Während viele Staaten der USA ihre Gesetze und Vorschriften für Messer in den letzten Jahren liberalisiert haben, wurden das Waffengesetz in Kanada bezüglich Messern im gleichen Zeitraum deutlich verschärft. Obwohl Kanada landläufig als das Land der Jäger, Trapper und Fallensteller gilt, sind die kanadischen Gesetze für Besitz und Führen von Messern ausgesprochen restriktiv. Nicht alles ist verboten aber selbst zwei Messer der gleichen Größe können in Kanada von einem Gericht völlig unterschiedlich beurteilt werden. Was im Land unter dem Ahornblatt geht und was nicht, hat Knife-Blog zusammengefasst.
Inhalt und Übersicht
Werbung
Wer nach Kanada reist und als Angler, Wanderer oder Outdoor-Sportler ein Messer mitführt, sollte Messerrecht und das Waffengesetz in Kanada kennen. Da die waffenrechtlichen Bestimmungen heute in jedem Land unterschiedlich sind, lässt sich kein Wissen vom Heimatland auf ein Reiseland übertragen. Das Wissen um gesetzliche Regelungen, Einfuhrbestimmungen und die Praxis im Land hilft, Ärger mit den Behörden zu vermeiden. Schließlich soll die schönste Zeit des Jahres nicht zum längsten Albtraum des Jahres werden …
Das Waffengesetz in Kanada ist in vielen Punkten erheblich schärfer als beim Nachbarn USA. Dies beschränkt sich nicht nur auf Schusswaffen – Kanada gehört zu den Ländern mit ausgesprochen restriktiven Gesetzen hinsichtlich des Führens von Messern. Zudem existiert eine lange Liste verbotener Gegenstände. Die letzte Gesetzesverschärfung datiert aus dem Jahr 2017, als die Liste verbotener Messer um beinahe alle Bauformen von Klappmessern erweitert wurde.
Hintergrund der Verschärfung des Waffengesetzes war ein terroristischer Anschlag am 01. Oktober 2017 in Edmonton. Im Umfeld eines American Football Spiels hatte ein in Kanada lebender, somalischer Flüchtling einen Polizeibeamten zunächst angefahren und dann den am Boden liegenden Mann mit mehreren Messerstichen getötet. Anschließend fuhr der Täter mit seinem Fahrzeug in eine Gruppe von Passanten.
Bereits vor diesem Attentat wurde das Waffenrecht in Politik und Medien kontrovers diskutiert. Nach diesem Vorfall verlagerte sich die Diskussion von Schusswaffen auf Messer. Obwohl es sich um einen isolierten Vorfall handelte, entbrannte in Kanada eine Diskussion um die Gefährlichkeit von Messern, die schlussendlich zu weiteren Verschärfungen der Waffengesetze in Kanada und strengeren Auslegungen bestehender Vorschriften führten.
Besonderheit: Grandfather Clause
Bei Gesetzesänderungen kennt das kanadische Rechtssystem eine – in Deutschland leider nicht gebräuchliche – Besonderheit: Die „Grandfather Clause“. Dabei handelt es sich um eine Art Bestandsschutz für Betroffene, wenn Gesetze geändert werden. Diese Besonderheit im Rechtssystem wurde Ende des 19. Jahrhunderts in den Südstaaten der USA entwickelt. In einigen Bundesstaaten der USA und in Kanada ist die „Grandfather Clause“ bis heute im Rechtssystem verankert. Sie wird jedoch zunehmend durch Übergangsfristen und andere Einschränkungen verwässert.
Bezogen auf das Beispiel von Messern bedeutet der Bestandsschutz: Wer zum Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Gesetzes ein Messer legal besitzt, darf es auch nach der Gesetzesverschärfung legal besitzen. Dazu muss unter Hinweis auf die „Grandfather Clause“ bei der Polizei eine Besitzerlaubnis beantragt werden. Diese wird bei Messern oder Waffen auch gewährt, sofern der Antragsteller keine Einträge in seiner Strafakte hat.
Als vor einigen Jahren das Waffengesetz in Kanada geändert und der Besitz von Balisong verboten wurde, konnten die Besitzer ihre Butterfly-Messer dauerhaft behalten. Das Trageverbot in der Öffentlichkeit bleibt durch die „Grandfather Clause“ aber unberührt. Sie schützt in diesem Fall nur die Eigentumsrechte. Sowohl der Verkauf eigener Messer wie auch der Erwerb weiterer Messer aus legalem Besitz sind trotz der „Grandfather Clause“ verboten.
