„Obuy“ lautet der Name eines kürzlich eröffneten Onlineshops und die Namensähnlichkeit zum Taschenlampenhersteller „Olight“ gibt einen Hinweis auf die Betreiber. Das Angebot bei Obuy umfasst beinahe alles, was Angler, Wanderer, Outdoor-Fans und Prepper für Alltag oder Urlaub benötigen. Selbstverständlich gehören auch Messer mit feststehender Klinge und Folder zum Angebot und die firmieren unter dem Markennamen „Oknife“. Knife-Blog hat ein Fixed Blade aus dem Obuy-Shop getestet und das Messer einem Qualitätscheck unterzogen.
Inhalt und Übersicht
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Outdoor-Shops, die eine eigene Messermarke anbieten, findet man im Internet an jeder Ecke. Häufig stammen die Messer von chinesischen OEM-Herstellern und werden nur mit einem passenden Branding versehen oder wurden von den Shop-Betreibern selbst designend. Auch wenn die Produkte meist ambitioniert sind, kommen sie bei Alltagstauglichkeit und Qualität jedoch nur selten über ein „schwach ausreichend“ hinaus. Kein Wunder also, dass die Erwartungen vor Testbeginn bei Knife-Blog ein wenig gedämpft ausfallen.
Die Taschenlampen mit dem Markennamen „Olight“ haben seit Jahren auf dem europäischen Markt ihren Platz. Olight hat sich dabei einen Namen als Hersteller hochwertiger und zuverlässiger LED-Lampen erworben. Nun folgt eine Messerlinie und die Namensgebung „Oknife“ führt die ursprüngliche Idee fort.
Das Outdoor-Messer von Oknife trägt den Namen Fortitude. Schon wenn man das Messer in seiner Originalverpackung zur Hand nimmt, fällt erstaunlich hohes Gewicht auf. Da kündigt sich offenbar ein sehr robustes Schneidwerkzeug an.
Nur wenige Gramm fehlen an ein Pfund, wenn das Messer in seiner Originalverpackung auf der Waage liegt, wobei Pappkarton und Bedienungsanleitung allerdings kaum ins Gewicht fallen. In der Verpackung findet sich neben Messer und seiner mit einem Teklok versehenen Scheide auch ein großer Patch mit „Fortitude“ Schriftzug und martialischen Bärenklauen.
Bedienungsanleitung? Richtig gelesen! Dem Messer liegt eine Bedienungsanleitung bei, die unter anderem Auskunft über das Ziehen und Einstecken des Messers in seine Scheide gibt. Das mag dem erfahrenen Messerfan etwas skurril erscheinen, aber Oknife zielt mit dem Fortitude wohl hauptsächlich auf Kunden, die bisher eher selten mit dem Werkzeug Messer in Kontakt gekommen sind.
Oknife Fortitude
Werden Messer mit feststehender Klinge von einem OEM angeboten oder von Hobby-Designern gezeichnet, gehören Mängel bei Ergonomie und Balance regelmäßig zu den Kritikpunkten. Oknife hat beide Klippen erfolgreich umschifft, sowohl in ergonomischer Hinsicht als auch bei Handlage und Balance kann sich das Fortitude im oberen Mittelfeld behaupten.
Mit einer Länge von 12 Zentimetern ist der Griff des Fortitude üppig dimensioniert. Für die Finger stehen an der Griffunterseite rund zehn Zentimeter zur Verfügung, sodass auch große Hände das Messer sicher und bequem halten können. Die Griffschalen besitzen eine leicht bauchige Kontur und sind entlang der Längsachse gut 16 Millimeter breit. Zusammen mit der Griffhöhe von rund 25 Millimetern ergibt sich ein praxistauglicher Querschnitt, der für die Mehrzahl aller kleinen und großen Hände gut passen sollte.
Ebenfalls keine Kritik gibt es an der Balance des Fortitude. Der Schwerpunkt liegt auf Höhe der Griffmulde für den Zeigefinger, was dem Messer eine leichte Hecklastigkeit beschert. Dadurch bleiben Schneide und Klingenspitze beim Arbeiten gut kontrollier- und steuerbar. Ergonomisch weiß das Fixed Blade von Oknife zu überzeugen.
