Bestech Kasta Einhandmesser

Bestech Kasta – Review und Praxistest

Wenn es bei Knife-Blog die Kategorie „Messer mit Charakter“ gäbe, wäre das Bestech Kasta ein guter Kandidat für diese Liga. Unverkennbare Linien und stringentes Design prägen das Taschenmesser und erzeugen hohen Wiedererkennungswert. Für spannendes Design ohne Sinn und Zweck gibt es allerdings weder Pokale noch Trostpreise. Am Ende entscheiden die Fragen, ob der Plan hinter dem Design des Messers aufgeht und gute EDC-Qualitäten erreicht werden. Knife-Blog hat das Einhandmesser Bestech Kasta aus der Masse der Neuerscheinungen gepickt und auf Herz und Nieren getestet.

So neu ist das Bestech Kasta eigentlich nicht, aber zurzeit kommen Messer aus China häufig mit ungewohnten Verspätungen in die Regale europäischer Händler. Containerstau in chinesischen Häfen, zu geringe Kapazitäten bei der Schiffsfracht und auf Wochen ausgebuchte Frachträume im Luftverkehr sind die Hauptgründe. Transporte, die früher kaum zwei Wochen dauerten, können heute leicht drei Monate oder mehr in Anspruch nehmen.

Nun endlich ist das Bestech Kasta eingetroffen. Wie immer bei Bestech Knives liegt das Taschenmesser in einer hochwertigen Pouch mit Reißverschluss, diese wiederum in einer schön gestalteten, stabilen Box.

Das Bestech Kasta ist ein Titan-Framelock Folder und lässt sich als Flipper oder einhändig per Klingenheber öffnen. Der Griff des Messers wirkt ausgesprochen kantig, man könnte die Konturen beinahe “schroff” nennen. Wirkt sich die Form am Ende negativ auf die Ergonomie des Messers aus? Auf der Vorder- und Rückseite des Griffs besitzt das Bestech Kasta große Inlays aus Marbled Carbon.

Geöffnet ist die mächtige Klinge aus Böhler M390 Stahl mit ihrer gebogenen Schneide das prägnante Merkmal des Bestech Kasta. Die Form der Klinge ist irgendwo im Viereck zwischen Scimitar, Clip Point, Insingo und Reverse Tanto angesiedelt. Passt gut zu einem Piratensäbel, doch für ein Taschenmesser ist die Kombination ungewöhnlich. Für manches Auge vielleicht sogar gewöhnungsbedürftig.

Hinweis: Konstruktiv ist das Bestech Kasta ein Einhandmesser und verriegelt seine Klinge per Framelock. Alle Informationen zum Führen von Einhandmessern in Deutschland sind im Artikel “Taschenmesser – Was ist erlaubt, was ist verboten?” zusammengefasst.

Bestech Kasta

Die Formgebung des Griffs ist nicht weniger ungewöhnlich wie die Form der Klinge. Viele Stilelemente der Klingenform spiegeln sich in der Gestaltung des Griffs und des Carbon-Inlays. Beide rekapitulieren die Bögen des Klingenrückens und der Schneide sowie den schroffen Winkel, mit dem sich der Klingenrücken in Richtung Spitze senkt. Auf jeden Fall ist das Bestech Kasta schon auf den ersten Blick ein spannendes Messer mit hohem Wiedererkennungswert.

Bestech Kasta, front, open

Bei ungewöhnlicher Optik eines Messers oder avantgardistischem Design geht bei Knife-Blog automatisch die virtuelle rote Ergonomie-Warnlampe an. Natürlich auch beim Bestech Kasta.

Die Reviews der letzten Monate haben gezeigt, dass Taschenmesser mit schlechten ergonomischen Eigenschaften seltener werden. Die ergonomischen Qualitäten von Gebrauchsmessern genießen bei Kunden und Herstellern heute einen deutlich höheren Stellenwert als noch vor einigen Jahren. Früher wurden nicht selten spektakuläre Designs gezeichnet, die dann in der Praxis mehr Frust als Lust verursachten.

Hersteller und Designer haben dazugelernt. Einige mehr, andere weniger. Manchmal wird die Ergonomie eines Messers nicht für den Alltagsgebrauch optimiert, sondern technischen Neuerungen oder sogar einem lauen Gimmick geopfert. Das CRKT Homefront oder das Fox Radius können als unrühmliche Beispiele aus neuerer Zeit dienen.

