Die Messermacherszene in Amerika scheint schier unerschöpflich. Messerfans mit einer Neigung zu Messern aus US-Produktion können stets etwas Neues finden. Manchmal stolpert man sogar über eine alteingesessene Firma, die in Deutschland vielen Messerfans unbekannt ist. Dawson Knives gehört in diese Kategorie und die Seltenheit der Messer in Europa erklärt sich aus begrenzten Fertigungszahlen und der hohen Nachfrage in den USA. Doch letztlich dürften Preis und Leistung die entscheidende Rolle spielen.
Inhalt und Übersicht
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Messer von Dawson Knives erlangen ihre Eigenständigkeit nicht nur durch unverkennbare Linienführung und markantes Design, sondern manchmal auch durch die ungewöhnliche Zusammenstellung der Materialien für die aufwendigen Scheiden. Deren Rückseite besteht aus geformtem Carbon, wohingegen die Vorderseite aus Leder gefertigt wird. Auch bei der Klingenbeschichtung geht Dawson Knives einen eigenen Weg.
Dawson Knives
Dawson Knives ist ein kleiner Familienbetrieb mit einer Handvoll Angestellten. Barry Dawson gründete die Firma 1973 nach seiner Dienstzeit beim Militär. Die Anfänge waren ausgesprochen bescheiden. Seinen Traum, erstklassige Messer mit feststehender Klinge zu bauen, standen geringe finanzielle Mittel und das Fehlen einer geeigneten Werkstatt entgegen. Also startete er sein Ein-Mann-Unternehmen in einer alten Scheune und suchte die benötigten Werkzeuge und Maschinen auf den Gebrauchtbörsen der Umgebung zusammen.
Einige Jahre später reichte das Geld für den Umzug in neue Räume und einen zeitgemäßen Maschinenpark samt Härteofen, Planfräse und Laser-Graviermaschine. Heute residiert Dawson Knives in Prescott, Arizona und die dritte Generation der Messermacherfamilie steht bereit, die handwerkliche Tradition zu übernehmen. Unterstützt wird Enkel Sam von langjährigen Mitarbeitern und von Barry Dawson selbst, der sich vom Tagesgeschäft zurückgezogen hat, aber seiner Mannschaft noch immer beratend zur Seite steht.
Die Produktpalette von Dawson Knives ist traditionell vielfältig und reicht von kleinen und mittelgroßen Fixed Blades für den Alltag bis zu ausgewachsenen Survival-Messern, Macheten und Schwertern. In reiner Handarbeit entstehen auch Sammlerstücke, deren Damast bei Dawson Knives geschmiedet wird.
Copper Canyon von Dawson Knives
Das Modell „Copper Canyon“ gehört mit 110 Millimeter Klingenlänge zu den kleinen Fixed Blades der Amerikaner und ist daher eines der wenigen Dawson Messermodelle, die in Deutschland nicht dem eingeschränkten Führverbot unterliegen. Interessanterweise taucht das Modell „Copper Canyon“ auf der Homepage von Dawson nicht auf, als Exportware für „klingenlängenbeschränkte Krauts“ ist das Messer trotzdem nicht gedacht. Das noch kleinere Modell „Outcast“ wird weltweit angeboten.
Zum Lieferumfang des Copper Canyon Messers gehört eine Scheide, deren Vorderseite aus braunem Leder besteht, wohingegen die Rückseite aus einer zwei Millimeter starken Platte aus Carbon gefertigt ist. Im Gegensatz zu Kydex-Scheiden, bei denen das Material weich und ein wenig biegsam erscheint, ist die Carbonplatte hart wie Beton. Ob das Konzept dieser einzigartigen Kombination zweier Materialien für eine Messerscheide aufgeht, wird sich spätestens während der praktischen Erprobung zeigen.
Klinge und Klingenstahl
Der Name des Messers bezieht sich auf die im Abendlicht kupferfarben schimmernden Hänge des Grand Canyon, die sich in der Klinge zu spiegeln scheinen. Tatsächlich verwendet Dawson Knives eine selbst entwickelte Beschichtung auf Cerakote Basis, die den Stahl vor Kratzern schützt und Korrosion vorbeugen soll.
