Das Waffengesetz in England beinhaltet derzeit die restriktivsten Messerverbote in ganz Europa, vielleicht sogar der der ganzen Welt. Die Gesetze gelten auch für Wales und Nordirland. Mit Messern im Gepäck nach England zu reisen ist buchstäblich ein Ritt auf der Rasierklinge. Nach dem Brexit ist die Lage durch verstärkte Zoll- und Einreisekontrollen noch schwieriger geworden. Die Messerverbote in England sind zahlreich, auf mehrere Gesetze und Gesetzesnovellen verteilt und Definitionen verschiedener Messertypen sind mehrfach geändert worden. So können auch unbescholtene und nicht gewalttätige Reisende unversehens Bekanntschaft mit dem qualitativ höchst umstrittenen Urlaubsveranstalter „Her Majesty’s Prison Service“ machen.
Inhalt und Übersicht
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Wer nach England, Wales, oder Nordirland reist und als Angler, Wanderer oder Outdoor-Sportler ein Messer mitführt, sollte das Waffengesetz in England für Messer gut kennen. Da die waffenrechtlichen Bestimmungen in jedem europäischen Land unterschiedlich sind, lässt sich kein Wissen vom Heimatland auf ein Reiseland übertragen. Das Wissen um gesetzliche Regelungen, Einfuhrbestimmungen und die Praxis im Land hilft, Ärger mit den Behörden zu vermeiden. Schließlich soll die schönste Zeit des Jahres nicht zum längsten Albtraum des Jahres werden.
Traditionen gelten sehr viel im Vereinigten Königreich und Restriktionen für den Besitz und das Tragen von Messern gehören dazu. Die einschränkenden Bestimmungen beruhen auf einen Gesetzespaket, dem „Offensive Weapons Act“ (Frei übersetzt: Beschlüsse zu Angriffswaffen), der keine einzelne Verordnung ist, sondern aus einer ganzen Serie von Gesetzen besteht.
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Die Vorschriften für den Besitz und das Tragen von Messern in Großbritannien sind eindeutig und lassen wenig offene Fragen. Das war die gute Nachricht und es wird die Einzige bleiben.
Kurz und knackig formuliert: Wer Messer und seine Freiheit mag, sollte sich besser nach einem anderen Urlaubsland umsehen!
Seit dem „Prevention of crime act“ von 1953 wurden alle paar Jahre neue, schärfere Gesetze erlassen. Dies geschah 1959, 1979, 1988 und 1996. Die heute gültige Fassung geht auf das Jahr 2012 zurück, als die Regierung ein Messer-Totalverbot für das Vereinigte Königreich beschloss.
Ab 2012 sind die Verbote rund um Messer sukzessive verschärft worden. In vielen Innenstädten wurden „Messer-Verbotszonen“ ausgerufen und seit 2018 drohen empfindlichen Strafen, wenn man in London oder anderen Städten ein Messer mitführt. Mit weiteren Verschärfungen ist jederzeit zu rechnen, denn seit dem Brexit hat sich die Spaltung der englischen Gesellschaft beschleunigt und die Zahl der Gewalttaten nimmt weiterhin deutlich zu. Die Situation auf der Insel zeigt Züge einer Eskalation, die scheinbar niemand stoppen kann.
Waffengesetz in England
Auch die Langfassung wird nicht viel erfreulicher. Wenn man das Waffengesetz on Großbritannien und die große Zahl zusätzlicher Verordnungen aufdröselt, ergibt sich ein von umfassenden Verboten bestimmtes Bild. Am 11. Dezember 2012 wurde seitens der britischen Regierung eine Richtlinie über Besitz, Herstellung, Import und das Tragen von Messern erlassen.
Die Regelungen wurden der Öffentlichkeit im „Leitfaden zu Messern und Angriffswaffen“ bekannt gegeben. Die Informationen sind nicht als juristisch-verklausulierter Gesetzestext, sondern in allgemeinverständlicher Sprache abgefasst. Wer das Original downloaden möchte, findet den Link am Ende des Artikels.