Edelste Materialien, perfekte Verarbeitung und der beste Klingenstahl mögen eine respektable Kombination sein, eine Garantie für ein praxistaugliches Messer sind sie nicht. Letztlich entscheidet die Ergonomie über Gebrauchsfähigkeiten und Sicherheit. Daher hat Knife-Blog mit der Umstellung auf ein neues Review-System den Einfluss der Ergonomie auf die Gesamtnote erhöht.

Technische Daten und Eigenschaften

Vor dem Blick auf Praxis- und Alltagstauglichkeit des Bestech Kasta zunächst ein Rundgang durch die technischen Daten. Das Kasta gehört mit einer Gesamtlänge von 208 Millimetern und 88 Millimeter Klingenlänge zu den großen Taschenmessern. Durch die voluminöse Klinge wirkt das Messer zudem größer, als es tatsächlich ist. Die Grifflänge beträgt 120 Millimeter und die Waage zeigt 136 Gramm. Backspacer und der individuell für dieses Messer geformte Taschenclip sind ebenfalls aus Titan gefertigt.

Beim Klingenstahl setzt Bestech Knives, wie häufig in den letzten Monaten, auf M390 Microclean von Böhler. M390 zählt zu den besten derzeit verfügbaren Messerstählen und ist für Taschenmesser aller Art eine gute Wahl. Doch über die 3,8 Millimeter starke Klinge gibt es noch viel mehr zu berichten.

Klinge, Anschliff, Klingenstahl

Die Klinge des Bestech Kasta besitzt einen Flachschliff über das gesamte Klingenblatt, der oberhalb der Schneidfase nur etwa 0,7 Millimeter Klingenstärke übrig lässt. Das Messer ist also als Slicer, als Schneidteufelchen konzipiert und bei Weitem nicht der brachiale Brecher, den die Silhouette des Kasta suggerieren könnte.

Bestech Kasta folder, back, open

Der Anschliff einer langen, gebogenen Schneide ist eine Herausforderung, an der bereits einige Hersteller gescheitert sind. Dabei geht es nicht um optimale Schärfe, die ist Pflicht für ein anständiges Taschenmesser. Es geht um die Gleichmäßigkeit und Präzision des Anschliffs, das Auge schneidet schließlich mit.

Bestech Knives hat diesen Klingenschliff erstaunlich gut gemeistert. Die Schneidfasen auf beiden Klingenseiten sind nicht sehr hoch, wodurch der Schleifwinkel nicht so klein wird, dass man schnell nachlassende Schärfe befürchten müsste. Das stark ausgeschliffene Klingenblatt lässt diese Geometrie zu.

Dass die Klinge von Hand geschliffen wurde, lässt sich durch einen minimalen Symmetriefehler zwischen linker und rechter Schneide erkennen. Der fällt allerdings so gering aus, dass die meisten Betrachter es nicht bemerken würden und der kleine Symmetriefehler hat auch keine negativen Auswirkungen auf Alltagstauglichkeit oder Nachschärfbarkeit des Messers. Die Abweichung ist minimal – fast ein wenig pingelig, sie überhaupt zu erwähnen.

Wirklich überraschend ist, dass der Schleifer – oder war es gar eine Schleiferin? – den Schleifwinkel über die gesamte Länge der gebogenen Schneide konstant gehalten hat. Das erfordert nicht nur Erfahrung, es zeigt auch eine verbindliche Einstellung zum Produkt. 96 Punkte oder 4,8 Sterne stehen für Schärfe und Anschliff des Bestech Kasta auf dem Bewertungsbogen.

Optisch wirkt die Klinge durch ein Two-Tone-Finish. Im erhabenen Bereich nahe der Klingenwurzel ist der Stahl gebürstet, der flach geschliffene Teil besitzt ein dezent poliertes Stonewash-Finish. Auf der rechten Seite ist das Firmenlogo von Bestech Knives eingelasert, links findet sich das Logo des Designers und die Angabe der Stahlsorte. Die Lasergravuren sind filigran und sehr sauber ausgeführt und treten nicht so prominent in den Vordergrund, dass sie störend wirken.

Bestech Kasta: Technische Ausstattung

Für Titan-Framelock-Folder sind kugelgelagerte Klingen heute ebenso Standard wie ein Überdehnschutz für die Lock Bar und ein Stahleinsatz, der im verriegelten Zustand die Lock Bar gegen den Klingenrücken abstützt. Alle drei Features bringt des Bestech Kasta mit.

