Cold Steel American Lawman

Cold Steel American Lawman

Das Cold Steel American Lawman ist optisch ein unauffälliges Messer, es heischt nicht nach Aufmerksamkeit und lässt sich daher leicht übersehen. Knife-Blog ist erst über dieses Modell gestolpert, als ein Messer für den Artikel über das Tri-Ad Lock von Cold Steel anstand. Auf den zweiten und dritten Blick offenbart das American Lawman allerdings nicht nur einige Besonderheiten, sondern lockt auch mit überdurchschnittlichen EDC-Qualitäten.

Zugegeben, der Begriff „American Lawman“, also amerikanischer Gesetzeshüter, ist in diesen Tagen alles andere als positiv besetzt. In Minneapolis kam vor wenigen Tagen der Bürger George Floyd durch Gewaltanwendung mindestens eines Polizisten ums Leben. Der Vorfall wird von der Generalstaatsanwaltschaft des US-Bundesstaates Minnesota als Mord zweiten Grades verfolgt und die videodokumentierte Polizeigewalt hat weltweit Abscheu und Entsetzen hervorgerufen.

American Lawman oder nicht – das Messer ist außen vor und man sollte trotz der jüngsten Ereignisse und aller berechtigten Einwände nicht vergessen, dass die überwiegende Mehrheit der Polizisten ihre Aufgaben im Rahmen von Verfassung und Gesetzen wahrnimmt. Ausnahmen bestätigen die Regel, hierzulande ebenso wie in den USA.

Das Cold Steel American Lawman ist ein Einhandmesser mittlerer Größe, es tendiert allerdings eher zu den großen Taschenmessern als zu den Kleinen. Die 84 Millimeter lange Klinge lässt sich klassisch über beidseitig angebrachte Daumenpins öffnen. Als Klingenverriegelung kommt als „Haussystem“ von Cold Steel ein Tri-Ad Lock zum Einsatz. Allen Details, der Funktionsbeschreibung und vielen wissenswerten Fakten zu Stärken und Schwächen des Tri-Ad Lock widmet sich der Knife-Blog Artikel „Tri-Ad Lock – Klingenverriegelung für Taschenmesser“ .

Cold Steel American Lawman

Ein Messer, das für Polizei, Militärangehörige und sogenannte „first responders“, also auch Feuerwehr und Rettungskräfte konzipiert ist, muss nicht nur besonders gut handhabbar, sondern auch jeder Situation gewachsen und selbst unter erschwerten Umständen zuverlässig sein. Die verwendeten Materialien und der Aufbau des Messers müssen überdurchschnittlich stabil und belastbar sein. Die Messlatte für das Cold Steel American Lawman liegt also auf respektabler Höhe.

Cold Steel American Lawman - open, front, HiRes

Die Materialien sind wertig, aber unspektakulär. Dröseln wir die Zutaten mal auf. Beim Klingenstahl setzt Cold Steel auf CPM-S35VN. Das ist patriotisch korrekt, denn der pulvermetallurgische Stahl von Hersteller Crucible Industries ist ein lupenreines US-Produkt. Qualitativ spielt CPM-S35VN in der Oberklasse und schmiedet aus den Kontrahenten Härte und Zähigkeit eine brauchbare Einheit. An sein europäisches Pendant M390 reicht CPM-S35VN nicht ganz heran – eine gute Wahl ist dieser Stahl trotzdem.

Die Griffschalen bestehen aus G-10 und besitzen auf ihrer gesamten Oberfläche eine gleichmäßige Feinstruktur was der Rutschhemmung des Messergriffs zugutekommt. Mit bloßen Händen und Einsatzhandschuhen zeigt das American Lawman kaum Tendenzen, sich im Handballen zu verschieben oder sich gar aus den umschließenden Fingern zu winden.

Handlage und Ergonomie

Damit sind wir bei Griffform und Handlage und treffen auf die wohl bemerkenswerteste Eigenschaft dieses Taschenmessers: seinen schmalen Griff. Normalerweise würde man an einem Einsatzmesser für Sicherheitskräfte und „first responders“ einen voluminösen, bauchigen Griff erwarten, der satt und sicher in der Faust ruht. Doch der Griff des Cold Steel American Lawman ist gerade einmal einen Zentimeter breit. Die Schieblehre zeigt einen Mittelwert von 10,2 Millimetern. Ein Stilbruch?

Auf den ersten Blick ja, doch der Alltagsgebrauch gibt gegenteilige Auskunft. Durch die Höhe des Griffs, 25 Millimeter an der tiefsten Stelle der Zeigefingermulde und 30 Millimeter im Bereich der Klingenentriegelung, relativiert sich die schmale Bauweise. Das Produkt aus Breite und Höhe ergibt einen ausreichend großen Griff für mittelgroße bis große Männerhände, wobei auch behandschuhte Hände ausreichend Platz und Grip finden.