Grundsätzlich wird zwischen Import, Herstellung und dem Mitführen von Messern in der Öffentlichkeit unterschieden. Öffentlichkeit bedeutet in Sinne dieser Bestimmung jeder Ort, der sich nicht auf privaten, umfriedeten Eigentum befindet. Dazu gehören alle Sport- und Freizeitanlagen, Parkhäuser, Campingplätze, Gebäude, Parks, Festplätze und das gesamte öffentliche Straßenland. Alles wirklich alles außer dem eigenen Privatgrundstück, denn das eigene Auto oder ein Leihwagen gilt im Hinblick auf waffenrechtliche Belange NICHT als privates Gelände.
Zum Waffenrecht für Messer in Schottland ist ein eigener Artikel erschienen: Waffengesetz für Messer in Schottland
Fast alle Messer sind verboten!
Alle Vorschriften hinsichtlich des Tragens von Messern werden über die §§139 und 139a des britischen Strafgesetzbuches definiert, die im Wesentlichen bereits 1988 beschlossen wurden. Nach dem Waffengesetz in England sind alle Messer mit einer Klingenlänge über 7,62 cm (3 inch), alle Messer mit Klingenarretierung und alle Messer, die eine Öffnungshilfe besitzen, verboten.
Das umfasst neben Halb- und Vollautomaten natürlich auch OTF’s und Stiletts. Hinsichtlich der einhändigen Öffnungsmöglichkeit sind die Regelungen nicht eindeutig. Ein Daumenpin kann durchaus als Öffnungshilfe interpretiert werden! Für Messerfreunde bleiben also nur klassische Gentleman Folder, Laguiole, LeThiers, Schweizer Taschenmesser und Multitools, sofern die Klingenlänge unter 7,62 cm liegt und nicht arretierbar ist.
Der Originaltext lautet:
Sections 139 and 139A of the Criminal Justice Act 1988 apply to any article which has a blade or point except a folding pocketknife unless the cutting edge of its blade exceeds 7.62 centimetres (3 inches).
Das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass Sie ein solches Messer zugriffsbereit tragen dürfen. Sie dürfen es bei sich haben aber in der Öffentlichkeit (s.o.) nicht zugriffsbereit am Gürtel oder mittels Clip in der Hosentasche tragen. Im Rucksack, im Kofferraum, im Angelkasten macht ein solches Messer dagegen in der Regel keine Probleme.
(Quellen: HM Revenue & Customs and Border Force, Britische Botschaft in Berlin)
Verbotene Gegenstände
Im Gegensatz zu Deutschland, wo das Tragen eines durch den §42a WaffG nicht genehmigten Messer eine Ordnungswidrigkeit darstellt, gehört ein solcher Verstoß in Großbritannien zu den Straftaten. Erst kürzlich hat das britische Justizministerium die Staatsanwälte des Landes daran erinnert, dass „das Tragen einer Angriffswaffe, eines spitzen oder scharfen Gegenstandes eine erhebliche Straftat darstellt” und entsprechend verfolgt werden muss.
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Gefährliche Gegenstände dürfen ohne behördliche Genehmigung oder nachvollziehbare Gründe (z.B. Berufsausübung) nicht mitgeführt werden. Das trifft zum Beispiel auf Tomahawks zu. Die Definition in Großbritannien lautet:
Offensivwaffen sind Gegenstände, die dazu geeignet sind, zu töten oder einer Person schwere Verletzungen zuzufügen und für die keine legale Nutzung vorgesehen ist.“
Hinsichtlich Tomahawks ist diese Definition grenzwertig, denn im Outdoor-Bereich sind verschiedene legale Anwendungsmöglichkeiten vorhanden. In der Londoner City allerdings nicht und deshalb unterliegen auch diese Tools dem Verbot gemäß „Offensive weapons act“. Folgende Gegenstände zählt das Gesetz eindeutig auf:
- Schlagringe, Schlagstöcke, Teleskopruten
- Krallen (asiat. „Adlerklauen“ etc.),
- Klauen zur Montage an Schuhen sowie Spikes (!)
- Automatikmesser
- Balisong
- Messer mit Öffnungsunterstützung
- Fallmesser
- Gegenstände, bei denen die Klinge verborgen ist (z.B. Stockdegen, Gürtelschnallen- u. Scheckkartenmesser)
- Martial Arts Waffen, z.B. Wurfsterne, hohle Kubotan, Kusari
- Kurzschwerter mit gebogener Klinge und einer Klingenlänge über 50 cm
- Blasrohre und Luftgewehre (außer als Betäubungswaffe für Tierärzte)
Diese Gegenstände unterliegen nicht nur dem Besitz- und Trageverbot, sondern unterliegen auch einem generellen Importverbot.
