TUYA Kingsman

TUYA Kingsman – Der König ist tot, es lebe…

Kingsman heißt eines der neuen Modelle von TUYA Knife und nicht nur der Name macht es zu einer Besonderheit unter den Titan Framelock Foldern. Dass es mit edlen Materialien versehen ist, versteht sich bei so viel royaler Attitüde von selbst. Doch ebenso spannend, wie Design, Material, ist die Geschichte hinter dem Messer. Das TUYA Kingsman ist eines der wenigen Messer, dass ursprünglich für eine bestimmte Person entwickelt wurde. Doch über diese Geschichte hinaus ist das TUYA Kingsman in jeder Hinsicht bemerkenswert und könnte ein Kandidat für den Titel „Messer des Jahres 2019“ werden.

Das TUYA Kingsman ist ein Titan Framelock Folder, ein Flipper mit einer schmalen, gestreckt wirkenden Klinge aus Böhler M390 Stahl. Die optische Erscheinung des Messers wird durch die Inlays aus Marbled Carbon und einem aufwendigen Muster auf den verbleibenden Flächen aus Titan geprägt. Alle Schrauben des TUYA Kingsman sind schwarz anodisiert, auch die Inlays besitzen eine dunkle Tönung, die eher in Richtung Anthrazit als in Richtung Carbon geht.

Das Titan von Griff und Taschenclip sind in einem Farbton anodisiert, der sich nur schwer in Worte fassen lässt. Matt silberfarben mit einer leichten Goldtönung beschreibt den Ton der Anodisierung wohl am besten, ohne dabei den Nagel wirklich auf dem Kopf zu treffen. Schon beim Unboxing ist klar: Hier kommt ein Messer, das weit aus der Masse heraussticht.

Die Titanoberfläche weist zwischen den Carbon Inlays und der Klinge eine enge Struktur aus eingefrästen, ovalen, leicht tropfenförmigen Vertiefungen auf. Die Fräsarbeit beeindruckt mit Präzision und scheint auf den ersten Blick ein zufällig gewähltes Dekor zu sein. Doch am TUYA Kingsman beruht nichts auf Zufall …

TUYA Kingsman

Namen, die ein Hersteller oder Designer seinem Messer verleiht, interessieren mich grundsätzlich. Manchmal bewahrheitet sich die Redensart „nomen est omen“ und der gewählte Name liefert einen guten Hinweis auf die Intention des Messermachers. Manchmal geht der Schuss auch nach hinten los und der Name offenbart eine unüberbrückbare Diskrepanz zwischen Wollen und Können. Egal wie es ausgeht: Spannend ist die Beschäftigung mit Namen in jedem Fall.

Kingsman ist ein mehr als ungewöhnlicher Name. King, also König, ist klar, aber WTF is a Kingsman? Der Begriff „Kingsman“ lässt sich weder mit König übersetzen, noch ist er ein Synonym für einen Getreuen des Königs. Selbst die mehrbändigen Wörterbücher für „Contemporary English“ liefern kein brauchbares Ergebnis.

TUYA Kingsman, front, open

Framelock Folder TUYA Kingsman

Man muss tief in die britische Militärgeschichte eintauchen, um die Hintergründe für den Begriff Kingsman zu klären. In der britischen und US-amerikanischen Armee lautet der unterste Dienstrang „Private“, was dem „Gefreiten“ in Deutschland entspricht. Nur im Regiment des Herzogs von Lancaster lautete der unterste Dienstrang nicht „Private“, sondern „Kingsman“ (Kgn). Damit sollte den einfachen Soldaten Anerkennung entgegengebracht werden, weil sie bereit waren, ihr Leben für König(in) und Vaterland zu opfern. Seit 1951 ist die Verwendung dieses Begriffs in der britischen Armee allerdings nicht mehr gestattet.