Cold Steel American Lawman, Aufsicht

Die große und tief ausgekehlte Mulde für den Zeigefinger gibt die Handlage alternativlos vor. Die restlichen Finger finden ausreichend Platz am überraschend gerade gestalteten Griffstück, wenn die Handgröße nicht allzu weit über Handschuhgröße 10 hinausgeht.

Der Daumen ragt auf dem Klingenrücken locker bis zur Klingenmitte. Auch ungewöhnlich: Kein Jimping auf dem Klingenrücken eines taktischen Messers!

Das American Lawman kombiniert den schmalsten Griff, den ich je an einem Einsatzmesser gesehen habe, mit flachen Griffschalen und einem nur grob konturierten Griff. Das Ergebnis ist allemal erstaunlich. Der Kopf sagt: „Nein, dieses Konzept kann nicht funktionieren“, doch die Praxis widerlegt Schädels Argwohn. Das Konzept funktioniert und kommt mit einem bemerkenswert kleinen Kompromiss aus.

Die schmale Bauform bringt einen Riesenvorteil mit: Das Cold Steel American Lawman trägt weder am Gürtel, noch im Holster oder in einer Hosentasche auf. Kein Wunder bei einem Gewicht von 118 Gramm. Der Vollständigkeit halber noch schnell die restlichen Daten: Die Länge des geöffneten Messers beträgt 205 Millimeter, die Grifflänge 123 Millimeter.

Ich rufe mich zur Ordnung und mahne mich zur Objektivität, denn das Messer trifft in mehrfacher Hinsicht meinen persönlichen Geschmack. Wenn ich einen Messertyp verabscheue, dann sind es bräsige Hosentaschenausbeuler mit kleinen, impotenten Klingen. Das American Lawman umgarnt mich, weil es das genaue Gegenteil darstellt.

Material, Qualität und Verarbeitung

Wieder ein Blick auf die Klinge. Die ist 84 Millimeter lang (nicht 86 mm, wie auf vielen Internetseiten steht) und 3,5 Millimeter stark. Witziges Detail am Rande: Cold Steel USA gibt die Klingenlänge in Inch aber die Klingenstärke in Millimetern an.

Kein Witz ist die rabenschwarze DLC-Beschichtung der Klinge, denn die ist tadellos gelungen. Unter der gleichmäßigen Beschichtung lässt sich eine feine Oberflächenstruktur erahnen, beinahe wie bei einer satinierten Klinge. Die Oberfläche lässt sich gut reinigen und hat sich Alltag als abriebfester erwiesen, als man von einer DLC Beschichtung in dieser Preisklasse erwarten würde.

Exkurs: DLC Beschichtung

DLC steht ursprünglich für „Diamond-like Carbon„, also Kohlenstoff von Diamant-ähnlicher Härte. Manchmal wird die Abkürzung auch als „Diamond-like Coating“, Diamant-ähnliche Beschichtung interpretiert.

DLC Beschichtungen sind eine Weiterentwicklung der alten Pulverbeschichtungen. Sie bestehen aus dünnen Graphitschichten mit sp2-hybridisierten Kohlenstoffatomen. Die aufgebrachten Kohlenstoffatome bilden mikro- oder nanokristalline Schichten, die durch gezieltes Verändern der Prozessparameter texturiert werden können.

Hinsichtlich Härte und Verschleißwiderstand gehören DLC-Beschichtungen zum Besten, was derzeit technisch machbar und gleichzeitig bezahlbar ist. Ursprünglich wurden die Beschichtungen zur Performance-Steigerung an Flugzeugbremsen und zur Oberflächenvergütung bei Kolben und Laufbuchsen von (Renn-) Motoren eingesetzt.

Die für Cold Steel typischen, weißen Beschriftungen befinden sich ausschließlich im Bereich der Klingenwurzel und erscheinen gestochen scharf. Beim Klingenschliff fährt Cold Steel Pluspunkte ein. Frühere Produkte gaben in diesem Punkt gelegentlich Anlass zu Kritik, doch beim American Lawman lässt sich die Firma aus Ventura bei keinem Lapsus erwischen. Die Drop Point Klinge des Einsatzmessers ist seitensymmetrisch und winkelstabil angeschliffen und überzeugt mit giftiger Schärfe.

Das Cold Steel American Lawman im Einsatz

Wie schon gesagt, die schmale Bauweise macht das Messer zu einem unaufdringlichen Begleiter. Cold Steel verzichtet bei diesem Modell auf überflüssiges, taktisches Gepränge und hält die Optik des Messers dezent und funktional. In seiner Werbung charakterisiert der Hersteller die Erscheinung des Messers als „Civilian Friendly“, was man mit „einigermaßen sozialverträglich“ übersetzen könnte.

