Jeder Outdoor-Fan kennt das Problem, wohin mit Messern, Tools, Wasserflasche und den tausend Dingen, die man auf Wanderungen oder im Dschungel der Großstadt unbedingt dabeihaben sollte. Kleiner als ein Rucksack, aber erheblich größer als eine Gürteltasche – die Zwischengröße macht beide Testkandidaten zu idealen Begleitern. Doch letztlich entscheiden andere Faktoren über die Praxistauglichkeit: Tragekomfort, sinnvolle Aufteilung der Fächer, Anordnung der Reißverschlüsse sowie Material und Verarbeitungsqualität. Im Vergleichstest Gear Bags 2018 tritt der Newcomer Vanquest Tolcat 2.0 VPacker gegen den Platzhirsch Maxpedition Fatboy Versipack an.
Inhalt und Übersicht
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Das Dilemma ist immer gleich: Der Wanderrucksack ist zu groß, aber in die Gürteltasche passen weder Medical-Kit noch Wasserflasche. Manchmal müssen zudem Fixed und Multitool sicherheitshalber den Gürtel verlassen und sollten ebenfalls Platz im „Gear Bag“ finden. Selbst für einen Arbeitstag oder einen Tagesausflug benötigt der durchschnittliche Gear-Freak eine Menge Stauraum. Smartphone, Kabel, Ohrhörer, Powerbank, Portemonnaie, Brieftasche, Multitool, LED-Lampe, Schlüsselbund und natürlich mindestens ein Reserve-EDC, um nur die essenziellen Dinge aufzuzählen.
Je nach Tagesprogramm und persönlichen Vorlieben werden eine Vielzahl weiterer Ausrüstungsgegenstände benötigt, die Palette reicht vom bereits angesprochenen Medical-Kit bis zu Reserveunterwäsche oder Regenjacke. Für den Test habe eine kleine Auswahl zusammengestellt, um Kapazität und Aufteilung der beiden „Gear-Bags“ praxisnah testen zu können. Warum ein Gear Bag statt eines kleinen Rucksacks? Das ist in erster Linie natürlich eine Geschmacksfrage, denn beide Lösungen haben Vor- und Nachteile.
Der große Vorteil des Rucksacks ist die rückenfreundliche Lastverteilung auf beide Schultern. Daraus ergibt sich allerdings der Nachteil, dass man bei (fast) jedem Zugriff den Rucksack abnehmen muss. Egal ob beim Einsteigen ins Auto, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder einem Sessellift, der Rucksack ist permanent im Weg. An dieser Stelle haben Gear Bags ihren großen Auftritt. Mit über die Schulter gehängten Trageriemen hat man sofortigen Zugriff auf den Inhalt, stellt sie beim Setzen neben sich und läuft nicht Gefahr, dass man im Gedränge sein Transportbehältnis nicht im Blick hat.
In vielen Rucksäcken geht es zu wie in der sprichwörtlichen Damenhandtasche. Fast alles fliegt im Hauptfach umher; jeder zweite Zugriff auf Ausrüstungsteile beginnt mit einer Suchaktion. Gear Bags hingegen sollten über eine sinnvolle und praxisorientierte Aufteilung in zahlreiche Taschen und Fächer besitzen. Nur dann sind sie brauchbar und nur dann lässt sich jedes Ausrüstungsteil an einer geeigneten Stelle unterbringen und blind zur Hand nehmen.
Vanquest Tolcat gegen Maxpedition FatBoy
Beide Testkandidaten sind bereits seit einiger Zeit am Markt. Der Maxpedition Fatboy Versipack wurde bis vor kurzem in Versionen für Rechts- und Linkshänder angeboten. Das von Maxpedition „S-Type“ genannte Linkshänder Modell unterscheidet sich nicht nur durch den spiegelverkehrten Aufbau, sondern unter anderem auch durch das Fehlen einer praktischen Tasche unterhalb des Trageriemens. Warum Linkshänder auf diese Tasche verzichten müssen, ist seit jeher ein Rätsel. Antwort egal, denn Maxpedition hat vor kurzem die Einstellung des Linkshändler Modells verkündet.
Vanquest besteht erst seit 2011 und hat sein Angebot an „Tough-built Gear“ seitdem kontinuierlich ausgebaut. Der Tolcat VPacker 2.0 gehört zu den Produkten der ersten Stunde und kommt in diesen Tagen in der überarbeiteten Version 2.0 auf den Markt. Spezielle Linkshänder Modelle bietet Vanquest nicht an, dafür lässt sich der Trageriemen mit wenigen Handgriffen so umbauen, dass er sowohl für Rechts- als auch für Linkshänder passt.