Bestech Kasta, lock and ball bearing
Die Klinge des Bestech Kasta läuft in einem halboffenen Kugellager

Wie bei fast allen Titan-Framelock-Foldern befindet sich an der Innenseite der Lock Bar eine Kugel, die im geschlossenen Zustand in eine Aussparung an der Klingenwurzel gleitet und die Klinge zwischen den Griffschalen hält. Dieser Detent oder Haltemechanismus hat große Auswirkungen auf die Flipper-Eigenschaften des Taschenmessers, da seine Haltekraft überwunden werden muss, um die Klinge anzuheben oder zu flippen.

Bestech hat eine – relativ große – Stahlkugel verbaut. Sie befindet sich auf dem auswechselbaren Stahleinsatz, der die Klinge im geöffneten Zustand arretiert. Mehr theoretisch als praktisch unterliegen Stahleinsatz und Detent-Ball durch Öffnen und Schließen des Messers allmählichem Verschleiß. Die Verschleißteile auswechselbar zu machen ist Stand der Technik, macht das Messer langlebiger und schützt so die Investition des Käufers.

Justage und Flipper-Eigenschaften

Die Haltekraft des Detent liegt im oberen Bereich. Auf einer Skala von null (niedrigster Wert) bis 10 (höchster Wert) würde ich den Detent des Bestech Kasta zwischen 7 und 8 einordnen. Je länger und schwerer eine Klinge ist, desto höher muss die Haltekraft des Detent sein. Andererseits darf die Haltekraft nicht so hoch sein, dass das Öffnen der Klinge zum Kraftakt wird.

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Bestech Knives hat beim Kasta auf Sicherheit gesetzt. Selbst mit Gewalt lässt sich die Klinge nicht aus dem Griff schütteln.

Beim Anheben mit dem Daumen muss man den knackigen Detent überwinden, was am besten gelingt, wenn man das Langloch in der Klinge so weit wie möglich von der Klingenwurzel entfernt greift. Optimal sind Geometrie und Kraftwinkel für das einhändige Öffnen nicht. In diesem Punkt zeigt das Bestech Kasta eine Verwandtschaft mit dem Umnumzaan von Chris Reeve Knives.

Leichter und wesentlich besser kann man die ersten Millimeter überwinden, indem man die Klinge mit Daumen und Mittelfinger anhebt.

Die Flipper-Eigenschaften werden hauptsächlich von der Justage des Detent, der Vorspannung der Lock Bar und dem Klingengang bestimmt. Die Klinge des Bestech Kasta läuft in ihren Kugellagern samtweich, der Detent erfordert einen knackigen Impuls, um die Klinge ins Lock wandern zu lassen. Das klappt ausgezeichnet, weil der Kicker so positioniert und gestaltet ist, dass die Fingerkraft gut übertragen wird. Das Öffnen als Flipper ist also kein Kraftakt: Mit einem klaren Impuls legt die Klinge des Bestech Kasta den Weg in die Verriegelungsposition schnell und zuverlässig zurück.

Das Entriegeln des Framelocks geht mühelos vonstatten, da der Daumen die Lock Bar gut erreichen kann. Die Justage des Bestech Kasta ist ausgewogen und der Größe der Klinge angemessen. Minimale Abzüge sind trotzdem unvermeidlich, da Bestech Knives keine Keramikkugel als Detent Ball verwendet und weil das Anheben der Klinge nur mit dem Daumen zu viel Kraft und etwas Übung erfordert.

Design, Ergonomie und Praxistauglichkeit

Der Mann hinter dem Design ist für Knife-Blog Leser längst kein Unbekannter mehr: Grabarski Grzegorz, der auch unter seinem Künstlernamen „Kombou“ bekannt ist. Im Review zum Bestech Eskra habe ich den polnischen Designer ausführlich vorgestellt.

Dass Grabarski Grzegorz ein Faible für stattliche Klingen mit hohem Blatt besitzt, zeigen viele seiner Entwürfe. Bereits beim Eskra wurde deutlich, dass er auch ungewöhnliche Lösungen beim Design der Griffe nicht scheut. Auf den ersten Blick wirkt der Griff des Bestech Kasta kantig. Der zweite Blick zeigt, dass die schroffen Winkel in Bereichen liegen, die keinen negativen Einfluss auf die Handlage des Messers haben.

Das bestätigt sich im Praxistest, das Bestech Kasta liegt gut in der Hand. Der kleine Knick auf dem Griffrücken drückt auch nicht in die Handfläche, denn er liegt auf Höhe des Daumengrundgelenks. Die Griffunterseite besitzt eine ausgeprägte Kontur und ist lang genug, allen vier den Griff umschließende Finger genügend Platz zur Verfügung zu stellen (Handschuhgröße 9,5). Auch im Reverse Grip macht das Taschenmesser namens Kasta eine gute Figur.

