Messermacher Steffen Bender

Messermacher Steffen Bender

Wer handwerklich hergestellte Fixed Blades mag, wer moderne Formen ohne Schnickschnack schätzt und Fixed Blades bevorzugt, die ein zuverlässiges EDC abgeben, sollte ein Auge auf Messer aus der Werkstatt von Steffen Bender werfen. Fixed Blades in praktischer Alltagsgröße sind Steffens Markenzeichen, aber auch seine Sonderprojekte in Form von Kugelschreibern, Tomahawks, Pommes-Piekern oder auch mal einem wuchtigen Survival-Messer erfreuen die Herzen vieler Messerfans. Knife-Blog stellt den Messermacher Steffen Bender und seine Werke vor.

Wer in den letzten Jahren eine Ausstellung der Deutschen Messermacher Gilde, das KAMFT oder die „KNIFE“ in Solingen besucht hat, hat auch Steffen Bender und seine Messer gesehen. Auf seiner Homepage “Messersyndikat.de” stellt sich Steffen vor und präsentiert eine Auswahl seiner Werke und Messer aus der aktuellen Produktion. Heim und Werkstatt des Messermachers befinden sich in Unterensingen südöstlich von Stuttgart auf dem halben Weg zwischen Esslingen und Kirchheim unter Teck. Ein guter Platz für jemand, der Industriemechaniker gelernt und sich zum Maschinenbau Techniker weitergebildet hat, denn an Arbeitsplätzen mangelt es in der schwäbischen Power-Region nicht.

Das Titelbild muss man erklären. Messer machen ist nicht das einzige Hobby von Steffen Bender, auch ein Kanadier aus Rot-Zeder spielt eine wichtige Rolle in seinem Leben. Das Boot hat Steffen vor vielen Jahren selbst gebaut. Aus Rohmaterial, sozusagen von der Pike auf. Wie seine Messer. Das schmucke Boot ist insofern wichtig, als es den Weg von Steffen vom Industriemechaniker zum Messermacher befördert, wenn nicht sogar ermöglicht hat. Der Bootsbau hat Stellen Bender neben einer Grundausstattung an Maschinen auch zusätzliches Vertrauen in seine handwerklichen Fähigkeiten beschert.

Das neue Boot gab den Outdoor-Aktivitäten seines Erbauers einen kräftigen Schub und weckte den Wunsch nach einem zuverlässigen Allzweckmesser. Das Schweizer Taschenmesser, das Steffen seit Grundschultagen bei sich trug, hatte er zwischenzeitlich gegen ein Buck Knife getauscht, nun sollte ein Messer mit feststehender Klinge her. Die Serienprodukte in Eisenwarenhandlungen und Bahnhofskiosken konnten Steffen nicht überzeugen, für Besseres fehlte allerdings das nötige Kleingeld.

Die Geschichte, dass einer Messermacher wurde, nur weil er ein brauchbares Messer für sich selbst haben wollte, wurde schon oft erzählt und auf Steffen Bender trifft sie ein weiteres Mal zu. Ein Stück D2-Stahl, mit Bohr- und Schleifmaschine bearbeitet, von einem Freund gehärtet und schließlich poliert und mit Griffschalen versehen war die Initialzündung. Bald folgte ein zweites Messer, schließlich ein Drittes, Viertes, Fünftes. Unversehens war aus Steffen Bender ein Messermacher geworden.

Steffen Bender …

Steffen Bender, Jahrgang 1976, gehört in Deutschlands Messermacherszene immer noch zur jungen Garde. Klingt widersinnig und trifft dennoch den Nagel auf den Kopf. Viele handwerkliche Messermacher sind längst im Rentenalter oder nicht mehr allzu weit entfernt. Die Branche ist massiv überaltert, Frauen sind in der Szene nach wie vor rar und begabter Nachwuchs ist Mangelware. Doch das ist ein anderes Thema.

Steffen Bender an seinem Messestand der DMG

Steffen Bender an seinem Stand auf dem Jahrestreffen der Deutschen Messermacher Gilde in Sindelfingen.

Die Messermacherei hat sich im Lauf der letzten drei Jahrzehnte mehr und mehr zu einem Teilzeitberuf entwickelt. Den Lebensunterhalt ausschließlich mit der Herstellung von Messern bestreiten, das schafft nur eine kleine, exklusive Gruppe in den USA, eine Handvoll Messermacher in Europa, aber nur wenige Handwerker können in Deutschland von diesem Beruf leben. Auch Steffen Bender pendelt zwischen seiner Leidenschaft für Messer, dem Messermachen in seiner Werkstatt, seinem Beruf und seiner Rolle als Familienvater.