Auch in allen anderen Details ist der Tolcat für beidhändigen Gebrauch konzipiert. Dies zeigt sich unter anderem durch die Anordnung der Reißverschlüsse. Der Verzicht auf spezielle Linkshändermodelle beim Vanquest Tolcat ist kein Nachteil, in der Praxis passt er für beide Gruppen und beim Verkauf auf dem Gebrauchtmarkt ist die Käufergruppe nicht eingeschränkt.
Grundkonzept: Gear Bag mit Schulterriemen
Aufteilung: 1 Hauptfach mit Regenschutz und 2 Innenfächern, 3 Außentaschen, 1 Kartenfach
Obermaterial: 1050-D Nylon mit Polyurethan Imprägnierung
Gewicht leer: ca. 590 g
Hauptfach: 215 mm, 150 mm, 80 mm (Höhe, Breite, Tiefe)
Molle Pals: an einer Außentasche
Hüftgürtel: vorhanden, abnehmbar
Ausrichtung: Rechtshänder
Grundkonzept: Gear Bag mit Schulterriemen
Aufteilung: 1 Hauptfach mit Regenschutz und 2 Innenfächern, 2 Außentaschen, 1 Kartenfach
Obermaterial: 1000-D Mil-grade Cordura®, Imprägnierung Teflon®, zusätzliche Schutzschicht gegen Abrieb von DuPont®
Gewicht leer: ca. 770 g
Hauptfach: 215 mm, 195 mm, 80 mm (Höhe, Breite, Tiefe)
Molle Pals: an beiden Außentaschen und in der Tasche vor dem Hauptfach
Hüftgürtel: nicht abnehmbar, mittels 2er Laschen fixierbar
Ausrichtung: Links- und Rechtshänder
Gear Bag Vergleichstest – Definitionen und Besonderheiten
Denier-System
Denier ist das Nummerierungssystem der französischen Seidenindustrie und geht auf die alte französische Gewichtseinheit Denier zurück. Bis zur Einführung des Tex-Systems wurde das Denier-System überwiegend für Seidengarne und Chemiefaserfilamente (Kunstseide) verwendet. Es wird zur Feinheitskennzeichnung von Naturseiden, in Asien und den USA auch für Filamentgarne und Chemiefasern eingesetzt. Die Einheit Denier (den, Formelzeichen: Td) ist definiert: 1 den = 1 Gramm pro 9000 Meter.
Kartentasche oder Kartenfach
Dabei handelt es sich um ein flaches Fach, das in den USA zur Aufnahme einer Handfeuerwaffe dient (CCW = Concealed carried weapon). In Deutschland nennen wir es aufgrund der staatlichen Waffenrestriktionen „Kartenfach“. Tatsächlich ist es mit Einschränkung als solches nutzbar, aber eben nicht primär für diese Aufgabe gedacht.
Molle – Modular Lightweight Load-carrying Equipment
Molle (sprich: Molly) steht übersetzt für „leichtes, modulares Tragesystem für Ausrüstung”. Es ist (ursprünglich) ein Quasi-Standard für das Anbringen von kompatibler Ausrüstung an militärisch genutzten Rucksäcken. Es wird hauptsächlich von US-amerikanischen und britischen Einsatzkräften genutzt und wird heute auch im Outdoor-Bereich verwendet.
Der Begriff MOLLE beschreibt nicht nur das spezifische System, das von Specialty Defense Systems hergestellt wird, sondern synonym auch alle tragenden Systeme und Subsysteme, die das gewebte PALS (Pouch Attachment Ladder System) Gurtband für die modulare Beutelbefestigung verwenden. Jedes System, das dieses modulare Anbringungsverfahren verwendet, wird als „Molle-kompatibel“ oder als Molle-System bezeichnet.
Gear Bags im direkten Vergleich
Grundkonzept und Aufbau sind bei beiden Gear Bags sehr ähnlich, die dennoch vorhandenen, zahlreichen Unterschiede liegen im Detail. Das Obermaterial des Maxpedition Fatboy Versipack ist deutlich steifer als das des Vanquest Tolcat 2.0, obwohl die Materialstärke nur minimal differiert. Das Cordura des Vanquest Tolcat ist handfreundlicher und passt sich flexibler an Körper und Inhalt an, ohne dass der Tolcat instabil oder zu weich wirkt.
Die Breite der Trageriemen ist mit 5 cm bei beiden Gear Bags gleich, auch hier ist das Material des Tolcat weicher und anschmiegsamer, obwohl der Trageriemen etwas dicker ist als der des Fatboy. Bei beiden werden die Schulterpolster durch drei Klettverschlüsse am Schultergurt befestigt. Mit sieben Zentimeter Breite ist das Schulterpolster des Tolcat einen Zentimeter breiter als das Polster des Fatboy. Die Länge beider Polster ist mit 285 mm beim Tolcat und 290 mm beim Fatboy nahezu identisch.
