Messermacher Eckhard Schmoll - Portrait

Handgemachte Messer von Eckhard Schmoll

Der Begriff „Messermacher“ ist weit gesteckt. Die Spanne reicht vom marketing-orientierten Werkstattleiter mit zahlreichen Mitarbeitern bis zum kreativen Geist, der im Hobbykeller dem Messermachen aus Passion nachgeht. Müsste man Messermacher Eckhard Schmoll eingruppieren, würde man ihn ohne Zweifel der zweiten Kategorie zuordnen. In einem Keller im unterfränkischen Miltenberg entstehen pro Jahr etwa 30 Taschenmesser, die keinen Vergleich mit Produkten aus den namhaften, neonbeleuchteten Werkhallen dieser Welt fürchten müssen. Folder von Eckhard Schmoll sind seit Jahren eine feste Größe auf dem Markt handwerklich hergestellter Messer in Deutschland.

Fast jeder Messermacher hat seine berufliche Laufbahn mit feststehenden Klingen begonnen und Eckhard Schmoll macht in diesem Punkt keine Ausnahme. Am Anfang war der Steckerl. Eckhard verwandelt vorgefertigte Klingen in Messer, die ihm beim Angeln oder in der Küche gute Dienste leisten sollen.

Einige Monate lang experimentiert Eckhard mit Bausätzen und Klingen für Fixed Blades. Große Begeisterung will dabei allerdings nicht aufkommen. Schnell wird klar, dass seine Leidenschaft Messern mit klappbarer Klinge gehören wird. An diesem Punkt begann Eckhard Schmoll von der Pike an sich in die komplizierte Herstellung von Foldern mit Klingenarretierung einzuarbeiten.

Zehn Jahre sind seit den ersten zaghaften Versuchen im Hobbykeller vergangen. In dieser Zeit hat Eckhard Schmoll nicht nur das Einmaleins der Herstellung von Taschenmessern erlernt, er hat auch einen unverkennbaren Stil entwickelt.  Inzwischen ist er Mitglied in der Deutschen Messermacher Gilde (DMG) und gerngesehener Aussteller auf der KAMFT in Stutensee, in Alten-Buseck, Solingen oder der Messerbörse in Schaafheim.

Eckhard Schmoll – Vom Autodidakt zum Messermacher

Eckhard Schmoll baut grundsätzlich Unikate. Viele Messer sind in Form und Gestaltung völlig eigenständig, andere variieren ein Grundmodell. Letztere besitzen jeweils eine sehr ähnliche Silhouette, werden aber aus verschiedenen Materialien und Klingenstählen hergestellt. Außerdem besitzt jedes Messer einige kleine Individualisierungen, dabei kann es sich um einen Clip aus Timascus, eine besonders aufwändige Bearbeitung des Klingenrückens oder ein Bolster aus Damast handeln.

Eines seiner bekanntesten Messermodelle nennt Eckhard „Mein EDC“. Der Name spiegelt exakt die Entstehungsgeschichte des Messers wieder. Den Urvater dieses Modells hatte Eckhard 2010 für sich gebaut und trug es als „sein EDC“. Der Begriff EDC („Every Day Carry”) ist eines der vielen amerikanischen Akronyme in der Messerszene.

EDC Taschenmesser von Eckhard Schmoll
“Mein EDC”, Taschenmesser von Eckhard Schmoll mit Titan Griffschalen und Damast von Markus Balbacm

Sinngemäß lässt sich der Begriff mit Universalmesser für den Alltag und jede Lebenslage übersetzen. Als Eckhard Schmoll die ersten Bilder „seines EDC“ in Foren und Facebook-Gruppen postete, kamen postwendend Kaufangebote. Seitdem hat dieses Messer so viele Messerfans begeistert, so dass Eckhard Schmoll bereits über 50 Exemplare von „seinem EDC“ hergestellt hat.

