Heidi 2 von Markus Heidgen aka Heidi Blacksmith

Heidi 2 – Neues EDC von Markus Heidgen

Dass Knife-Blog mit dem Heidi 2 einem Messermodell drei Artikel widmet, ist eine Premiere. Nicht Chris Reeve, nicht Strider und auch kein geheimnisvoller Hersteller vom Rand des Universums haben dieses Kunststück vollbracht, sondern ein Messermacher aus der Nähe von Paderborn. Es ist Markus Heidgen, der den Messerfans besser unter seinem Künstlernamen „Heidi Blacksmith“ oder schlicht als „Heidi“ bekannt ist. Heidi 2 heißt das völlig neu gestaltete Fixed Blade, das wieder in Zusammenarbeit mit Bestech Knives entstanden ist. Markus hat gründlich renoviert, hinter dem schlichten Namen verbirgt sich ein bemerkenswertes Messer.

Heidi 2 – der Name des Messers klingt ad hoc weder nach Innovation noch nach einer Attacke auf die Blade Show Awards. Unwillkürlich vermutet man eine optische Variante des bekannten „Bestech-Heidi“, vielleicht eine neue Farbe beim Griffmaterial. Weit gefehlt, denn tatsächlich sind die Unterschiede zwischen Heidi Eins und Heidi Zwo größer als die Gemeinsamkeiten.

Schon auf den ersten Blick wird klar, das neue Messer ist ein eigenständiges Modell mit vielen neuen Ideen. Fans von Markus Heidgen werden nicht enttäuscht, denn die typischen “Heidi-Gene” sind unverkennbar vorhanden. Mit dem Heidi 2 begibt sich Markus Heidgen auf ungewohnte Designpfade, spendiert eine stattliche Klinge und nimmt eine kräftige Anleihe bei taktischen Messern. Doch nicht nur optisch, auch auf der Materialseite rüstet Heidi Blacksmith kräftig auf.

Heidi 2 mit Canvas Micarta Griff und Kydex-Scheide

Im Fazit des ersten Heidi-Modells hatte Knife-Blog den Wunsch nach einer Evolutionsstufe des kleinen EDC mit einer Klinge aus pulvermetallurgischen Stahl geäußert. Vielleicht gepaart mit hochwertigen Griffmaterialien wie Carbon, Raffir Noble oder besonders schönem Canavs Micarta. Der Wunschzettel von Knife-Blog und vielen Messerfans wurde offenbar gelesen, denn mit Carbon, CPM-S35VN und hellem Canvas-Micarta gehen alle Sehnsüchte in Erfüllung.

Gleich geblieben ist die Orientierung an den Vorgaben des § 42a im deutschen Waffengesetz. Durch Bauform und Klingenlänge unterliegt das Führen des Messers in der Öffentlichkeit keinen Einschränkungen.

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Liebe Leser,

in Reviews zu Messern lassen sich Anglizismen, Abkürzungen und Fachchinesisch nicht vermeiden. Im „Lexikon für Begriffe zu Messern, Werkzeugen und Technik“ finden Sie nicht nur Übersetzungen, sondern auch Erklärungen und Begriffsbestimmungen zu den wichtigsten Bauteilen von Foldern und Fixed Blades.

Heidi Blacksmith – Heidi 2

Fixed Blades von Heidi Blacksmith besitzen durch den unverwechselbaren Stil des Messermachers eine typische Formensprache und hohen Wiedererkennungswert. Schon der erste Blick auf das Titelbild zeigt deutlich, dass Markus Heidgen mit dem Heidi 2 einen neuen Weg einschlägt. Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass Messer von Heidi Blacksmith ihren Charakter verloren haben oder gar der Beliebigkeit von Massenware anheimgefallen sind. Vielmehr ist eine Weiterentwicklung sichtbar, ohne die Wurzeln zu verleugnen. Heidis zweites Modell kann und will seine Abstammung nicht verbergen, bildet aber mit neuen Ideen und Materialien eine Evolutionsstufe.