Tragische Entstehungsgeschichte

Die Entstehungsgeschichte des TUYA Kingsman ist noch mystischer als der Name des Messers. Als Kim, der (Mit-) Eigentümer von TUYA Knife in China, einen Freund besuchte, erfuhr er, dass der Vater des Freundes an Krebs erkrankt war und nur noch kurze Zeit zu leben hatte. Alle drei Männer waren durch das Hobby Messer seit Jahren verbunden. Spontan beschloss Kim, ein Messer für den Vater zu bauen und obwohl er keine Zeit verschenkte, erreichte das fertige Messer den Vater erst wenige Tage vor dessen Tod. Kim hatte das Modell „Kingsman“ getauft, denn das Messer sollte als geringster Diener den sterbenden König begleiten.

Von einem Serienmodell des Kingsman war zu dieser Zeit und in den folgenden Wochen keine Rede, doch dem Sohn gefiel das Messer so gut, dass er Kim bat, aus dem Kingsman Prototypen ein Serienmodell werden zu lassen. Die Messer der Kleinserie entsprechen optisch und technisch bis ins letzte Detail dem hier gezeigtem Prototypen.

Nur selten ist die Entstehung eines Messermodells so eng mit dem Leben, Wirken und Sterben der Beteiligten verbunden, wie im Fall des TUYA Kingsman. Auch emotional liegt der Level diesmal deutlich höher als bei einem gewöhnlichen Review. Die Geschichte des Kingsman steht für Leidenschaft, Tragödie, Freundschaft und menschliche Größe. Würde ich die Beteiligten nicht persönlich kennen, hätte ich kein Wort davon geglaubt.

Technik und Verarbeitung

Das TUYA Kingsman ist ein Flipper … Und was für einer! Ein leichter Druck auf den skelettierten Kicker befördert die Klinge spielerisch und mühelos ins Lock. Der Kraftaufwand zum Öffnen der Klinge ist ebenso niedrig wie zum Entriegeln des Framelocks. Das Messer benötigt keine Zeit, um sich einzulaufen, es funktioniert von der ersten Sekunde an. Bei Handling und Flipper-Eigenschaften kann das TUYA Kingsman vom Fleck weg überzeugen.

Die Klinge aus dem pulvermetallurgischen Böhler M390 läuft in einem Kugellager und misst 90 Millimeter. Sofort fällt der ungewöhnliche Anschliff ins Auge. Von der Spitze bis in den unteren Bereich der Klingenmitte besitzt das TUYA Kingsman einen Anschliff, den man als Symbiose aus Facette und Sekundärfase bezeichnen könnte. Optisch setzt dieser Anschliff ein Ausrufezeichen, praktisch macht er die Klinge schneidfreudiger und vermindert den Widerstand beim Gleiten durch das Schnittgut.

Technische Daten

  • Klingenlänge: 90 mm
  • Klingenstärke: 3,75 mm
  • Klingenstahl: Böhler M390
  • Länge offen : 211 mm
  • Länge geschl.: 124 mm
  • Gewicht: 110 g
TUYA Kingsman, Lock Side, open

Die Klingenform des Kingsman orientiert sich an japanischen Vorbildern und geht dezent in Richtung Kaiken, verzichtet allerdings auf die charakteristische Aufwärtsbewegung des Klingenrückens. Stattdessen fällt der Klingenrücken zur Spitze hin auf den letzten drei, vier Zentimetern sogar um knapp zwei Millimeter ab. Eine Klingenbohrung ist nicht vorhanden, dafür hat Kim eine Struktur eingefräst, die sich über zwei Ebenen erstreckt. In der tieferen Ebene könnte man, mit etwas Fantasie, ein abstraktes Tränensymbol erkennen.

Ein Überdehnschutz für die Lock Bar ist ebenso vorhanden wie ein Stahleinsatz, der den Kontakt zur Klingenwurzel herstellt. Das alles ist Standard in dieser Klasse und soll deshalb nur der Vollständigkeit halber erwähnt sein. Auch die Unterbringung von Überdehnschutz und Detent Ball auf einer austausch- und justierbaren Grundplatte an der Innenseite der Lock Bar ist heutzutage Standard und findet sich auch am TUYA Kingsman.