Damit die Gear Bags nicht umherschlenkern, können sie mittels eines Beckengurtes stabilisiert werden. Bei beiden sind die Beckengurte unterschiedlich lang. Der Fatboy wendet sich mit seiner Beckengurtlänge von 87 cm eher an Menschen mit Modelfigur, der Tolcat 2.0 ist mit seinem 110 cm langen Beckengurt auch für kräftig gebaute Outdoor-Fans tauglich.
Unterschiedlich ist auch das Konzept, die nicht angelegten Beckengurte zu verstauen. Beim Fatboy kann der Gurt entfernt und in einer Tasche verstaut werden, beim Tolcat 2.0 besteht nur die Möglichkeit, den Gurt mittels eines mitgelieferten Klettbands zusammenzubinden und in einer Lasche am unteren Rand des Bags zu befestigen. Die Möglichkeit, den Beckengurt mit wenigen Handgriffen komplett entfernen zu können wäre mein Wunsch an den Designer von Vanquest.
In die obere Abdeckung des Hauptfachs ist bei beiden Gear Bags eine außen liegende Tasche mit Reißverschluss eingearbeitet, die beim Vanquest Tolcat (160 mm x 120 mm) deutlich größer ausfällt als beim Maxpedition Fatboy (120 mm x 90 mm).
Ausweise, Geld, ein USB-Kabel aber auch ein flaches Tool lassen sich in diesen Taschen gut unterbringen.
Die Anordnung der Außentaschen ist beim Vanquest Tolcat symmetrisch. Links und Rechts des Hauptfachs befindet sich eine Tasche, die innen dreifach unterteilt ist. Durch zwei Reißverschlüsse lässt sich die Tasche von oben bis etwa zur Hälfte ihrer Höhe öffnen.
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Maxpedition geht beim Fatboy einen anderen Weg und hat drei unterschiedliche Taschen spendiert. Die Tasche auf der linken Seite kann mittels eines umlaufenden Reißverschlusses bis auf ein Drittel ihrer Höhe geöffnet werden. Die rechte Tasche ist deutlich kleiner und besitzt einen Klettverschluss während die dritte Tasche unterhalb des Trageriemens mit einer Lasche und Clip verschlossen wird.
Die beiden seitlichen Taschen des Tolcat 2.0 bieten erheblich mehr Stauraum als die drei Taschen des Fatboy. Auch der Reißverschluss mit zwei Zippern ist praxistauglicher als die verschiedenen Verschlusssysteme beim Fatboy. Da er nur über einen Reißverschluss verfügt, muss man die Tasche weit öffnen, um an den gewünschten Gegenstand zu kommen. Dabei fallen andere Gegenstände gern aus der Tasche und man muss sehr vorsichtig sein. Die beiden kleineren Außentaschen des Fatboy eigenen sich für eine LED-Lampe, einen Folder oder auch ein Feuerzeug. Der Verschluss mittels eines Clips erweist sich in der Praxis als hakelig und das Verschließen mit einer Hand erfordert etwas Training.
Stabiles Obermaterial, saubere Nähte aber hakelige Reißverschlüsse am Maxpedition Fatboy Versipack
Die Hauptfächer beider Gear Bags unterscheiden sich im Wesentlichen durch ihre Größe, wobei beim Fatboy anzumerken ist, dass sich das Fach nach unten deutlich verjüngt. Bei beiden kann das Hauptfach mit einem Regenschutz gesichert werden. Die wasserdichten Abdeckungen werden dafür mit einem Kordelzug geschlossen. Benötigt man den Regenschutz nicht, liegt er an der Innenseite des Hauptfachs an, ohne Platz wegzunehmen. Beide Hersteller haben das praxistauglich gelöst.
Die „RC-Class YKK® Reißverschlüsse“ des Vanquest Tolcat 2.0 VPacker können überzeugen
Das Ordnunghalten im Hauptfach wird durch zwei flache Taschen an der Vorder- und Rückseite unterstützt. Beim Fatboy bestehen die Taschen durch ein straffes Netz, beim Tolcat 2.0 finden sich solide Innenfächer. Zudem besitzt der Gear Bag von Vanquest am hinteren Fach eine Klettleiste, an der sich Gegenstände sicher befestigten lassen.
Vor dem Hauptfach sitzt bei beiden Gear Bags eine weitere Tasche, deren Inhalt durch einen Reißverschluss gesichert wird. Maxpedition setzt, wie bei den Außentaschen, auf einen Reißverschluss mit einem Zipper, Vanquest spendiert zwei. Der Nachteil beim Fatboy, den Reißverschluss umlaufend öffnen zu müssen, um an den Inhalt zu gelangen, zeigt sich hier noch deutlich als bei den Außentaschen. Vanquest hat es besser gelöst: Man muss die Taschen nur soweit öffnen, um den gewünschten Gegenstand entnehmen zu können.