Beim Klingenschliff greift Markus in die Vollen und spendiert Heidi Zwo den berüchtigten Nightmare-Grind. Die “Albtraumschliff” bezieht seinen Namen von der Tatsache, dass jeder kleine Fehler oder eine minimale Unaufmerksamkeit beim Schleifen der Schneide ausreicht, um die Klinge unwiderruflich in Stahlschrott zu verwandeln.

Das vordere Klingendrittel besitzt die Konturen einer Drop-Point-Klinge mit Flachschliff, wohingegen die Hauptschneide einen ausgeprägten Hohlschliff besitzt. Kritisch ist vor allem der Übergang zwischen beiden Abschnitten der Klinge, denn die Schneide muss gerade, gleichmäßig scharf und vor allem frei von Kanten und Absätzen sein.

Heidi 2 von Markus Heidgen mit Carbongriff und PVD-beschichteter Klinge
Heidi 2 mit Carbongriff und PVD-beschichteter Klinge.

Ungewohnt für Designs von Markus ist die weit in Richtung Griff gezogene Swedge, die ein typisches Stilmittel bei der Gestaltung von Einsatzmessern ist und ohne die ein Nightmare-Grind kaum vorstellbar ist. Wer den Nightmare-Grind erfunden hat, steht nicht mit letzter Sicherheit fest. Bekannt wurde dieses Klingendesign vor allem durch die hochpreisigen Customs von Mick Strider und Duane Dwyer.

Serienmesser mit Nightmare-Grind gab es lange Zeit nur selten, denn die Herstellung erfordert präzise Maschinen, ein gutes Auge und einen hohen Anteil Handarbeit während der Fertigung. Der Aufwand treibt den Preis für ein Serienmesser deutlich nach oben und zumeist reicht das Budget nur für einen “einfachen” Flachschliff. Erst seit ein, zwei Jahren tauchen Messer mit Nightmare-Grind auch im Bereich der Serienmesser auf, wobei die chinesischen Hersteller derzeit gegenüber der Konkurrenz aus Europa oder den USA die Nase vorn haben.

Heidi 2: Klingenform und Stahl überzeugen

Nicht nur der Anschliff verdient ausdrückliche Erwähnung, sondern auch der Klingenstahl. Mit CPM-S35VN haben sich Markus und Bestech Knives für einen der besten pulvermetallurgischen Klingenstähle entschieden. Der Stahl wurde 2011 vorgestellt und geht auf eine gemeinsame Entwicklung von Chris Reeve mit prominenten Messermachern und dem Stahlhersteller Crucible Steel zurück.

S35VN ist neben dem älteren S30V und MagnaCut einer von insgesamt drei Stählen, der explizit für die Verwendung als Messerklinge entwickelt wurde. Gegenüber S30V zeichnet sich S35VN durch ein feineres Gefüge sowie kleinere und härtere Karbide aus. Beides kommt der Härte und der Bruchsicherheit der Klinge zugute. Der Stahl punktet außer mit zufriedenstellender Zähigkeit auch mit sehr guter Schnitthaltigkeit und alltagstauglicher Korrosionsträgheit. Die Leistungsdaten von CPM-S35VN unterscheiden sich nur marginal von Böhler M390.

Die Abmessungen des Heidi 2. Der Griff stellt – wie von Markus gewohnt – viel Platz für eine sichere und bequeme Handlage zur Verfügung.

Mit der knapp zehn Zentimeter langen Klinge ist das kleine Fixed ein vollwertiges EDC.

Heidi 2 - Konstruktionszeichnung

Zwei Designmerkmale teilt “Tactical Heidi” mit seinen klassischen Schwestern: Die Bauweise mit Flacherl und aufgeschraubten Halbschalen am Griff sowie der Verzicht auf eine Schleifkerbe. Letztere kombiniert Markus geschickt mit der Fingermulde für den Zeigefinger, wodurch die nutzbare Länge der Schneide nicht durch eine zusätzliche Schleifkerbe reduziert wird. Die gradlinige Gestaltung ist ebenso schick wie praktisch, wirkt modern und erschwert das Nachschleifen nicht.