Im Fall des „Copper Canyon“ ist Korrosion allerdings kein Thema, denn Dawson Knives fertigt die Klinge seit Kurzem aus MagnaCut. Dieser Stahl ist so korrosionsträge, dass man sich getrost den Begriff „rostfrei“ aus der Sprache der Werbetexter borgen kann. MagnaCut ist ein neu konzipierter PM-Stahl, der hinsichtlich Schnitthaltigkeit, Zähigkeit und Korrosionsfestigkeit die Messlatte ein gutes Stück nach oben verschoben hat. Alles Wissenswerte zu MagnaCut hat Knife-Blog in einem ausführlichen Artikel zusammengefasst.
Bis vor einigen Monaten verwendete Dawson Knives den Messerstahl CPM-3V für seine Klingen. Da dieser Stahl nicht sehr korrosionsträge ist, war das Beschichten der Klinge eine sinnvolle Maßnahme. Bei Klingen aus MagnaCut steht hingegen der optische Effekt im Vordergrund. Die Ziffern hinter der Stahlsorte „CPM MagnaCut“ beziehen sich im Übrigen nicht auf den Klingenstahl, sondern geben die Seriennummer an.
Das Copper Canyon liegt in der Übergangszeit in zwei Versionen mit unterschiedlichen Klingenstählen bei den Händlern. Beim Kauf dieses Messermodells sollte man also vorab klären, ob die Klinge aus der gewünschten Stahlsorte hergestellt wurde.
Die auffällige Klingenbeschichtung ist ein Alleinstellungsmerkmal der Messer von Dawson Knives. Selbstverständlich möchte man sich vor Nachahmern schützen und dementsprechend wortkarg gibt sich die Firma bei Fragen nach Materialien oder Verarbeitungstechnik. Cerakote ist allerdings ein brauchbarer Hinweis, denn diese Beschichtung kann schwarz, farbig oder weitgehend transparent sein. In einem Video zeigt Cerakote einen „Destruction test“ um die Widerstandskraft der Beschichtung zu demonstrieren. Doch die Frage, wie Dawson Knives den marmorierten Look der Klingen erzeugt, bleibt unbeantwortet.
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Design und Ergonomie
Bei der Klingenform hat sich Dawson Knives für eine Jagdmesservariante und gegen einen echten Allrounder entschieden. Die Drop-Point-Klinge ist mit einem ausgeprägten Hohlschliff versehen. Der Klingenrücken senkt sich in einem leicht konkaven Bogen zur Spitze und verbreitet so einen Hauch Bowie-Knife-Flair. So taugt die leicht gebogene und spitz zulaufende Klinge gleichzeitig als Nicker und Skinner und macht vor allem beim Filetieren von Fisch eine gute Figur. Ein typisches „Bird & Trout“ Messer, das mit seiner langen, schmalen Klinge auch eine Brotzeit bewältigt, aber für manch andere EDC-Aufgabe nicht zur ersten Wahl gehört.
Der Griff besteht aus zweifarbigen G10. Neben dem Schwarz-Rot dieses Copper Canyon bietet Dawson Knives den Griff auch in Schwarz-Weiß sowie in verschiedenen Camouflage-Farben an. Der Griff des Messers ist mit einer starken Konturierung versehen, wobei die Fingermulden links und rechts einigermaßen brachial mit der Schleifscheibe erzeugt wurden.
Von der etwas rustikalen Gestaltung des G-10 Griffs darf man sich allerdings nicht in die Irre führen lassen. Die Ergonomie des Copper Canyon ist besser, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Die tiefe Fingermulde für den Zeigefinger mit integriertem Jimping sowie die Kontur der Griffschalen sorgen für eine solide, bequeme Handlage. Vor allem, wenn die Handschuhgröße des Benutzers zwischen 7,5 und 10 liegt. Für Menschen mit Löwenpranken ist der Querschnitt des Griffs eine Spur zu knapp bemessen.