Framelock Flipper mit Inlays oder Griffschalen an der Lock Side haben oft das Problem, dass sich Dreck und Schmutz zwischen dem Titan Arm der Lock Bar und der Abdeckung ansammeln. Dies kann im ungünstigsten Fall dazu führen, dass sich die Klinge nicht mehr entriegeln lässt oder sogar die Griffschale bricht. TUYA Knife umgeht diese Problematik geschickt. Auch wenn sich die Lock Bar in der Verriegelungsposition befindet, entsteht kein Spalt zwischen der Lock Bar und dem Carbon Inlay.

Spätestens an dieser Stelle hat sich auch die Frage nach den sorgsam in den Griff eingefrästen, von oben fallenden Tränen von selbst beantwortet. Trotzdem muss man nicht befürchten, dass hinter dem TUYA Kingsman ein schwermütiges Konzept voller Agonie steckt. Im Gegenteil, das Messer strotzt vor Leichtigkeit und reflektiert den Spaß an edlen Schneidwerkzeugen.

TUYA Kingsman – Ergonomie und Praxis

Optisch ist das TUYA Kingsman ein gestrecktes und nicht sehr hohes Messer. Zweiundzwanzig Millimeter Klingenhöhe und ein sehr ähnlicher Wert bei der mittleren Griffhöhe belegen diesen Eindruck. Ein gängiges Problem bei Messern mit diesen Eckdaten sind ergonomische Mängel, da der Griff die Faust nicht ausfüllt und der Griff beim Schneiden zum Verdrehen in der Hand neigt.

Dieser Effekt ist beim TUYA Kingsman nicht zu beobachten, zumindest nicht mit Händen bis Handschuhgröße zehn. Tatsächlich schmiegt sich der Griff satt in die Hand, ist bequem zu halten und erzeugt auch bei längerem Gebrauch keine Druckstellen. Der tief angesetzte Taschenclip fungiert dabei als eine Art Anker für die Fingerkuppen, da der Clip im Bereich der Fingerendglieder liegt und zusätzlichen Halt gewährt.

Das kurze Jimping auf dem Klingenrücken liegt nahe der Klingenwurzel, doch bei vielen Arbeiten rückt der Daumen gern weiter nach vorn in Richtung Klingenspitze.

Die Form des Griffs lässt einen komfortablen Reverse Grip des offenen oder geschlossenen Messers zu. Auf einen Kubotan kann man verzichten, wenn das Kingsman in der Tasche steckt.

Messer & Co - Lieber gleich ein Wanger!Messer & Co - Lieber gleich ein Wanger!
Deutsches Messermacher GildeDeutsches Messermacher Gilde
Messerworld BerlinMesserworld Berlin
Writing Turning Flipping ShopWriting Turning Flipping ShopWriting Turning Flipping Shop
Bastards Knives
Messermacherbedarf aus Meisterhand von Jürgen Schanz

Werbung

Am Griffende des Taschenmessers befindet sich ein Bügel, der als Lanyard Hole oder als Glasbrecher eingesetzt werden kann. Eine Wolframspitze oder eine kantig geschliffene Erhebung ist nicht vorhanden.

Trotz seiner Entstehungsgeschichte ist am TUYA Kingsman nicht Trauriges oder Morbides. Das Messer macht Spaß und man nimmt es gern zur Hand. Die Bedienung ist durch gut gewählte Kraftwinkel beim Öffnen und Schließen unkompliziert und geht lässig von der Hand.

Im Alltag erweist sich das TUYA Kingsman als taugliches EDC. Seine fein ausgeschliffene Klinge nimmt jede Aufgabe an. Durch den Kontrast zwischen dem dunklen Carbon und der blass goldenen Anodisierung wirkt es edel, wertig und besitzt mehr distinguierten Charme als viele ausgewiesene Gentleman Folder.

In Deutschland erhältlich?

Als mich der Prototyp dieses Messer erreicht, steht der Verkaufspreis für Deutschland noch nicht fest. Bei US-amerikanischen Online-Händlern waren die ersten Exemplare zwischen 250 und 260 Dollar im Angebot. Fast überall war das TUYA Kingsman innerhalb weniger Tage ausverkauft. Bei deutschen Händlern ist das Kingsman bisher nicht aufgetaucht. Wer Interesse an einem der wenigen Exemplare dieser Kleinserie hat, sollte Sascha von WritingTurningFlipping kontaktieren.