Das Heidi 2 wird mit satinierter oder PVD-beschichteter Klinge angeboten. Bei letzterer kann man sich in der Kombination mit Carbon-Griff eine “all-black” Variante zusammenstellen. PVD steht für “Physical Vapour Deposition“, bei der ein festes Material in seine Dampfphase umgewandelt wird, um damit ein anderes Material beschichten zu können. So neu wie es klingen mag ist die Technik nicht, bereits 1852 hat Robert Grove diese Stahlschutzstrategie erfunden. Seitdem wurde die Verfahrenstechnik grundlegend verbessert und immer weiter verfeinert.

Mittels Laserstrahlen, magnetisch abgelenkten Ionen oder durch Lichtbogenentladung wird ein “Target” genanntes Material schlagartig erhitzt. Das verdampfte Material wird durch elektrische Felder durch eine Kammer geführt, wobei es auf die zu beschichtenden Teile trifft und sich durch Kondensation als dünner Film an deren Oberfläche ablagert. PVD-Beschichtungen sind dünn, viel dünner als Cerakote oder Teflon-basierte Beschichtungen und bei mechanischer Einwirkung mindestens so abriebfest wie keramische Beschichtungen.

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Die Klinge des Heidi 2 ist mit ihren zwei Schneiden alle Anforderungen des EDC-Alltags vorbereitet. Allein der vordere Abschnitt der Klinge meistert die typischen EDC-Aufgaben. Schnitzen, Kartons zerlegen, Brotzeit zubereiten oder mit einem Stich tief ins Schnittgut eindringen, all diese Aufgaben erledigt die Klinge spielerisch und souverän. Wenn Schärfe und Schneidleistung gefordert sind, kommt die griffseitige Schneide zum Einsatz. Die ähnelt mit ihrem ausgeprägten Hochschliff der Klinge eines Rasiermessers und ist kaum weniger scharf. Immer wenn es um feine Schnitte geht, ist die hohl geschliffene Schneide in ihrem Element.

Griff, Ergonomie und Griffmaterialien

Der Griff ist kürzer geworden, die Klinge ist gewachsen. Vergleicht man das erste Heidi aus der Bestech-Kooperation mit dem Heidi 2, scheint der Unterschied augenfällig zu sein. Tatsächlich ist das Messer insgesamt gewachsen und hat gegenüber dem ersten Modell stattliche 25 Millimeter an Länge zugelegt. Die Klinge ist beim “Heidi Zwo” um 15 Millimeter gewachsen und der Griff sogar um etwa 20 Millimeter. Markus ist seinem Design also grundsätzlich treu geblieben.

Eine der frühen Handzeichnungen von Markus Heidgen hat bis heute überlebt. Die ersten Entwürfe des Heidi 2 beinhalten etwas Brainstorming hinsichtlich der möglichen Ausstattung des Messers. Abgebildet sind Griffschalen aus Micarta, aber auch über Titan als Griffmaterial wurde nachgedacht. Griffschalen aus Titan sind selten, Messermacher Steffen Bender hat vor Jahren ein paar Fixed Blades mit Titangriffen ausgestattet. Obwohl die Messer attraktiv waren, war das Interesse eher schleppend. Mit dem Verzicht auf Titan hat Markus sicherlich keine falsche Entscheidung getroffen.

Heidi 2 - Handzeichnung mit ersten Ideen
Zeichnung von Markus Heidgen aus der Frühphase der Entwicklung.

Also ebenso richtig dürfte sich die Entscheidung erweisen, statt Plastikgriffen aus G-10 auf hochwertiges Carbon zu setzen. Die Gewichtsersparnis ist zwar marginal, aber das kühl-coole Carbon sieht edel aus, besitzt eine angenehmere Haptik und lässt das Heidi Zwo deutlich wertiger wirken. Vielleicht sogar eine Spur moderner.

Canvas Micarta und das bereits erwähnte Carbon sind die beiden Griffmaterialien, aus denen Messerfans wählen können. Gute Argumente gibt es für beide, besser oder schlechter lässt sich nicht festlegen und so entscheidet am Ende der Geschmack.