Messerscheide aus Carbon und Leder
Die Scheide des Copper Canyon gehört zum Ungewöhnlichsten, was man in der Messerwelt finden kann. Vorne vier Millimeter starkes Rindsleder, hinten zwei Millimeter dickes Carbon. In Sachen Steifigkeit wird sich kaum eine Messerscheide finden lassen, die es mit der Konstruktion von Dawson Knives aufnehmen kann.
Copper Canyon – Technische Daten
- Bauform: Messer mit feststehender,
einseitig angeschliffener Klinge, - Klingenlänge: 112 mm,
- Klingenstärke: 3,5 mm,
- Klingenhöhe: 25 mm (mittig),
- Klingenform: Mix aus Clip u. Drop Point,
- Klingenstahl: MagnaCut, (vorher CPM-3V)
- Klingenschliff: Hohlschliff, glatt,
- Grifflänge: 115 mm (nutzbar 95 mm),
- Griffmaterial: G-10
- Gewicht o./m. Scheide: 195 g / 335g,
- Zubehör: Scheide aus Leder und Carbon.
Warum Carbon statt Kydex? Ist Carbon besser geeignet und sollte es bisher niemand außerhalb von Prescott bemerkt haben? Auf der Website von Dawson Knives finden sich zahlreiche Statements zu den eigenen Qualitätsansprüchen und Anforderungen an Materialien, doch klare Aussagen zur Materialwahl fehlen und die Intention der Firma aus Arizona bleibt nebulös. Im firmeneigenen Blog finden sich im entsprechenden Artikel lediglich sehr allgemeine Aussagen: „Wir fertigen alle unsere Messer so, dass sie den Test der Zeit bestehen. Wir brauchten Griffmaterialien, die mithalten können. G10 und Kohlefaser sind das Richtige“.
Klar, Carbon ist immer schick, aber die Stärken des Materials sind auch seine Schwächen, sprich: Die sehr steife Scheide hat die Tendenz, beim Sitzen oder unter enger Kleidung unbequem zu drücken. Egal, ob längs, quer oder am Tek-lok, vor die Einsteigen ins Auto muss man das Copper Canyon von Gürtel nehmen, was Wirbelsäule und Nieren erfreut, aber die EDC-Tauglichkeit des Messers deutlich reduziert.
Handwerklich ist die Scheide aus Leder und Carbon allerdings hervorragend gemacht und gut verarbeitet. Die Klingengeometrie spiegelt sich in der Carbon-Rückwand wider, sodass das Copper Canyon fast spielfrei in seiner Scheide ruht und sich nur ein wenig nach oben oder unten bewegen lässt. Im Alltag erwies sich das Tragen des Messers ohne die verschraubte Lederschlaufe an einem Tek-lok als bequemste Lösung.
Preise und Fazit
Messer von Dawson Knives findet man nicht in der Budget-Klasse. Der Einstiegspreis für das Copper Canyon liegt in Amerika bei rund 315 US-Dollar, dann aber zumeist noch mit Klinge aus CPM-3V. Da dieser Stahl gute Eigenschaften bei Schnitthaltigkeit und Zähigkeit besitzt, kann er eine Alternative für Messerfans sein, die nicht unbedingt eine Klinge aus MagnaCut haben möchten. In Deutschland liegt der Einstiegspreis für dieses Messer bei knapp 400 Euro.
In der hier getesteten Version mit MagnaCut und Carbon-Lederscheide tendiert der Preis allerdings deutlich in Richtung der 500,- Euro Marke und in dieser Preisregion dürften die Kunden rar werden. Zwar punktet das Copper Canyon mit technischen Finessen bei der Klingenbeschichtung und der Carbon-Scheide, aber ob diese Ausstattungsdetails den Preis rechtfertigen, muss jeder Messerfan selbst entscheiden.
Als Jagd- und Fischermesser kann das Copper Canyon von Dawson Knives überzeugen, als EDC taugt es nur mit Einschränkungen.
Links und Bewertung
- Hersteller: Website
- Importeur: ACMA
- Bezugsquelle: MesserMaXX
- Knife-Blog Thema: Messer aus den USA
- Knife-Blog Rubrik: Messer mit feststehender Klinge im Test
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Bildnachweis Titelbild: Depositphotos.com, Autor: kavramm; Messer und Composition: Knife-Blog