Das Fortitude im deutschen Waffenrecht
Für alle, die mit dem deutschen Waffengesetz nicht vertraut sind: Das Fortitude unterliegt aufgrund der Klingenlänge unter 12 Zentimetern keinen gesetzlichen Beschränkungen und darf in der Öffentlichkeit geführt werden. Im Artikel „Deutsches Waffenrecht einfach erklärt“ werden alle Hintergründe und Details erläutert.
Material und Verarbeitung
Beim Klingenstahl haben sich die Macher von Oknife für den Werkzeugstahl D2 entschieden. Der Stahl wird von manchen Messerfans kritisiert, andere betonen ihre guten Erfahrungen mit D2. Um beide Position verstehen zu können und um zu einer Bewertung zu kommen, muss man einen detaillierten Blick auf diesen Stahl werfen. AISI D2 gehört zu den „alten“ Stählen. Seit fast sieben Jahrzehnten behauptet der Werkzeugstahl seinen Platz in der Messerszene.
Bemerkenswert ist die hohe Härte von D2, der Stahl lässt sich auf bis zu 65 HRC härten, ohne dass die Zähigkeit der Legierung so weit abnimmt, dass Bruchgefahr entsteht. In diesen Punkt können selbst viele pulvermetallurgische Stähle dem etwas angestaubten D2 nicht das Wasser reichen. Auf der Habenseite verbucht D2 außerdem gute Schnitthaltigkeit, eine fein ausschleifbare Schneide und gute Nachschärfbarkeit.
C | Cr | V | Mo | Mn | Si |
---|---|---|---|---|---|
1,55 % | 11,30 % | 0,80 % | 0,80 % | 0,40 % | 0,30 % |
In Verruf gekommen ist D2 nicht durch diese Eigenschaften, sondern durch die Tatsache, dass der Stahl von Dutzenden Herstellern in höchst unterschiedlichen Qualitäten produziert wird. Manche Varietäten von D2 geben gute Klingen ab, andere sind für hochwertige Schneidwerkzeuge nicht geeignet. Messerklingen aus qualitativ hochwertigem und sorgfältig produziertem D2-Stahl sind zuverlässig, langlebig und überzeugen im Alltag durch Härte, Schärfe und ordentliche Schnitthaltigkeit.
Das Legierungskonzept von D2 ist ebenso alt wie aktuell, denn die Legierung des Stahls wird beinahe unverändert bei der pulvermetallurgischen Variante CPM-D2 wie auch bei PSF27 verwendet. Letzterer ist ein Hochleistungsstahl, der im Spray-Forming-Verfahren hergestellt wird und der gelegentlich bei Strider Knives zum Einsatz kommt.
Die Klingenform des Oknife Fortitude ist ein Mix aus viel Clip Point Blade mit einem Schuss Bowie-Knife. Auf den Bowie-typischen Anstieg der Spitze verzichtet der Designer, was bei einem als Allrounder gedachten Fixed Blade eine gute Entscheidung ist. Eine Swedge im Bereich des „geclipten“, also in Richtung Spitze weisenden Abschnitt des Klingenrückens lässt das Messer deutlich eleganter erscheinen. Gleichzeitig sinkt das Gewicht im vorderen Bereich der Klinge und die Penetrationsfähigkeit der Klingenspitze verbessert sich.
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Die Klinge des Fortitude besitzt unterhalb der Gratlinie einen Flachschliff (Sabre Grind). Der Anschliff ist weitgehend seitensymmetrisch und winkelstabil. Die Schärfe der Klinge ist entlang der gesamten Schneide als gut zu bewerten, die Klingenspitze ist perfekt geschliffen. Obwohl der D2-Stahl nicht niedrig legiert ist und gut elf Prozent Chromanteil besitzt, ist der Stahl nicht korrosionsfrei. Er ist aber weitgehend rostträge, dennoch ergibt die Klingenbeschichtung mit Cerakote Sinn. Das Grün der Klinge harmoniert mit dem Grün der Griffschalen.