Im Jahr 2017 wurden die Waffengesetze in Kanada verschärft und in den letzten Monaten wurden die Einfuhrbestimmungen hinsichtlich Messern angepasst. Grundlage aller Besitz-, Trage- oder Importverbote ist das „Memorandum D19-13-2“ (↑). Es ähnelt in groben Zügen den Anlagen 1 und 2 des deutschen Waffengesetzes und stellt viele Definitionen bereit. Auch als Referenz für verbotene Gegenstände oder waffenrechtliche Einordnungen ist es gut geeignet.
Anfang 2018 hat die CBSA (Canada Border Services Agency) die Umsetzung des Memorandum D19-13-2 angekündigt. Reisende müssen mit verstärkten Kontrollen rechnen, wobei sich das Interesse der Grenzbeamten gleichermaßen auf Messer und verbotene Gegenstände richtet.
Waffengesetz in Kanada – Verbotene Messer
Nach der letzten Gesetzesänderung sind beinahe alle Bauformen von Klappmessern als verbotene Gegenstände eingestuft:
- Klappmesser, deren Klinge sich auf Fingerdruck auf einen Hebel öffnet (Flipper),
- Messer, die sich durch Zentrifugalkraft öffnen lassen (Balisong),
- Messer, deren Klinge auf Knopfdruck öffnet (Vollautomaten),
- Fallmesser,
- Messer mit Öffnungshilfe (Halbautomaten),
- Faustmesser („Push dagger“),
- Verdeckte Klingen in Gegenständen unter 30 cm Länge.
Zur letzten Gruppe gehören auch Gürtelschnallenmesser, Kreditkartenmesser und alle anderen harmlos aussehenden Gegenstände, in denen sich eine Klinge verbirgt. Zwar gibt es im Waffenrecht eine Einschränkung, dass diese Gegenstände als „Waffe ausgeführt“ bzw. als „Waffe entwickelt“ worden sein müssen, um unter das Verbot zu fallen. Klingt gut, nützt aber nichts. Da keine Definition der „Waffeneigenschaft“ existiert, unterliegt die rechtliche Einordnung des jeweiligen Gegenstandes dem freien Ermessen des kontrollierenden Polizei- oder Zollbeamten.
Waffengesetz in Kanada – Verbotene Gegenstände
Verboten sind Tränengas und Pfefferspray, wenn sie für den Einsatz gegen Menschen gedacht sind. Auch Abwehrspray gegen Bären fällt unter dieses Verbot, wenn der Besitzer den Eindruck erweckt, das Spray gegen Menschen einsetzen zu wollen! Setzt man das Spray tatsächlich gegen Menschen ein, macht man sich des Angriffs mit einer verbotenen Waffe schuldig.
Hinsichtlich Tränengas oder Reizstoffsprühgeräten ist in den Einfuhrbestimmungen häufig von „Mace“ die Rede. Der Begriff geht auf den gleichnamigen Hersteller zurück und ist ein generalisierter Produktname für Reizgase aller Art. Außerdem sind nach dem Waffengesetz in Kanada folgende Gegenstände mit einem Herstellungs- und Besitzverbot belegt:
- Nunchaku (Würgeholz)
- Shuriken (Wursfsterne)
- Manriki Gusari (Ketten mit Endgewichten)
- Fingerringe mit Klingen oder Schneiden
- Taser und Stun guns mit Baulängen unter 48 cm
- Armbrüste mit einer Gesamtlänge unter 50 cm
- Armbrüste, die einhändig bedient werden können
- Handschuhe und Armbänder die mit scharfkantigen Objekten besetzt sind
- Blasrohre
- Teleskopschlagstöcke
- Schlagringe
- Morgensterne
- Schlagstöcke, Tonfa etc.
Selbstverständlich unterliegen auch alle Schusswaffen einem Einfuhrverbot, sofern keine behördliche Genehmigung vorliegt. Außerdem grundsätzlich verboten sind Schalldämpfer und Ersatzmagazine mit mehr als zehn Schuss für halbautomatische Pistolen. Nachbildungen von scharfen Waffen („Anscheinswaffen“) sind ebenso verboten wie unzertifizierte Repliken antiker Feuerwaffen.
Erlaubte Messer in Kanada
Ausdrücklich erlaubt sind überhaupt keine Messer. Eine Positivliste, wie sie der §42a WaffG in Deutschland zur Verfügung stellt, gibt es in Kanada nicht. Bis auf Weiteres ist erlaubt, was nicht ausdrücklich verboten ist …
Als erlaubnisfrei – also frei zu erwerben, zu besitzen und zu führen – gelten in Kanada Taschenmesser mit Zweihandöffnung, wobei eine Klingenarretierung vorhanden sein darf.