Vom Messermachen leben?“ Bei dieser Vorstellung schüttelt Steffen traurig den Kopf, „daran habe ich noch nie ernsthaft gedacht. Wenn du eine Familie hast, ist ein regelmäßiges Einkommen unabdingbar und spätestens Corona hat uns gelehrt, wie schnell sich unser Leben und der Geschäftsalltag verändern können. Nein, für mich wird das Messermachen ein Hobby bleiben“, fügt Steffen Bender nach einem Moment bekräftigend an.“

Steffen Bender ist kein Einzelfall. Nahezu alle Mitglieder der Deutschen Messermacher Gilde stehen tagsüber im Beruf ihren Mann und verbringen einen großen Teil ihrer Freizeit zwischen Werkbank, Bohrmaschine und Bandschleifer.

… und seine Messer

Reden wir über Messer! Steffen Bender hat ein Faible für feststehende Klingen. Früher hat er gelegentlich Klappmesser hergestellt, sich für komplexe Mechaniken begeistert, aber sich schließlich wieder zum Ausgangspunkt begeben und sich seinen geschätzten Fixed Blades zugewandt.

EDC von Steffen Bender
Ein typisches EDC aus der Werkstatt von Steffen Bender

Auf die Frage nach dem Warum ist Steffen um die Antwort nicht verlegen: „Messer mit einer kurzen, feststehenden Klinge sind im Alltagsgebrauch oft zweckmäßiger und schneller zur Hand als Folder. Sie sind deutlich leichter als ein stabiles Taschenmesser mit gleicher Klingenlänge und die Störungsanfälligkeit liegt quasi bei null.“ Steffen überlegt einen Moment und fügt dann leise und fast ein wenig schamhaft an: „Ich kann es nicht begründen, aber Fixed Blades sind einfach mein Ding!“

Steffen spricht oft von seinen Messern als „EDC“ als gäbe es ein klar definiertes Modell oder fixe Maße. Tatsächlich ist der Rahmen weiter gesteckt, denn hinter dem Begriff „EDC“ verbirgt sich eine ganze Messerfamilie mit unterschiedlichen Formen und Eigenschaften.

Nach dem deutschen Waffengesetz fallen Fixed Blades mit Klingenlängen unter 12 Zentimetern nicht unter das Führverbot in der Öffentlichkeit. Viele Messermacher und Herstellerfirmen sahen sich daher genötigt, ihre Designs auf kürzere Klingenlängen umzustellen oder durch neue Modelle zu ersetzen. Steffen Bender gehört nicht zu dieser Gruppe, denn er hatte den erlaubten Maximalwert bei seinen EDC’s auch vorher nur selten ausgereizt.

Langweilig wird es trotz der waffengesetzkonformen Klingen nicht, denn bei der Gestaltung seiner Fixed Blades lässt Steffen seiner Kreativität freien Lauf, sodass letztlich kein Messer dem anderen gleicht. Die Klingen können mal etwas länger oder etwas kürzer ausfallen, mit Flach- oder Hohlschliff ausgestattet sein oder sich durch den Radius der Schneide unterscheiden. Auch bei Klingenformen und Ausstattungsdetails gibt es beachtlichen Variantenreichtum. Trotzdem lassen sich 99 Prozent seiner Messer schon auf den ersten Blick als reinrassiges „Steffen Bender“ einordnen, denn allen Varianten und Unterschieden zum Trotz steht hinter seinen Designs eine Handschrift mit Wiedererkennungswert.

Feststehende Klingen für den EDC-Alltag

Das typische EDC von Steffen Bender besitzt eine Klinge zwischen acht und zehn Zentimetern Länge, einen Vollerl und Griffschalen aus Carbon. Abweichungen von diesem Muster sind gang und gäbe, vor allem wenn es um Klingenformen und Griffmaterialien geht. Wenn Steffen in Experimentierlaune ist, kann auch mal ein Fixed mit Griffschalen aus anodisiertem Titan entstehen.

Fixed Blade mit Griffschalen aus Titan von Steffen Bender

Klare Linien statt Gelsenkirchener Barock lautet die Devise! Für verspielte Formen, Schnörkel und Zierrat aller Art hat Steffen nicht viel übrig. Am Ende diktieren Ergonomie und Praxistauglichkeit die Form und die gestalterischen Details an seinen Messern. Ein Lanyard Hole ist an seinen Fixed Blades oft das einzige Element, das für Schneidearbeiten nicht unbedingt benötigt wird. Steffen Benders Messer stehen in der Tradition des leicht unterkühlten skandinavischen Designs, sie sind minimalistisch ohne radikal zu wirken und deshalb optisch ungemein ansprechend.

