhalten ihr Finish und den Anschliff auf rotierenden Schleifsteinen, eine Tradition, die Ilya Solomonik aus seiner nordrussischen Heimat mit nach Amerika genommen hat.

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Bei Jagdausflügen In der Wildnis Kareliens ist dein Messer genauso wichtig wie dein Gewehr“, erklärt er mir Ilya voller Inbrunst, „wenn es versagt, hast du am Abend nichts zu essen“. Ilyas Lebenserfahrung fließt in Entwicklung und Produktion aller Messer bei Olamic ein und er hat seine Prinzipien an seinen Sohn und alle Mitarbeiter weitergegeben.

Eugene Solomonik erklärt die Firmenphilosophie so:

Olamic bedeutet „etwas Ewiges“ und genau das haben wir uns vorgenommen. Unser Ziel ist es, Erfahrungen aus der reichen Geschichte des ältesten Werkzeugs der Menschheit und der modernen Technologie zu vereinen, um ein überlegenes Produkt sowohl für den Gebrauch als auch für das Sammeln zu schaffen. Jedes Messer wird von einem erfahrenen Handwerker geschmiedet und montiert. Letztlich macht immer die Klinge das Messer, deshalb stellt ein Mann und keine Maschine die Klingen für die Messer von Olamic Cutlery her.

frei übersetztes Zitat (Anm. d. Red.)

Let’s talk money. Der Einstiegspreis für ein Busker mit M390 Klinge und anodisierten Titan-Griffschalen liegt in Europa knapp unter 400 Euro. Ab da geht es aufwärts. Mit steigender Exklusivität und Ausstattung steigt logischerweise auch der Preis und kann für ein Unikat mit Damastklinge rund aufwändiger Griffgestaltung das Doppelte des Basismodells betragen.

Nicht nur qualitativ, sondern auch preislich liegt das Busker von Olamic Cutlery auf Augenhöhe mit dem Small Inkosi von Chris Reeve Knives. Eine Frage für Messerfans lautet also: titangrau und distinguiert oder lieber bunt und fancy, lieber ein Messer von Stange oder ein Unikat? Beide Geschmacksfragen lassen sich im Review nicht klären und jeder muss sie für sich beantworten. Wer aber Spaß an perfekter Technik und gebrauchsfähigem Design hat und einen Hauch Exklusivität abseits der Masse sucht, ist beim Busker von Olamic Cutlery goldrichtig.

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In einem Satz:
Ein Hingucker, der auch mit Qualität und Alltagstauglichkeit punkten kann.
Klingenstahl
Anschliff
Design, Praxistauglichkeit, Sicherheit
Material- und Verarbeitungsqualität
Ergonomie und Justage
Preis-Leistungs-Verhältnis
4.6
Knife-Blog Wertung