Eckhard Schmoll – Mein EDC

Alle Varianten des Grundmodells sind in Größe und Umriss weitgehend identisch. Die Standardbauform ist Titan-Framelock Folder aber auch Messer mit Liner-Lock entstehen gelegentlich. Die Griffschalen können „Plain Jane“ („Karo-Einfach”) aus gestrahltem Titan bestehen oder mit Carbon, Edelhölzern, Mammutelfenbein oder anderen fossilen Materialien ausgestattet sein. Dadurch wird jedes Messer zum Unikat. Für die Klingen gibt es eine größere Auswahl verschiedener Mono- oder Damaststähle.

Mit einer Gesamtlänge von 185 Millimetern liegt „Mein EDC“ zwischen Small und Large Sebenza mit Tendenz zum Small. Die Klinge ist 81 Millimeter lang, die Klingenhöhe beträgt 22 Millimeter. Eine hohe Gratlinie verläuft etwa ab Klingenmitte in Richtung Griff, oberhalb ist eine dezente Swedge angedeutet. Die Klinge besitzt einen Flachschliff ohne Schleifkerbe. Ein weiteres  Markenzeichen für Messer aus der Schmoll’schen Kellerwerkstatt sind Geometrie und die Position des Daumenpins. Dieser ist so platziert, dass beim Öffnen zwischen Daumenpin und der unteren Kante der Griffschale nur ein minimaler Abstand verbleibt. Die Geometrie ist beim „EDC” gelungen: die Klinge lässt sich ohne spürbaren Krafteinsatz anheben und sanft ins Lock schieben.

Nach Wärmebehandlung, Abkühlen auf -75°C und Anlassen haben die Damastklingen von Eckhard Schmoll eine Härte von 60 bis 61 HRC. Die Zeichnung der Damaststähle ist bei seinen Messern immer gut erkennbar – auch das ist ein Markenzeichen von Eckhard Schmoll.

Ein Hingucker ist der Taschenclip aus poliertem Timascus. Mit 12 Millimetern Breite und 70 Millimetern Länge hält er das Messer nicht nur sicher in der Tasche, er ist auch ein gestalterisches Element, das im Kontrast zum Titangrau der Griffschalen steht. Der Deep Pocket Clip wird seinem Namen gerecht und lässt das Messer weniger als einen Zentimeter aus der Tasche herausragen.

Schön gezeichnet und perfekt geschliffen: Klinge aus Balbach Banddamast an einem EDC von Eckhard Schmoll

Damastklinge von Eckhard Schmoll

Das Messer in diesem Review wurde im Sommer 2017 hergestellt und kombiniert gestrahlte Titan-Griffschalen mit einem Taschenclip aus Timascus und eine Klinge aus perfekt gezeichneten Banddamast von Markus Balbach.

Balbach DSC® Banddamast

Der Klingenstahl verdient Aufmerksamkeit! Markus Balbach hat sich mit seinen Schmiedestählen weit über die Grenzen Deutschlands hinaus einen Namen gemacht und seine rostfreien Damaststähle gehören zum Feinsten, was man sich zwischen die Griffschalen schrauben kann. Der Banddamast wird aus Böhler N690 (1.4528) und Buderus Nitro-B (1.4916-stickstofflegiert) hergestellt.

Beim Nitro-B Stahl der Wetzlarer Firma Buderus handelt es sich um einen hochlegierten Chromstahl mit hohem Stickstoffanteil. Nitro-B Stahl zeichnet sich – gegenüber dem Standard – durch erhöhte Härte, Schnitthaltigkeit und Korrosionsbeständigkeit aus. Die zweite Komponente, N690, ist ein alter Bekannter, der uns in der Messerwelt fast an jeder Ecke begegnet. Der Kobaltstahl von Böhler-Uddeholm wird von zahlreichen Herstellern, vor allem in Maniago, als Monostahl für Messerklingen eingesetzt. Das Verhältnis N690 zu Nitro-B beträgt beim Balbach Banddamast etwa 1:1,2. Die Kombination beider Stähle und das spezielle Herstellungsverfahren haben einen Damaststahl entstehen lassen, der über einzigartige Eigenschaften verfügt.