Carbon gehört zu Steffens Lieblingsmaterialien. Micarta ist häufig im Einsatz, G-10 eher selten und Edelholz so gut wie nie. Steffen liebt klare Formen bei seinen Messern, wobei die Klinge immer der Star ist. Das Griffmaterial soll wertig sein, für angenehme Haptik und vor allem für gute Praxistauglichkeit sorgen, ohne sich optisch in den Vordergrund zu drängen. So wird Carbon beinahe zwangsläufig zum Material der Wahl.

Klare Vorlieben hat Steffen Bender auch beim Klingenstahl. Für seine ersten Messer, die zum eigenen Gebrauch gedacht waren, griff Steffen auf D2 zurück, heute sind M390 und Niolox seine Favoriten. Für ganz besondere Projekte sucht sich Steffen am liebsten bei Vater und Sohn Balbach ein Stück rostfreien Damast mit aufregender Musterung aus.

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Warum M390 und Niolox, welche Eigenschaften schätzt du an diesen Stählen?“, will Knife-Blog wissen. Jetzt ist Steffen in seinem Element und erzählt frei von der Leber weg: „M390 eignet sich hervorragend für meine Fixed Blades, der Stahl lässt sich sehr fein ausschleifen und kombiniert zudem Korrosionsfestigkeit mit guter Zähigkeit. Ich bevorzuge dünn ausgeschliffene Klingen mit der Schärfe eines Rasiermessers. M390 ist deshalb für mich der ideale Stahl.

Steffen Bender überlegt kurz und fährt fort: “Natürlich fertige ich auch etwas stabilere Klingen. Die Schneidteufel wollen mit Umsicht gehandhabt werden, nehmen Hebelkräfte oder starkes Verkanten beim Schneiden mitunter übel. Wenn ein Kunde sein EDC stark belastet, rate ich zu einem EDC mit einer breiteren, stabileren Klinge, schließlich soll das Messer über viele Jahre gute Dienste leisten.“

Fun statt Frust

Die wenigsten Messermacher haben ein Faible für Auftragsarbeiten und Steffen ist in diesem Punkt keine Ausnahme. „Ich mache immer das, worauf ich gerade Lust habe. Ein EDC mit einem spannenden Materialmix oder gerne auch etwas Ungewöhnliches. Ein Tomahawk vielleicht, ein paar in wilden Farben anodisierte Pommes-Pieker aus Titan oder einen schönen Kugelschreiber. Manchmal auch ein fettes Survival-Messer.“

Steffen überlegt und führt dann aus: „Ich möchte natürlich niemand vor den Kopf stoßen, aber Kundenwünsche umzusetzen ist sehr schwierig, oft sogar für beide Seiten unbefriedigend. Häufig sind die von Kunden gezeichneten Messer in sich nicht stimmig, haben zu kurze Griffe, vorhersehbare Probleme mit der Balance oder ergonomische Mängel.”

Kugelschreiber von Steffen Bender
Auch an vielen Kugelschreibern von Steffen Bender spielen Metall und Carbon die zentrale Rolle.

Steffen seufzt: „An diesem Punkt kannst du als Messermacher nur noch verlieren: Machst du einen Kunden auf die Defizite seines Entwurfs aufmerksam, reagieren viele mit Unverständnis und sind sauer. Baust du das Messer wie gewünscht, haftest du als Messermacher am Ende für die Schwächen des Designs und letztlich sind alle Beteiligten unzufrieden und frustriert. Ich möchte nicht, dass mein Name auf einem Messer steht, das mir nicht gefällt und das ich so nie gezeichnet hätte.

Auftragsarbeiten sind für mich kein Thema mehr“, bekräftigt Steffen nach einer Weile, „Ich mache nur noch Dinge, auf die ich wirklich Lust habe. Wenn mir eine Idee für einen neues Messer durch den Kopf geht, konzentriere ich mich auf dieses Projekt und genieße die Arbeit an etwas Neuem. Ich arbeite nicht umsatzorientiert, ich arbeite “Fun-orientiert”!

Ein Wermutstropfen zum Schluss: Kugelschreiber wird Steffen Bender auf absehbare Zeit wohl nicht mehr fertigen. Der Rücken! Das stundenlange Stehen in gebeugter Haltung an den Maschinen macht zunehmend Probleme. Messer vom EDC bis zum Survival-Knife und kunstvolle Kleinigkeiten aus Titan gibt es wie gewohnt.

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