Modelle, Preise und Fazit

Verglichen mit dem ersten Heidi aus der Bestech Kooperation ist das Heidi 2 ein erwachsenes Fixed Blade. Der Größenunterschied ist beträchtlich und wird erst richtig deutlich, wenn beide Messer nebeneinander liegen. Erstaunlich, was 35 Millimeter ausmachen! Im täglichen Gebrauch ist das Messer gut aufgehoben, es punktet in der Praxis mit einer soliden Handlage und der Schneidleistung der Klinge.

Zum Lieferumfang von “Tactical Heidi” gehört eine passgenaue und stabile Kydex-Scheide. Sechs mit Nieten verstärkte Bohrungen erlauben sowohl die Montage eines Teklok als auch das Tragen des Messers als Neck Knife. Das Gewicht von 136 Gramm für Messer (Carbon-Version) und Kydex lassen die Verwendung als Neckie soeben noch zu. Allein am Gürtel oder um den Hals baumelnd als Backup-Messer – das Heidi 2 kann beide Rollen spielen.

Dreimal die Zwei: Das Heidi Blacksmith 2 ist in zwei Griffmaterialien erhältlich, die mit zwei Varianten im Klingen-Finish kombiniert werden können:

  • Carbon mit satinierter Klinge
  • Carbon mit PVD-beschichteter Klinge
  • Grünes Canvas-Micarta mit satinierter Klinge
  • Grünes Canvas-Micarta mit PVD-beschichteter Klinge

Die Qualität von Verarbeitung und Material stimmt, Gründe für Beanstandungen lassen sich auch bei genauem Hinsehen nicht finden. Die präzise Anpassung der Kydex-Scheide entspricht der Qualität beim Vorgängermodell und weder bei der Anpassung der Griffschalen noch der Metallarbeit lässt Bestech Punkte liegen. Dass die Messer von Hand geschliffen werden, lässt sich beim Vergleich zweier Messer erkennen. Bei beiden ist der Anschliff fehlerfrei, doch mit Lupe und viel Licht zeigen sich kleine Unterschiede, die nicht von Maschinen stammen können.

Tactical Heidi hat ihren Preis! In der Ausführung mit Micarta-Griff müssen Messerfans 259,- Euro für das Heidi 2 lockermachen. Für die Version mit Carbon Griff muss man noch einen Zehner obendrauf legen. Der kräftige Anstieg von Material- und Logistikkosten spiegelt sich mittlerweile auch bei den Produkten chinesischer Hersteller wider. Die Zeiten, in denen Fixed Blades aus Fernost für einhundert bis einhundertfünfzig Euro zu bekommen waren, sind Geschichte.

Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Heidi 2 ist aufgrund der hohen Material- und Verarbeitungsqualität, des pulvermetallurgischen Klingenstahls und des namhaften Designers immer noch als gut zu bewerten. Für Qualität und Ausstattung des Heidi 2 wird kein Aufwand gescheut, was den Verkaufspreis unweigerlich nach oben treibt.

Das Experiment einer Design-Symbiose aus “tactical fixed” und Heidi Blacksmith wird möglicherweise einige vermeintliche Puristen unter den “Heidi-Fans” verschrecken. Alle anderen bekommen ein alltagstaugliches und § 42a WaffG konformes Fixed Blade, das man kaum hätte besser machen können.

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Technische Daten

  • Klingenlänge: 99 mm
  • Klingenstärke: 3,8 mm
  • Klingenstahl: CPM-S35VN
  • Grifflänge: 115 mm
  • Griffstärke: 13 mm
  • Gesamtlänge: 210 mm
  • Gewicht ohne / mit Scheide: 109 g / 136 g
Heidi 2 von Markus Heidgen und Bestech Knives
In einem Satz:
Ein rundum gelungenes Fixed für den Alltag in Top-Qualität!
Klingenstahl
Anschliff
EDC-Tauglichkeit
Qualität
Preis-Leistung
4.8
Knife-Blog Wertung