Markus Balbach nennt diesen Stahl „Damaststahl Super Clean“ (DSC®). Den Begriff ist mittlerweile geschützt und kennzeichnet eine ganze Reihe von Damaststählen aus dem Hause Balbach. „Superclean“ bedeutet, dass das Gefüge der einzelnen Stähle und des fertigen Verbundes sehr fein und frei von Fehlstellen ist.

Sowohl N690 wie auch Nitro-B sind in der EU für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen und „vererben“ diese Eigenschaft auf den daraus hergestellten Damaststahl. Ein weiterer Damastverbund mit dieser Zulassung ist mir nicht bekannt. Auch die anderen Eigenschaften des Klingenstahls lassen das Herz des Messerfans höherschlagen. Der DSC® Banddamast von Markus und Lukas Balbach zeichnet nicht nur hervorragend, er ist darüber hinaus extrem korrosionsträge. Die maximale Härte nach dem Anlassen liegt zwischen 60 und 61 HRC, im praktischen Einsatz hat sich der Stahl als gut schärfbar und sehr schnitthaltig erwiesen.

Typisch Schmoll!

Ein Markenzeichen von Eckhard Schmoll ist die schmale Bauweise seiner Folder. Die Breite von 8,6 Millimetern teilen sich die 2,9 Millimeter starke Klinge und die beiden knapp 2,7 Millimeter dicken Titan-Griffschalen. Die Addition der Einzelwerte zeigt, dass links und rechts der perfekt zentrierten Klinge im Bereich der Achsschraube nur 15 Zehntel Millimeter Abstand zu den Griffschalen bleiben.

Taschenmesser von Eckhard Schmoll

Dass man bei Messern von Eckhard Schmoll keine Worte zu Klingengang, Justierung oder Schliff verlieren muss, versteht sich von selbst. In Sachen handwerklicher Qualität kennt der Autodidakt keine Kompromisse.

Für ein solides Kugellager reicht dieser Platz nicht, daher lagert Eckhard Schmoll die Klinge zwischen zwei Bronzescheiben. Dem Klingengang tut das keinen Abbruch! Ein kleines Schmankerl findet sich auf dem Klingenrücken im Bereich zwischen Daumenpin und Achsschraube: die Oberfläche ist ungleichmäßig ziseliert und dient als „Soft-Jimping“ bei geöffneter Klinge.

Den Absatz über die Verarbeitungsqualität kann man kurz und bündig dem Begriff „Passt!“ zusammenfassen.

EDC von Eckhard Schmoll

Klar, zum Aufhebeln von Kellertüren sind Eckhards filigrane Damastklingen nicht geeignet. Einbruch und Holzhacken gehört aber auch bei größeren Foldern nicht zum Anforderungskatalog.

Auch am Daumenpin kann man ein Messer von Eckhard Scholl erkennen. Nicht am Pin selbst, der kann völlig unterschiedlich gestaltet sein. Signifikant ist der geringe Abstand, der zwischen Daumenpin und Griffschale verbleibt, während das Messer geöffnet wird. Diese Abstimmung zwischen Klinge und Griff ist ihm wichtig und an solchen Details tüftelt der Messermacher gern herum.

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Eckhard Schmoll im Interview

Etwa 20 Arbeitstunden braucht Eckhard Schmoll für einen Folder. Genau weiß er es nicht. Messermachen ist seine Passion und dient als Ausgleich zum stressigen Job als Wartungstechniker für Heizungsanlagen. „Messermachen ist eine Art Therapie für mich“, sagt er einmal im Gespräch, „da kann ich abschalten und die Welt vor der Tür vergessen.“ Ob er Kundenbestellungen annimmt will ich wissen. „Nein“, sagt Eckhard, “damit habe ich nur schlechte Erfahrungen gemacht. Außerdem baue ich jedes Messer für mich selbst – so wie es sein müsste, wenn ich es als EDC tragen würde.

Zeichnungen macht Eckhard nicht, bevor ein neues Messer entsteht. Während andere Messermacher auf Berge von Papier mit Klingenformen, Silhouetten oder Grifftypen verweisen können, sucht man Zeichnungen in Eckhards Werkstatt vergebens. “Ich kann nicht gut Zeichnen“, sagt er fast entschuldigend, “ich schnappe mit lieber ein Stück Material und bearbeite es. Dabei kann ich nicht nur meiner Kreativität freien Lauf lassen, ich kann auch die Stimmung des Moments mit in das Messer einfließen lassen.