Auch wenn der optische Eindruck auf Micarta als Griffmaterial deutet, handelt es sich um den Kunststoff G-10. Das ist kein Manko, aber bei einem Messer, das preislich knapp oberhalb der Budget-Knives liegt, wäre Micarta als Griffmaterial wünschenswert. Zu mäkeln gibt es an der Passgenauigkeit und Oberflächenbeschaffenheit der G-10 Griffschalen allerdings nichts.
Technische Daten
- Bauart: Messer mit feststehender Klinge (Flacherl)
- Hersteller: Oknife (China)
- Klingenlänge: 109 mm
- Klingenstärke: 3,7 mm
- Klingenhöhe: 31 mm
- Klingenstahl: AISI D2
- Grifflänge / -höhe: 112 mm / ca. 25 mm
- Gesamtlänge: 230 mm
- Gewicht: 202 g
- Gewicht mit Scheide und Teklok: 315 g
Wie bei jedem Messer in Full Tang Bauweise mit verschraubten Griffschalen lässt sich auch das Fortitude zwecks Grundreinigung mit wenigen Handgriffen zerlegen. Leider liegen die benötigten Steckschlüssel nicht bei.
(Bild: Obuy Shop)
Hochwertiges Zubehör
Zum Lieferumfang des Oknife Fortitude gehört eine Scheide im Kydex-Stil. Ob es sich tatsächlich um Kydex oder einen sehr ähnlichen Kunststoff handelt, lässt sich nicht feststellen und Oknife macht auf seiner Homepage dazu keine Angaben. Bleiben wir also beim Begriff „Kydex“. Das Material der Scheide ist mit zwei Millimeter Stärke sehr solide und zusätzlich mit neun Metallnieten verstärkt. Positiv ist, dass die Anordnung der Nieten das Befestigen der Scheide an einem Teklok in verschiedenen Positionen ermöglicht. Die Verarbeitungsqualität der Messerscheide kann ebenso überzeugen wie das Material. Zudem sitzt das Fortitude passgenau und spielfrei in der präzise geformten Behausung.
Ebenfalls zum Lieferumfang gehört ein Teklok, mit dem das Messer am Gürtel oder der Ausrüstung befestigt werden kann. Mittels einer Verriegelung per Sperrhebel ist das Teklok gegen unbeabsichtigtes Öffnen gesichert. Die Verwendung der Sicherung wird in der beiliegenden Broschüre erklärt.
Fazit
„Konkurrenz belebt das Geschäft“ ist ein Bonmot aus der Welt des Handels und der Satz zielt darauf ab, dass manchmal die Nachfrage mit dem Angebot steigt. Betreiber von Webshops werden beinahe täglich mit neuen Internet-Firmen in ihrem Fachgebiet konfrontiert, von denen nicht alle die kritischen ersten beiden Jahre überleben. Oknife lässt mit seinem professionell aufgezogenem Shop keine Zweifel daran, dass die Firma gekommen ist, um zu bleiben.
Eine Schockwelle wird Oknife unter den etablierten Messerhändlern nicht auslösen, denn die Preisgestaltung ist zumindest hinsichtlich des „Fortitude“ Messers nicht übermäßig aggressiv. Mit 107,94 € gehört das Fortitude bereits zur Mittelpreislage und sortiert sich preislich zwischen den chinesischen und italienischen Herstellern ein.
Das Oknife Fortitude ist sauber verarbeitet. Besonders erwähnenswert ist die Qualität des Zubehörs, was in dieser Preisklasse keine Selbstverständlichkeit ist. Das Fehlen der Inbusschlüssel zum Demontieren der Griffschalen erzwingt eine leichte Abwertung. Dafür kann man die Messerscheide kaum besser machen und auch das mitgelieferte Teklok gehört qualitativ zu den Besseren auf dem Markt. Bei Klingenstahl und Griffmaterial ist noch Luft nach oben. Eine Klinge aus CPM-3V und Micarta-Griffschalen würden diesem Messer ausgezeichnet stehen.
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Links und Bewertung
- Hersteller: Oknife
- Bezugsquelle: Obuy Onlineshop
- Knife-Blog Rubrik: Messer mit feststehender Klinge im Review
- Knife-Blog Thema: Outdoor-Messer
Titelbild: Pixabay:Antranias