Auch hinsichtlich der Größe gibt es keine Restriktion.
Erlaubt sind Multitools aller Bauformen, auch wenn sie über eine einhändig zu öffnende und feststellbare Klinge verfügen.
Werbung
Messer mit feststehenden Klingen unterliegen unabhängig von Größe oder Klingenlänge keinem generellen Verbot, allerdings kann eine andere Bestimmung im kanadischen Waffenrecht greifen. Messer, die „dazu vorgesehen sind, gegen Menschen eingesetzt zu werden“, unterliegen ebenfalls einem Import, Erwerbs- und Führverbot. Zu dieser Gruppe gehören tatsächliche oder augenscheinliche Kampfmesser, wobei mangels Definition keine zuverlässige Abgrenzung gegenüber normalen Gebrauchsmessern möglich ist¹.
Als Tourist kann man ein „normales“ Outdoormesser, einen Bushcrafter oder ein sogenanntes Fahrtenmesser sowie die im ersten Abschnitt erwähnten Taschenmesser mitführen. Messer, die sich optisch an Kampfmessern orientieren oder die von ihren Herstellern als Waffe beworben werden, sollte man sicherheitshalber nicht mit nach Kanada nehmen. Dazu gehören auch Messer mit „tacticooler“ Optik, die ein Messer für den militärischen Einsatz nachahmen. Hier besteht das Risiko, dass ein Messer aufgrund seiner Optik aufgrund des Ermessensspielraums des kontrollierenden Beamten den Kampfmessern zugeschlagen werden kann.
Kontrollen bei der Einreise
Bei Ankunft in Kanada erfolgt eine Einreisebefragung durch Beamte der Einwanderungsbehörde CBSA. Reisende müssen den Beamten überzeugend darlegen, dass sie über ausreichende finanzielle Mittel für den geplanten Aufenthalt verfügen, keine Arbeitsaufnahme beabsichtigen und Kanada nach Ende des Besuchs wieder verlassen. Die Einreise wird verweigert, wenn Reisende als nicht akzeptabel zur Einreise („inadmissible“) eingestuft werden, z. B. bei falschen Angaben, Gefahr für die Sicherheit, Verurteilung wegen Straftaten (auch außerhalb Kanadas), Risiko für die öffentliche Gesundheit o.Ä. (↑)
Wird man mit einem verbotenen Messer oder verbotenen Gegenstand in Kanada oder bei der Einreise erwischt, sind neben empfindlichen Geldstrafen und Sicherstellung des Gegenstandes auch Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren möglich.
Achtung: bei den Reiseinformationen des Auswärtigen Amtes gibt es zum Waffengesetz in Kanada eine missverständliche Formulierung. Dort heißt es im Abschnitt „Waffen“:
„Die Einfuhr von Waffen muss bei der Einreise deklariert werden. Im Regelfall wird eine Genehmigung für 60 Tage erteilt.“
Der Hinweis bezieht sich (vor-) angemeldete Schusswaffen von Jägern oder Sportschützen. Der Satz lässt sich nicht auf mitgeführte Messer oder auf Gegenstände anwenden, die in einer der Verbotslisten auftauchen!
In Kanada gibt es strikte Verbote hinsichtlich Alkohol- und Tabakgenuss. Das Rauchen vor öffentlichen Gebäuden ist ebenso verboten, wie an den Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel. Alkoholgenuss in der Öffentlichkeit ist in Kanada verboten. In Fahrzeugen dürfen sich keine geöffneten alkoholischen Getränke in Reichweite des Fahrers befinden. Während kanadischer Feiertage wird üblicherweise ein Alkoholverbot auf Campingplätzen und in National- und Provinzparks verhängt. (↑) Verstöße gegen diese Regelungen können neben Bußgeldern auch zu Durchsuchungen von Kleidung und Gepäck führen.
Werbung
Links
- Kanadisches Recht: Grandfather clause
- Kanadisches Recht: CBSA – Canada Border Services Agency
- Knife-Blog: Importverbot von Messern in Kanada
- Knife-Blog Thema: Waffenrecht in anderen Ländern
- Hintergrund: Terroranschlag in Edmonton
- Waffenrecht Kanada: Memorandum D19-13-2
- Für Reisende: Visumregelungen in Kanada
- Für Touristen: Allgemeine Reisehinweise Kanada
¹ Auszug aus den Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland.
Die Informationen zu Gesetzesvorschriften und rechtlichen Aspekten in diesem Artikel beruhen auf gründlicher Recherche und den angegebenen Quellen, geben aber Meinung und Verständnis eines juristischen Laien wieder und sind daher unverbindlich!