(Quellen: HM Revenue & Customs and Border Force, Britische Botschaft in Berlin)
Waffengesetz in England: Schusswaffen
Die Einfuhr von Schusswaffen ist für Touristen praktisch unmöglich. Die durch ein EU-Land erteilte Genehmigung eine Waffe zu besitzen oder zu tragen berechtigt nicht die Waffe nach Großbritannien einzuführen. Wer eine Schusswaffe mitnehmen möchte, muss dies vorher schriftlich bei der Border Force beantragen.
Dies gilt auch für alle Teile von Schusswaffen, typisches Zubehör (Zielfernrohre, Lichtverstärker, optische Zielsysteme) und Munition aller Art. Ein Link zu ausführlichen Erklärungen in englischer Sprache und dem Antragsformular im Abschnitt Adressen.
Reisehinweise für England
Gewalt unter Jugendlichen ist in England, speziell in London, seit vielen Jahren ein ernstes Thema. Doch nicht nur London ist betroffen, alle größeren Städte und selbst viele Kleinstädte haben das gleiche Problem. Nach offiziellen Polizeistatistiken gab es allein 2008 mindestens 65 gewaltbedingte Todesfälle unter Jugendlichen in England.
Hinsichtlich Jugendgewalt kann es der Großraum London inzwischen mit den finstersten Ecken dieser Welt aufnehmen. Zwischen April und September 2008 gab es in London weit über zweitausend Verletzte bei Messerstechereien. Obwohl streng verboten oder gerade deswegen, ist das Mitführen von Messern oder gefährlichen Gegenständen bei Jugendlichen weit verbreitet.
Großbritannien ist ein Paradebeispiel für die Tatsache, dass schärfere Waffengesetze keine Senkung von Kriminalität oder Gewalt zur Folge haben. Bereits seit 1988 besaßen England und Wales die schärfsten Waffengesetze Europas, trotzdem kamen in diesen Ländern pro Jahr mehr Menschen durch Messer zu Schaden als im Laufe von zehn Jahren in Österreich, wo keine gesetzlichen Einschränkungen hinsichtlich Besitz und Führens von Messern existieren.
Öffentliche Verkehrsmittel werden nicht nur durch uniformierte Polizei, sondern auch durch verdeckte Spezialkräfte überwacht.
Da London beinahe flächendeckend mit Kameras überwacht wird, sollte ein mitgeführtes Messer nie in die Hand genommen werden.
Allein in London gibt es nach Angaben der Polizei etwa 170 Gangs bzw. Jugendbanden. Diese führen regelrechte Kriege um Absatzmärkte für Drogen oder die Banden „verteidigen“ ein selbsternanntes Revier. Darüber hinaus gibt es nach wie vor religiösen Hass zwischen Katholiken und Protestanten.
In den letzten Jahren sind zunehmend muslimische Gruppierungen durch Gewalttätigkeiten auffällig geworden, außerdem existieren zahlreiche gewaltbereite Gruppen im Umfeld von Fußballvereinen. Aus diesem Kontext erklärt sich, warum britische Behörden massiv aber vergeblich gegen Waffen aller Art vorgehen. Ein nichtsahnender Tourist kann vor diesem Hintergrund schnell in die Mühlen der Justiz geraten.
Vorsicht Kamera!
In keinem anderen Land Europas wird der öffentliche Raum so stark mit Kameras überwacht, wie in Großbritannien. Die Beamten der elektronischen Überwachung und auf der Straße sind darauf geschult, verdeckt getragene Messer aufzuspüren. Achten Sie also auf Taschenclips, auf unter der Kleidung hervorragende Kydex-Scheiden und achten Sie bei Neckies darauf, dass der Paracord am Hals nicht sichtbar ist.
Die unerlaubte Einfuhr von Waffen oder verbotenen Gegenständen ist nach dem Waffengesetz in England grundsätzlich eine Straftat. Im günstigsten Fall kann das Verfahren einem „Magistrat Court“ übergeben werden, das ist das unterste Gericht der Gerichtsorganisation in England und Wales. Diese Gerichte sind mit einem Friedensrichter und / oder Laienrichtern besetzt und können Geldstrafen bis zu 5.000 britischen Pfund und Freiheitsstrafen bis zu sechs Monaten verhängen. Schwerwiegende Fälle („indictable offences“) werden dem „Crown Court“ übergeben.