Der Rahmenkonstruktion des American Lawman entspricht dem angedachten Einsatzzweck. Der große Backspacer erstreckt sich über die gesamte hintere Hälfte des Griffs und ist über sieben (!) Schrauben mit den Griffschalen verbunden. Im vorderen Griffbereich sind die Griffschalen über die Achsschraube und zwei Pins fixiert. Dieser robuste Aufbau lässt kein Wackeln oder Knarzen zu: Die Klinge sitzt spielfrei und in verriegelter Position bombenfest.

Das Tri-Ad Lock ist eine Variante des Back Lock, die von Andrew Demko entwickelt und exklusiv an Cold Steel lizensiert wurde. Ein Druck auf den Metallbügel in der Mitte des Klingenrückens gibt die Klinge frei.

Auf einen „Boye Dent“, eine Fingermulde auf der Entriegelungsschiene, verzichtet Cold Steel und setzt damit das gradlinige, schmucklose Design auch in diesem Bereich konsequent um.

Der Kraftaufwand zum Entriegeln der Klinge ist gering; die Handhabung des Tri-Ad Lock ist ebenso einfach und selbsterklärend wie beim Back Lock.

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Auch das Öffnen des Einhandmessers sorgt dank geglückter Geometrie für keine negativen Überraschungen. Die beidseitig an der Klinge angebrachten Daumenpins sitzen an der richtigen Stelle, sodass sich das Messer mühelos mit einer fließenden Bewegung öffnen lässt.

Eine weitere Besonderheit der Konstruktion des American Lawman ist seine Eignung für Rechts- und Linkshänder. Die Eignung von Produkten für Linkshänder genießt in den USA höheren Stellenwert als in europäischen oder asiatischen Ländern. Gut ist, dass das „ambidextrous design“, also die beidhändige Gebrauchsmöglichkeit, nicht mit Nachteilen an irgendeiner Stelle erkauft werden muss. So ist das Messer universell und bevorzugt oder benachteiligt niemanden.

Der Taschenclip ist einfach gehalten. Der etwas kurz erscheinende Stahlbügel ist beidseitig montierbar wobei das Messer immer Tip-Up in der Tasche getragen wird. Obwohl der Taschenclip nur 34 Millimeter nutzbare Länge aufweist, hält er das American Lawman sicher in der Hosentasche.

Fazit und Preis

Das Cold Steel American Lawman ist eine rundum gelungene Konstruktion und erreicht eine höhere Bewertung, als vor Testbeginn für ein Taschenmesser mit G-10 Griffschalen und dem überschaubaren technischem Aufwand möglich erschien. Das Messer ist unspektakulär, erfreulich unprätentiös, aber wirkungsvoll – seine Klinge ist ein Allrounder, der vor keiner Aufgabe zurückschreckt.

Cold Steel American Lawman, offen und geschlossen

Und nun der Preis. 169,99 € muss man Klingenreich beim Kauf des American Lawman überweisen. Andere Online-Händler liegen einige Euro höher.

Auch wenn das aktuelle Modell des Messers nicht mehr die CTS-XHP Klinge seines Vorgängers besitzt, geht dieser Preis absolut in Ordnung. Klar, G-10 ist nichts Besonderes und die Konstruktion des Taschenmessers ist frei von Gimmicks, trotzdem ist das Preis-Leistungs-Verhältnis überdurchschnittlich.

Bild: Cold Steel

Das Design zeigt eine Nüchternheit, die auf jeglichen Schnickschnack verzichtet und sich eindeutig unter die Profis unter den Messerträgern wendet. Das Messer will weder auffallen noch Eindruck schinden, es will einfach nur funktionieren. Zum Angeben taugt es nicht und kaum jemand wird sich auf einem Messertreffen nach einem Cold Steel American Lawman umdrehen. Wer jedoch ein zuverlässiges, universelles EDC sucht und Funktionalität mehr als optische Akzente schätzt, wird diesen schwarzen Begleiter sehr schnell schätzen lernen.

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Titelbild: iStock.com:zabelin, Composition: Knife-Blog

Cold Steel American Lawman
In einem Satz:
Das Messer ist unspektakulär und nicht billig, dafür ist es sehr stabil und ein zuverlässiger Begleiter mit guten Allround-Eigenschaften.
Klingenstahl
Anschliff
Design, Praxistauglichkeit, Sicherheit
Material- und Verarbeitungsqualität
Ergonomie und Justage
Preis-Leistungs-Verhältnis
4.4
Knife-Blog Wertung