Geisterfahrer im Waffenrecht
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Polizei NRW – Geisterfahrer im Waffenrecht?

Das Land NRW ist zurzeit in aller Munde. Nicht wegen des Ergebnisses einer Landtagswahl und auch nicht wegen herausragender Leistungen bei der Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit. Wieder einmal fällt die Polizei in NRW durch Unwissenheit und ein lokales Presseorgan durch haarsträubende Fehlinformationen in Sachen Messer auf. Auf dem Online-Portal „Der Westen“ der WAZ, schießt sich diesmal die angesehene Funke Medien Gruppe mit einem Messer selbst ins Knie.

Inhalt und Übersicht

Na klar, wir alle machen Fehler. Journalisten genauso wie Ärzte oder Taxifahrer. Während Letzteren ein Navi den Weg durch den Straßendschungel weist, benötigen Journalisten neben einer Prise Basiswissen und einer guten Portion Misstrauen vor allem einen unbeugsamen Willen zur gründlichen Recherche. Diese Eigenschaften scheinen in den Schreibstuben der Zeitschrift „Der Westen“ allerdings Mangelware zu sein und so verirrt sich der Verfasser des Artikels „Harmlose Halskette? Von wegen!“ im Paragrafendschungel des deutschen Waffenrechts (siehe unter Links).

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Hintergrund: Für den englischen Begriff “Neck Knife” gibt es im Deutschen keine Entsprechung, daher hat der Anglizismus Eingang in die Umgangssprache gefunden.

Als Neck Knife werden kleine, leichte Messer bezeichnet, die in einer Scheide stecken und mittels Kordel oder Kette um den Hals getragen werden. Neck Knives mit einer Schneide und Klingenlängen unter 120 mm dürfen zugriffsbereit geführt werden.

Was war passiert? Auf dem Mönchengladbacher Hauptbahnhof fiel einer Polizeistreife ein 19-jähriger Mann auf. Bei der anschließenden Routinekontrolle zeigte er sich widerspenstig und provozierte die Polizisten nach deren Darstellung, indem er seine Hände in die Hosentasche steckte und sich bei der Kontrolle wenig kooperativ zeigte. Da der junge Mann auch keinen Ausweis bei sich hatte, endete die Überprüfung auf einem Polizeirevier. Dort fiel den Beamten eine ungewöhnliche Kette am Hals des ausweislosen Missetäters auf, an deren Ende ein Neck Knife baumelte.

Polizei und Medien in NRW – Geisterfahrer im Waffenrecht?

So weit, so gut. Normalerweise wäre die Geschichte an dieser Stelle zu Ende, ohne dass es einer polizeilichen Maßnahme, eines Berichts in „Der Westen“ oder dieses Artikels auf Knife-Blog bedurft hätte. Doch die Polizisten waren anderer Meinung. Kurzerhand erklärten sie das gefundene Neck Knife zum verbotenen Gegenstand, nahmen eine Sicherstellung vor und fertigten eine Strafanzeige gegen den jungen Mann.

Durch die Pressemitteilungen der Polizei wurden die lokalen Medien auf den Fall aufmerksam und „Der Westen“ übernahm die Fehleinschätzungen und Irrtümer der Mönchengladbacher Polizei ungeprüft in seinen Lokalteil.

Von der Polizei in NRW zu Unrecht sichergestelltes Neck Knife
Von der Polizei in NRW zu Unrecht sichergestelltes Neck Knife links und ein Ausriss aus dem Text von “Der Westen”

Bei dem fraglichen Messer handelt es sich, wie bereits gesagt, um ein sogenanntes Neck Knife. Nomen ist auch in diesem Fall Omen, denn das kleine Messer wird tatsächlich bestimmungsgemäß an einer Kette oder einer dünnen Kordel um den Hals getragen. Ob das Messer in der Hosentasche steckt oder um den Hals hängt, macht im Hinblick auf Rechtsvorschriften keinen Unterschied. Die Trageweise eines Messers ist hinsichtlich der Bestimmungen des Waffengesetzes irrelevant.

Bleibt die Frage, warum Journalisten eines angesehenen Medienkonzerns von der Polizei übermittelte Informationen nicht einmal ansatzweise nachprüfen. In Zeiten, in denen jeder deutsche Gesetzestext im Internet nur einen Klick entfernt ist, wäre dem Redakteur der Funke Medien Gruppe zuzumuten gewesen, die rechtliche Einordnung des Messers zu überprüfen. Stattdessen werden Presseinformationen der Polizei ungeprüft gedruckt, frei nach dem Motto: “wenn es die Polizei sagt, muss es ja stimmen …” Journalismus sollte einen anderen Anspruch an sich selbst haben.

Die Falschinformation der Öffentlichkeit schafft Missverständnisse in der Bevölkerung und bildet die Grundlage für Vorurteile und Ressentiments gegenüber Bürgern, die sich gesetzeskonform verhalten und legale Messer mitführen. Die Gefahr ist, dass durch unwahre Berichte das Meinungsbild in der Öffentlichkeit manipuliert wird. Dafür wurde vor Kurzem sogar ein eigener Begriff eingeführt: „Fake News“.