Das Polizeisystem in England ist historisch gewachsen und nicht einheitlich organisiert. Für Außenstehende sind Zugehörigkeiten und Organisationsstrukturen nicht durchschaubar. Allein in London gibt es vier unterschiedliche Behörden: die Metropolitan Police („Scotland Yard“), die für die City of London zuständige City of London Police, die British Transport Police (Bahnpolizei) und die Harbour Authorithies (Hafenbehörden). Darüber hinaus gibt es mehrere Special Forces, vor allem im Transportwesen oder für die Gebäudesicherung. Wichtig zu wissen ist, dass alle diese Einsatzkräfte volle Polizeigewalt besitzen und Durchsuchungen oder Verhaftungen vornehmen können.
Kontrollen durch die Polizei
Polizeibeamte haben die Befugnis, Sie auf der Straße oder an anderen öffentlichen Orten anzuhalten, Sie zu durchsuchen und Ihnen im begrenzten Umfang Fragen zu stellen. Wenn Sie danach gefragt werden, sollten Sie Polizeibeamten Ihren Namen und Ihre Anschrift mitteilen. Wenn Sie von der Polizei einer Straftat verdächtigt werden, fordert man sie unter Umständen auf, freiwillig zu einer Polizeidienststelle mitzukommen. Polizeibeamte sind auch berechtigt, Sie festzunehmen und Sie gegen Ihren Willen auf eine Polizeidienststelle zu bringen. Den Grund hierfür müssen Ihnen die Polizeibeamten mitteilen.
Wenn die Polizeibeamten nicht wollen, dass Sie die Örtlichkeit oder eine Polizeidienststelle verlassen, müssen sie Sie festnehmen. Sie sind verpflichtet, Ihnen die Gründe der Festnahme zu nennen, und der Freiheitsentzug muss notwendig sein. Die Polizeibeamten sind befugt, Sie zu durchsuchen, Ihre Fingerabdrücke zu nehmen, DNA-Proben zu entnehmen und Leibesvisitationen durchzuführen.
Wenn Sie die englische Sprache nicht beherrschen, muss Ihnen die Polizei kostenlos einen Dolmetscher zur Verfügung stellen. Sie dürfen nur in Anwesenheit des Dolmetschers vernommen werden. Wenn Sie festgenommen wurden, haben Sie das Recht, einen Anwalt zu konsultieren. Ist Ihnen kein Anwalt bekannt, wird die Polizei einen Pflichtverteidiger hinzuziehen. Nach einer Festnahme darf die Polizei mit der Erlaubnis eines leitenden Beamten Ihr Kraftfahrzeug, Ihre Wohnung/Ihr Haus und Ihr Grundstück durchsuchen und Gegenstände, die sich in Ihrem Eigentum befinden, daraus entfernen, wenn es den Ermittlungen dient (Quelle: Rechtsportal der Europäischen Union).
Kleines Trostpflaster: Unter den gegenwärtigen britischen Gesetzen hat ein Angeklagter das Recht auf Freilassung gegen Kaution.
Waffengesetz in England: Anschriften
Richtlinien seit 2012: Knives and offensive weapons information (PDF)
Crown prosecution service: Offensive Weapons, Knives, Bladed and Pointed Articles (Web)Informationen und Antragsformular für die Mitnahme von Schusswaffen
Ansprechstelle für schriftliche Fragen zur Mitnahme von Messern oder Schusswaffen nach Großbritannien:
Customs & International Trade Written Enquiries Team
HM Revenue & Customs
Crownhill Court
Tailyour Road
Plymouth
PL6 5BZ
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Links
- Knife-Blog Thema: Mit Messern reisen
- Waffengesetze in Europa: Waffenrecht für Messer in de EU-Ländern
- Reisehinweise zu England: Auswärtiges Amt
Die Informationen zu Gesetzesvorschriften und rechtlichen Aspekten in diesem Artikel beruhen auf gründlicher Recherche und den angegebenen Quellen, geben aber Meinung und Verständnis eines juristischen Laien wieder und sind daher unverbindlich!