Der lange, gebogene und ausreichend breite Klingenrücken bietet dem Daumen jede Menge Platz, wobei der Daumen nicht unbedingt auf dem griffigen Jimping liegen muss. Je nach Verwendung des Messers kann der Daumen auf dem Klingenrücken weit nach vorn rutschen. Das Bestech Kasta bietet bei leichten Schneidearbeiten ebenso gute Kontrolle über die Schnittführung wie beim Einsatz mit viel Kraft.

Das Bestech Kasta im Alltag

Funktioniert das Design von Kombou in der Praxis? Die Antwort kann nur ein klares “Ja” sein. Dabei funktioniert der Flipper nicht nur einigermaßen, sondern in völlig unterschiedlichen Disziplinen richtig gut. Als Slicer beim Öffnen von Kartons, beim Vorbereiten von feinen Spänen zum Entzünden des abendlichen Lagerfeuers und bei allen anderen Alltagsaufgaben überzeugt das Bestech Kasta mit überdurchschnittlichen Allround-Eigenschaften.

Bestech Kasta, front, closed, M390 blade

Sogar beim Grillen oder in der Feldküche ist das Kasta gut zu gebrauchen, denn seine gebogene Schneide eignet sich zur Vorbereitung von Speisen besser als viele Taschenmesser mit Drop Point Klinge. Da nur immer ein kleiner Abschnitt der gebogenen Schneide aufliegt, fallen filigrane Schnitte leicht und die Klinge wirkt noch schärfer als sie ohnehin schon ist.

Fazit

Das Bestech Kasta mit den Griffschalen aus Titan und Carbon Inlays ist kein isoliertes Modell, sondern Teil einer ganzen “Kasta-Familie”. Neben unterschiedlichen Farbvarianten gibt es zwei Edelversionen mit Klingen aus schwedischem Damaststeel. Das optische und preisliche Topmodell ist zudem mit Timascus Inlays ausgestattet (SKU: BT1909F).

Messer aus China sind billig gemacht und werden ebenso billig verkauft.” Ein gängiges Vorurteil, von dem man sich spätesten heute verabschieden darf. Qualitativ liegt das Bestech Kasta auf höchstem Niveau, wobei sich unter anderem bei der Passgenauigkeit der Carbon-Inlays manch italienischer oder amerikanischer Traditionshersteller ein paar Scheiben abschneiden darf. Die Qualität der Verarbeitung wirkt sich nicht auf die praktischen Eigenschaften aus, erhöht die Freude an diesem Messer jedoch beträchtlich.

Nicht nur bei Design und Qualität hat Bestech Knives die Lücke zu den besseren US-Firmen geschlossen, inzwischen bewegen sich auch die Preise in deren Richtung. Für ein Bestech Kasta in der Testversion müssen 329,- Euro auf den Tisch. Das Topmodell mit Damastklinge und Timascus wird mehr als die doppelte Summe fällig. Alles andere als ein Pappenstiel, dennoch war die gesamte Auflage der Timascus Version praktisch über Nacht verkauft. Das Bestech Kasta bietet in der Standardversion guten Gegenwert fürs Geld und das Preis-Leistungs-Verhältnis passt, weil es viele qualitativ gleichwertige Messer mit schlechteren EDC-Eigenschaften zu deutlich höheren Preisen gibt.

Als EDC hat der Piratensäbel Bestech Kasta auf ganzer Linie überzeugt. Das Messer kann alles, erledigt filigrane Schnitte mit Bravour und schafft grobe Arbeiten mit lässiger Souveränität. Ein Arbeitstier, das namhaften und erheblich teureren Schneidwerkzeugen nonchalant den Schneid abkauft. Ergonomie und Handlage sind ausgezeichnet und der Malus beim Anheben der Klinge hat das Messer mehr als einen halben Stern gekostet. Eine Topbewertung hat das Messer dennoch erreicht und das Zeug zum Dauerbrenner hat das Bestech Kasta allemal.

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In einem Satz:
Ein hochwertiges Taschenmesser mit spektakulärer Klinge und hoher Alltagstauglichkeit, das man nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Klingenstahl
Anschliff
Design, Praxistauglichkeit, Sicherheit
Material- und Verarbeitungsqualität
Ergonomie und Justage
Preis-Leistungs-Verhältnis
4.7
Knife-Blog Wertung