Neben dem „Mein EDC“ baut Eckhard Schmoll eine Reihe weiterer Messer in zahlreichen Varianten. „Bully“ ist eine etwas kleinere Version des „Mein EDC“ mit einer höheren und etwas gedrungenen Klinge. „Pike“ (Hecht) ist ein großer, gestreckter Folder, den Eckhard oft mit Bolstern aus Damast oder Timascus veredelt. Das letzte Grundmodell hieß früher „Aries“ (engl. Widder), benannt nach dem Sternzeichen von Eckhard. Umgetauft wurde das Messer versehentlich durch eine deutsche Messerzeitung. Als dort ein „Aries“ Exemplar vorgestellt werden sollte, witterte man einen Schreibfehler und änderte den Namen in „Ares“. So wurde aus einem Widder der griechische Gott der Schlachten und Massaker. Immerhin, kein schlechter Name für ein Messer mit taktischer Note.

Unikate und Messer, die sich einem der Grundmodelle zurechnen lassen, halten sich bei Eckhard Schmoll in etwa die Waage. Neben Damast setzt Eckhard auch gern CPM-S90V, RWL-34 sowie SB1 ein. “Alle drei sind gute Allround-Stähle“, verrät mir Eckhard, “einen Favoriten habe ich bei den Monostählen nicht. S90V hat große Karbide, ist dafür aber richtig zäh. SB1 lässt sich dünner ausschleifen und die Klingen werden extrem scharf. RWL-34 nehme ich immer dann, wann das Messer besonders edel aussehen soll, denn er lässt sich extrem fein satinieren.

Taschenmesser von Eckhard Schmoll mit Damastklinge

Typisches Taschenmesser von Eckhard Schmoll mit Damastklinge.

Zum Schluss wie immer die Frage: Was kostet der Spaß? Bereits für knapp 400 Euro kann man ein echtes Schmoll EDC mit Monostahlklinge und Titan-Griffschalen erwerben. Mit Balbach Damast und Timascus Clip steigt der Preis auf rund 670,- Euro (Stand Juli 2017). Viele Unikate liegen in einem ähnlichen Preisbereich, wobei sich natürlich Materialien und Fertigungsaufwand im Preis niederschlagen. Das Preisgestaltung ist fair, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist bei Eckhard Schmoll stimmig. Wenn man in Anrechnung bringt, dass CNC-gefräste Massenware aus China im letzten Jahr an der 800 Dollar Marke gekratzt hat, kann man die handgefertigten Unikate aus Miltenberg sogar als ausgesprochen günstig einstufen.

Eckhards „Mein EDC“ hat das Zeug auch mein EDC zu werden. Zwar konnte ich es nur drei Tage lang erproben, aber in dieser Zeit hat es einen hervorragenden Eindruck hinterlassen. Trotz der geringen Abmessungen einem Gewicht von nur 78 Gramm hat man nie den Eindruck, ein (zu) kleines Messer mit sich herumzutragen. „Ich hasse es, wenn mir ein Messer die Taschen ausbeult oder die Hose nach unten zieht“, sagt Eckhard im Interview. In der Disziplin „Größe und Gewicht im Verhältnis zur Schneidleistung” ist das EDC von Eckhard Schmoll vorbildlich. Das Messer passt zum konservativen Büro-Outfit genauso gut wie zu flippigen Sommer-Shorts und lässt sich in beiden Fällen unauffällig tragen.

Das „EDC“ von Eckhard Schmoll ist ein alltagstaugliches Messer, dessen Stil genauso unprätentiös ist wie sein Erbauer. Viele Messer von Eckhard besitzen eine unaufdringliche taktische Note. Gemeinsam haben sie die harmonische Gestaltung und ihre handwerkliche Qualität. Uneingeschränkt praxistauglich sind sie natürlich auch. Das Wichtigste zum Schluss: als EDC machen Messer von Eckhard Schmoll richtig viel Spaß.

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