Letzte Unterbringungsmöglichkeit ist ein Staufach vor dem Hauptfach, das ebenfalls unter dessen Abdeckung liegt. Bei Vanquest sichert ein Klettverschluss den Inhalt, beim Maxpedition Fatboy ist es oben immer offen.
Fatboy vs Tolcat: Einzelwertungen
Alle Wertungen der beiden Kontrahenten im Vergleichstest Gear Bags 2018 sind in der folgenden Tabelle zusammenfasst:
Ausstattung / Daten | Maxpedition Fatboy | Vanquest Tolcat 2.0 |
---|---|---|
Qualität Außenmaterial | 8/10 | 9/10 |
Verarbeitungsqualität Nähte | 9/10 | 9/10 |
Qualität Reißverschlüsse | 5/10 | 10/10 |
Praxistauglichkeit Hauptfach | 8/10 | 9/10 |
Praxistauglichkeit Außentaschen | 7/10 | 9/10 |
Beckengurt | 8/10 | 7/10 |
Schultergust / Polster | 8/10 | 9/10 |
Anbringung Molle-Equipment | 5/10 | 8/10 |
Größe Stauraum | 7/10 | 9/10 |
Handhabung | 7/10 | 9/10 |
Praxistauglichkeit | 7/10 | 9/10 |
Preis-Leistungs-Verhältnis | 7/10 | 9/10 |
Gear Bag Vergleichstest – Fazit
Beide Gear Bags zeigen keine Mängel bei der Verarbeitung. Viele Doppelnähte, gerade Verläufe der Nähte und sauber verlegte Fadenenden findet man bei beiden. Der Vanquest Tolcat 2.0 wirkt allerdings in vielen Details eine Spur durchdachter als sein Pendant von Maxpedition. Das beginnt mit dem verschließbaren Staufach vor dem Hauptfach und setzt sich bei der Gestaltung des Innenfachs mit mehr und besseren Möglichkeiten zur Befestigung von Gegenständen fort.
Es sind die kleinen, gut durchdachten Dinge, die den Mehrwert des Vanquest Tolcat 2.0 ausmachen. So lässt sich zum Beispiel der Tragegurt entfernen und die Halterung mit wenigen Handgriffen so umbauen, dass der Tolcat auch am Gürtel getragen werden kann. Der Reißverschluss des „Kartenfachs“ ist von vorne nicht sichtbar, es eignet sich daher auch als Versteck für Geld und andere Gegenstände, die nicht jeder sofort sehen muss.
Die Außentaschen des Vanquest Tolcat sind nicht nur größer, auch ihre innere Aufteilung ist in der Praxis hilfreich. Mit zwei Molle-Sticks lässt sich ein großes Fixed wahlweise vorn oder hinten am Tolcat anbringen.
Die meisten Punkte nimmt der Tolcat 2.0 seinem Konkurrenten jedoch bei den Reißverschlüssen ab. Das Prinzip mit zwei Zippern an jedem Reißverschluss ermöglicht nicht nur die Öffnung von jeder Seite, sie gestattet auch, die Tasche nur soweit zu öffnen, wie unbedingt notwendig. Zudem sind die Reißverschlüsse des Tolcat qualitativ deutlich besser als die des Fatboy. Die Reißverschlüsse des Vanquest VPacker Tolcat 2.0 sind stabil und leichtgängig, die des Fatboy sind hakelig. sodass oft eine zweite Hand zum Öffnen oder Schließen eines Fachs unverzichtbar ist.
Nicht nur in der Gesamtwertung, auch beim Preis liegt der Vanquest Tolcat VPacker 2.0 vorn. Im deutschen Online-Fachhandel kostet der Maxpedition Fatboy Versipack je nach Farbe und Anbieter zehn bis dreißig Euro mehr. Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Vanquest Tolcat 2.0 ist sehr gut, das des Fatboy ist zufriedenstellend.
Das Ergebnis des Vergleichstest Gear Bags 2018 kommt überraschend! Seit Jahren besitze und verwende ich Produkte von Maxpedition und hätte diesen Hersteller nicht in Gefahr gesehen, von einem Newcomer abgehängt zu werden. Doch das Ergebnis nach der Wertung der Einzelkriterien führt zu einem eindeutigen Sieger: Der Vanquest Tolcat 2.0 kann den etablierten Maxpedition Fatboy im Vergleichtstest Gear Bags 2018 auf den zweiten Platz verweisen.
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Links
- Bezugsquelle Vanquest: Tools for Gents
- Homepage: Vanquest
- Homepage: Maxpedition
- Knife-Blog Rubrik: Ausrüstung und Tactical Gear
- Pro & Contra: Wie Knife-Blog wertet