Legt man die amerikanischen Preise zugrunde, wird in Deutschland ein Verkaufspreis um 270 Euro wahrscheinlich. Für diesen Betrag erhält man ein Messer, dass individuelles Design mit hoher Alltagstauglichkeit kombiniert. „Marbled Carbon“ ist ein verhältnismäßig teurer Werkstoff, daher überlegt jeder Hersteller zweimal, ob er das Material einsetzt. Eine ca. 30 x 45 Zentimeter große Platte aus Marbled Carbon in guter technischer und optischer Qualität kostet im Großhandel rund 160 Dollar. Endkunden und Kleinabnehmer müssen für dieses Material, je nach Qualität, zwischen 220 und 280 Dollar auf den Tisch legen.

Beim TUYA Kingsman hat sich die Entscheidung für Marbled Carbon gelohnt, auch wenn dadurch der Preis des Messers spürbar nach oben geht. Zusammen mit der Anodisierung erzeugt das Marbled Carbon einen Kontrast, der Eleganz und Wertigkeit des Messers unaufdringlich unterstreicht.

Ausgeliefert wird das TUYA Kingsman in einer kleinen Box aus schwarzem Plastik. Die Größe der Box ist so gewählt, dass das Messer soeben hineinpasst. Zwei stabile Klappverschlüsse verriegeln die Box.

TUYA Kingsman mit Box
Das TUYA Kingsman wird mit einer stabilen Box geliefert

TUYA Kingsman – Fazit

Im ersten Absatz habe ich das Thema „Messer des Jahres“ angerissen, wohlwissend, dass es unmöglich ist, ein Taschenmesser über alle anderen zu stellen. Neben dem TUYA Kingsman gäbe es einige weitere klangvolle Namen auf der Bewerberliste. Das MP-1 von Rick Hinderer gehört ebenso dazu wie das Arius von Bill Koenig oder das Sebenza 31 von Chris Reeve Knives (MP-1 und Arius sind schon vor 2019 erschienen, schafften aber in diesem Jahr den internationalen Durchbruch).

Die vier genannten Messer sind allesamt qualitativ perfekt, voller kleiner technischer Finessen, aber trotzdem gleichzeitig so unterschiedlich, dass ein direkter Vergleich unmöglich wird. Eine Rangfolge oder gar einen Sieger lässt sich beim besten Willen nicht definieren und so dürfen alle vier Messer nebeneinander auf dem obersten Treppchen Platz nehmen. Jeder Messerfan kann seinen persönlichen Favoriten küren.

Nicht nur bei Stil und Konzept unterscheiden sich die vier genannten Messer, sie unterscheiden sich auch im Anschaffungspreis. Sebenza und das MP-1 sind rund doppelt so teuer wie das TUYA Kingsman, vor allen, wenn eine Version mit mehr als nur Plain-Jane-Griffschalen auf dem Wunschzettel steht. Das Arius liegt sogar noch eine ganze Preisklasse weiter oben.

TUYA Kingsman - Der König ist tot, es lebe... 1TUYA Knife
TUYA Kingsman - Der König ist tot, es lebe... 1KNIFE 2024 in Solingen
Bachmann Kunststoffe - Elforyn JumaBachmann Kunststoffe - Elforyn Juma HolzBachmann Kunststoffe - Detail 3Bachmann Kunststoffe - Elforyn Juma SnakeskinBachmann Kunststoffe - Elforyn Juma Elfenbein

Werbung

TUYA Kingsman
In einem Satz:
Optisch, technisch und haptisch ein Leckerbissen zu einem Preis, für den andere nur Mittelklasse produzieren.
Klingenstahl
Anschliff
Design, Praxistauglichkeit, Sicherheit
Material- und Verarbeitungsqualität
Ergonomie und Justage
Preis-Leistungs-Verhältnis
4.8
Knife-Blog Wertung