Die Presseerklärungen zum Beschluss der 210. Innenministerkonferenz liegen vor, ergeben bisher aber nur ein unscharfes Bild. Das bisher Bekanntgewordene weist in zwei Richtungen: Die Einrichtung großflächiger Waffenverbotszonen als „Präventionsmaßnahme“ wurde beschlossen, bei den Änderungsanträgen zu Waffengesetz gibt es bisher keinen Hinweis, dass die von der SPD gewünschten zusätzlichen Verschärfungen berücksichtigt wurden.
Inhalt und Übersicht
Werbung
Kurz nach einer vagen Presseinformation der DPA veröffentlichte das hessische Innenministerium eine Presserklärung mit der Überschrift: „Ein Meilenstein im Kampf gegen Messerangriffe“. Die Presseerklärung war ausgesprochen dramatisch formuliert, enthielt bei genauem Hinsehen jedoch kaum Substanz.
Aus deiner der wenigen konkreten Formulierungen in dieser Presseerklärung ging hervor, dass Springmesser nicht den verbotenen Gegenständen zugeschlagen werden sollen. Stattdessen sei ein „striktes“ Führverbot geplant. Die Presseerklärung hat das hessische Innenministerium einige Zeit später gelöscht, offenbar als man sich bewusst wurde, dass man etwas verbiete wollte, was bereits verboten war.
Springmesser, die aufgrund geringer Klingenlänge nicht als verbotener Gegenstand gelten, fallen davon unabhängig unter das Führverbot für Einhandmesser mit Klingenverriegelung und Springmesser ohne Klingenverriegelung sind beim besten Willen technisch nicht realisierbar.
Man kann sich nur wundern und muss sich darüber sorgen, dass Gesetzesvorlagen oder Änderungen am Waffengesetz von Personen betrieben und letztlich auch in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden, deren Sachkenntnis erkennbar nicht über Laienwissen hinausreicht.
Mangelnde Sachkenntnis der Innenminister
Wer mit sachlichen und fundierten Ergebnisse der Innenministerkonferenz gerechnet hatte, wurde prompt enttäuscht. In der Erklärung aus Hessen heißt es zum Thema „Springmesser“:
Das Mitführen solcher Messer wird deshalb künftig strikt untersagt.
PE des hessischen Innenministerium, 14.6.2019
Was in Kreisen der Innenministerkonferenz offenbar niemand aufgefallen ist: Springmesser mit Klingenlängen unter 8,5 Zentimeter unterliegen bereits jetzt dem Führverbot, da sie einhändig zu öffnen und mit einer Klingenverriegelung ausgestattet sind. Die scheinbare Verschärfung mit der Begründung „Wir stärken damit die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürgern..“ ist also eine reine Luftnummer.
In der Presseerklärung führt das hessische Innenministerium aus, dass seit 2013 die Zahl der Messerangriffe in Hessen um gut 40 Prozent (von 865 auf 1212) gestiegen sind. In anderen Bundesländern dürfte es nicht viel anders aussehen. Hinter der aktuellen „Promotion“ großflächiger Waffenverbotszonen stehen auch die Informationen, dass man sechs Jahre lang nichts unternommen hat und dass bundesweite Untersuchungen zu Fallzahlen, Tätern und Tätergruppen noch immer nicht vorliegen.
Kein Beschluss der 210. Innenministerkonferenz zur Klingenlänge
Die Änderung des §42a WaffG hinsichtlich der Änderung der erlaubten Klingenlänge von 12 auf 6 Zentimeter findet sich weder bei der DPA-Information, noch in den Stellungnahmen der Innenministerien der Bundesländer. Dieser Änderungsantrag wurde also offenbar nicht beschlossen.
Das ist die eigentliche, gute Nachricht! Von der Gesetzesinitiative der SPD ist nichts übrig geblieben, die umfangreichen Verbotsvorschläge zu Bauformen und Klingenlängen wurden von der Innenministerkonferenz offenbar nicht beschlossen.