Erlaubtes Neck Knife oder verbotener Gegenstand?

Laut Waffengesetz handelt es sich bei jedem Messer, nicht um eine Waffe, sondern um ein Werkzeug. Das sichergestellte Neck Knife ist ein feststehendes Messer mit einer Klingenlänge unter 12 Zentimetern und weist nur eine geschliffene Schneide auf. Somit gilt das Neck Knife rechtlich als Werkzeug und unterliegt keiner waffenrechtlichen Einschränkung. Jeder Bürger darf solche Messer besitzen und zugriffsbereit führen.

Das Messer hätte also niemals sichergestellt und der junge Mann deshalb auch nicht angezeigt werden dürfen. Ein klarer Rechtsbruch seitens der Polizei! Die Beamten bezeichnen das gefundene Messer allerdings nicht als Neck Knife oder “kleines Messer mit feststehender Klinge, sondern als „Faustmesser“. Letzteres ist im Waffengesetz eindeutig definiert und dort als verbotener Gegenstand eingestuft. Plötzlich steht ein mit Haft bedrohter Straftatbestand im Raum!

Tragbare Gegenstände im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe b … sind … Messer, „mit einem quer zur feststehenden oder feststellbaren Klinge verlaufenden Griff, die bestimmungsgemäß in der geschlossenen Faust geführt oder eingesetzt werden (Faustmesser).

Ziffer 1.4.2 der Anlage 2 zu § 2, Abs. 3 WaffG

Ausnahme: In § 40 Abs. 3 WaffG ist festgelegt, dass „Inhaber einer jagdrechtlichen Erlaubnis und Angehörige von Leder oder Pelz verarbeitenden Berufen” abweichend von § 2 Abs. 3, Umgang mit Faustmessern nach Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.4.2 haben dürfen, sofern sie diese Messer zur Ausübung ihrer Tätigkeit benötigen.

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Neck Knife und Faustmesser sind allerdings so unterschiedlich, dass man sie – sogar als Geisterfahrer – nicht verwechseln kann. Ein Faustmesser besitzt einen “quer zur Klinge verlaufenden Griff”, wie der Gesetzgeber in der Anlage 2 zum Waffengesetz eindeutig definiert hat. In zahlreichen Broschüren und Lehrmaterialien der Polizei sind Faustmesser – da verbotener Gegenstand – beschrieben und abgebildet.

Ein Versehen in Form eines einfachen Arbeitsfehlers dürfte wohl ausscheiden. Zwei Antworten bleiben übrig: Entweder sind die Polizisten in NRW tatsächlich so schlecht ausgebildet, dass sie ein waffenrechtlich relevantes Faustmesser nicht von einem einfachen Messer mit feststehender Klinge unterscheiden können, oder der Bürger wurde vorsätzlich einer nicht begangenen Straftat beschuldigt.

Der Vorgang ist daher so schwerwiegend, da ein Eintrag in das zentrale staatsanwaltliche Verfahrensregister dazu führen kann, dass ein – zu unrecht Beschuldigter – eine Arbeitsstelle nicht erhält oder nicht antreten kann, keine waffenrechtliche Genehmigung erhält und noch nicht einmal eine Gaststätte eröffnen darf. Bis nach einem Freispruch der falsche Tatvorwurf aus allen Datenbanken verschwunden ist, können Monate vergehen.

Polizei in NRW – Geisterfahrer oder Wissenslücken?

Fachlich entspricht dies einer Geisterfahrt des eingangs erwähnten Taxifahrers von Köln bis ins Foyer des Düsseldorfer Ministeriums. Egal ob die Polizisten die Rechtsvorschriften in Sachen Messer tatsächlich nicht besser kennen oder ob sie dem jungen Mann nur „mal eben“ eine Lektion erteilen wollten: Ein schlechter Beigeschmack bleibt auf jeden Fall und erinnert auf unangenehme Weise an die Willkür der Staatsorgane in der ehemaligen DDR.

Die Grundhaltung „Bei Irrtum Strafanzeige“ ist in einem Rechtsstaat ebenso wenig hinnehmbar wie die Erfindung einer Straftat durch Polizisten, wenn ihnen ein kontrollierter Bürger “unsympathisch” ist oder der Kontrollierte sich nicht kooperativ genug zeigt.

Auch wenn hier nicht eine ganze Behörde, sondern „nur“ zwei Beamte als virtuelle Geisterfahrer versagt haben, die Verantwortung für die Qualität der Ausbildung sowie sachgerechte Maßnahmen der Beamten liegt beim Dienstherrn. Somit reiht sich der Vorfall in Mönchengladbach nahtlos in die lange Versagensliste ein, die das nordrhein-westfälische Innenministerium zu verantworten hat.

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