Beschluss der 210. Innenministerkonferenz: Keine Aussagen zu Veränderungen bei erlaubten Klingenlängen.
Rückfragen bei den Innenministerien von Bayern, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland wurden bisher entweder nicht beantwortet oder fielen ausweichend aus. Es stehen mehrere Antworten aus, die Knife-Blog nachliefern wird, wenn sie zusätzliche Informationen enthalten.
Werbung
Waffenverbotszonen über Änderung des Waffengesetzes
Detaillierte Informationen über die Einrichtung großflächiger Waffenverbotszonen gibt es von keiner Seite. Das betrifft sowohl die Voraussetzungen für eine Einrichtung, wie auch die geplante Ausgestaltung in der Praxis.
Das ist nicht verwunderlich, da keine konkreten Maßnahmen oder gar deren rechtliche Umsetzung beschlossen wurden. Die Innenminister der Länder haben bezüglich Waffenverbotszonen und Änderung des Waffenrechts eine Gesetzesinitiative durch das Bundesministerium des Inneren „angeregt“.
Das Bundesinnenministerium wird nun – zeitnah – eine Gesetzesinitiative erarbeiten. Diese muss anschließend vom Bundestag beschlossen werden. Vorher passiert erst einmal nichts.
Was in der Gesetzesinitiative von Bundesinnenminister Seehofer stehen wird, bleibt abzuwarten. Es ist also denkbar, dass die seitens der CDU/CSU zugesicherte Verhältnismäßigkeit und das Vermeiden der Kriminalisierung unbescholtener Bürger in die Gesetzesinitiative einfließt.
Eine Fraktion, zwei Minister = drei Meinungen?
Der Beschluss der 210. Innenministerkonferenz ist nur der Anstoß für eine Gesetzesinitiative des BMI.
(Bild: Pressefoto BMI)
Während der saarländische Innenminister Bouillon dafür eintritt, Einkaufszentren, Fußgängerzonen und sogar ganze Innenstädte zu Waffenverbotszonen zu erklären, ist bei der Schwesterpartei CSU die Begeisterung für diesen Plan eher begrenzt. Bayerns Innenminister Herrmann hat die Einrichtung von Waffenverbotszonen in Bayern bereits ausgeschlossen. Welche Position Parteikollege Seehofer einnehmen wird, ist derzeit noch völlig unklar.
Werbung
Links zur Verschärfung des Waffengesetzes
- Knife-Blog Thema: Waffenrecht in Deutschland
- Knife-Blog Thema: Waffenverbotszonen
- Bundesrat Mediathek: Der Antrag von Boris Pistorius
Chronologie zur Verschärfung des Waffengesetzes für Messer 2019
Alle Artikel, die sich mit der von Bund und Ländern geplanten Verschärfung des Waffengesetzes für Messer befassen, in chronologischer Reihenfolge.
13.12.2019 – Neues Waffengesetz für Messer verabschiedet
04.11.2019 – Zwischenstand Verschärfung Waffengesetz für Messer
27.06.2019 – Protest gegen Waffenverbotszonen
14.06.2019 – Beschluss der 210. Innenministerkonferenz
05.06.2019 – CDU will großflächige Waffenverbotszonen durchsetzen
04.06.2019 – Verschärfung des Waffengesetzes gescheitert – vorerst …
24.05.2019 – Der Protest geht weiter!
23.05.2019 – Unser Protest – Reaktionen der Parteien
18.05.2019 – Endspurt gegen die Waffengesetzänderung
14.05.2019 – Widerstand!
09.05.2019 – Bundesratsinitiative zur Verschärfung des Waffenrechts für Messer
19.04.2019 – Musterbrief gegen Verschärfung des Waffenrechts
17.04.2019 – Meinungsverbotszone Facebook
04.04.2019 – Neues Waffengesetz in Vorbereitung
19.01.2019 – Berliner Gericht kippt Waffenverbotszonen
16.03.2018 – Mit geballter Faust: SPD fordert Kriminalstatistik für Messer